Wenn gerade niemand hinschaut

Das Kunsthaus Dresden und das WYSPA Institute of Art geben einen Katalog zur Austellung "You won't feel a thing” heraus

Von Jan FischerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Fischer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Von vielen unbemerkt zog 2005/2006 das vom deutschen und polnischen Außenministerium organisierte deutsch-polnische Jahr vorüber, dessen zuständige PR-Menschen auf zahlreichen toten Internetseiten immer noch von den tollen Projekten schwärmen, die sie sich ausgedacht haben. Für jeden war etwas dabei, für Kinder über Nachwuchskünstler bis hin zu profimässig politikbegeisterten wie etwa Botschaftern, die sich aufgrund des guten Verhältnisses beider Länder wohlwollend auf die Schulter klopften.

Wovon in den virtuellen Überresten nichts nachhallt, ist die Austellung "You won't feel a thing", welche zwar im Rahmen des deutsch-polnischen Jahres organisiert und ausgestellt wurde, aber eigentlich gar nichts zum Verhältnis beider Länder zu sagen hatte. Oder vielleicht doch. Kuratiert wurde die Austellung von Aneta Szylak, einer international bekannten und erfolgreichen Kuratorin, die in Danzig in Hafennähe das WSYPA Insitute of Art gegründet hat. Dort und im Kunsthaus Dresden fand die Austellung statt, die zwar auch deutsche und polnische Künstler zeigte, hauptsächlich aber solche aus allen möglichen anderen europäischen Ländern und einen aus den USA.

Die Austellung hütete sich davor, typische deutsche oder polnische Folklorekunst zu zeigen, sondern gab vor, viel allgemeingültiger tief in die menschliche Seele vorzudringen.

Im Vorwort des Kataloges redet Aneta Szylak von der Alibifunktion politischen Engagements, von der Grenze, an der es nicht mehr möglich ist, die Seele mit Konsum, Engagement oder beruflichem Erfolg zu befrieden. Die Austellung fragt, was danach kommt. Man kann das als Kommentar zur Nutzlosigkeit von symbolischen Aktionen wie dem deutsch-polnischen Jahr auffassen, davon aber steht in dem Katalog nichts.

Egal, von welcher Seite man denkt, "You won't feel a thing" kommt stets bei Bruchstellen der menschlichen Psyche an. Es geht in den einzelnen Werken immer wieder darum, was hinter den verschlossenen Türen passiert, welchen Psychosen, Neurosen und Ängsten wir alle nachhängen, wenn gerade niemand hinschaut und darum, wie diese wieder betäuben.

Viele der Werke waren Videoinstallationen, arbeiten mit den Räumen, in denen sie ausgestellt sind, oder es handelt sich um die allseits beliebte Mitmach-Kunst. Man kann sich darüber streiten, wie sinnvoll es ist, dazu einen Katalog herauszugeben, der zum Beispiel zwei Standbilder eines Videos zeigt. Dass ein Katalog nicht die Austellung ersetzt, dürfte klar sein. Nicht so klar ist der Sinn dieses Buches. Jede Austellung braucht ihren Katalog, und es ist nun mal gängige Praxis, Standbilder aus Videos zu zeigen, die relativ nichtssagend sind, wenn man nicht dabei war. Das macht nichts, wenn man den Katalog in der Austellung selbst kaufen kann. Wenn er allerdings als eigenes Buch bestehen soll, dann braucht er ein wenig mehr. Nicht, dass es keine schönen Momente gäbe. Werke, die eben nicht multimedial sind, sehen auch im Buch gut aus.

Jedenfalls bleibt der Katalog, trotz seiner Lichtblicke, weit hinter der Konzeption der Austellung selbst zurück.


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Dresden Kunsthaus: You won´t feel a thing.
Verbrecher Verlag, Berlin 2007.
80 Seiten, 18,00 EUR.
ISBN-13: 9783935843881

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