"Die Kleinen müssen zusammenhalten."

Ein Buch stellt "33 außergewöhnliche Buchhandlungen in München" vor

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Viele Buchhandlungen gibt es in München. Ist ja auch kein Wunder. Jeder Stadtteil hat seine eigenen, die manchmal auch ein Kommunikationsplatz sind. Dann gibt es ein paar Spezialbuchhandlungen, die eine oder andere Randgruppe möchte schließlich auch ihren ganz besonderen Lesestoff finden und Buchhändler, die sich damit auskennen. In einem Projekt hat jetzt der Aufbaustudiengang Buchwissenschaft des Semesters 2006 / 2007 an der Ludwig-Maximilian-Universität in München "33 außergewöhnliche Buchhandlungen in München" ausgesucht und stellt sie in einem opulent bebilderten Buch vor. Da sind durchaus Entdeckungen dabei.

Dass es in München eine Krimibuchhandlung gibt, sollte eigentlich nicht überraschen. Krimi boomt, in einigen Großstädten gibt es schon darauf spezialisierte Buchhandlungen. Das Münchener "glatteis" gibt es seit 2001 im Stadtteil Glockenbach. Es wird von Monika Dobler und Gabriele Fauser geführt: "Du bist Buchhändlerin und ich kenn mich richtig gut aus mit Krimis", sagte Fauser eines Tages zu ihrer Freundin. Beide wurden älter und wollten noch einmal etwas anderes machen in ihrem Leben. Neben Krimis, von denen nur 20 Prozent deutsche sind, haben sie auf einem Stuhl auch "Nicht-Krimis" ausgelegt: Bestseller, Lieblingsbücher der Buchhändlerinnen und "Bücher, die bestellt aber nie abgeholt wurden." Außerdem haben sie alle Bücher des kleinen Verlags Blumenbar, der in der Nähe residiert: "Die Kleinen müssen zusammenhalten."

Das Bild-Text-Buch stellt "soda" vor, eine Buchhandlung mit auserlesenen Mode-, Grafik-, Design-, Kunst- und Architekturzeitschriften beziehungsweise -büchern, den Comicladen "Comic Company", den Esoterikbuchladen "Midheaven", dessen Inhaberin eine Anhängerin von Osho ist - und "Sinn und Sinnlichkeit", der nicht die Bücher von Jane Austen führt, sondern alles, was mit Erotik im weitesten Sinn zu tun hat. Eine Schwulenbuchhandlung, eine italienische, eine jüdische, eine religiöse, eine englische, eine spanische, eine literarische: Es ist alles dabei, was man sich nur denken kann. So außergewöhnlich ist einiges davon natürlich bei weitem nicht. Überall gibt es Schwulen-, linke oder literarische Buchhandlungen.

Aber immerhin ist es ganz schön für den Münchner, mal so ein Kompendium zu haben, das ihn vielleicht auch anregt, einmal andere Buchhandlungen zu besuchen als nur die großen in der Innenstadt. Ein Blick in die gelben Seiten hätte es natürlich auch getan, oder sich einfach mal umzuhören.

Leider sind die Texte oft ein wenig einfallslos. Aber das liegt ein wenig in der Natur der Sache. Wie soll man 33 Buchhandlungen vorstellen, mit jeweils etwa drei Seiten Platz, auf denen immer wieder dieselben Informationen versammelt werden müssen: Atmosphäre, Sortiment, Anfang und Motivation der Besitzer, dazu ein, zwei Anekdötchen. Auch die Fotos des Bands sind oft ein wenig eintönig, immer wieder auf die Regale oder Auslagentische draufgehalten. Manchmal wird auf den Fotos aber auch ein wenig von der speziellen Atmosphäre der Buchhandlung vermittelt. Doch auch die ins Buch eingestreuten kurzen literarischen Texte der Textwerkstatt "Manuskriptum" wirken ein wenig gestelzt und unbeholfen - Anfängertexte, auf die man gut hätte verzichten können.

Die schönste Entdeckung steht dafür am Schluss: die "Bücherkiste" im Hasenbergl, die von der Diakonie eingerichtet wurde. Hier kann man kommen, plaudern und, wenn man ein Buch mitbringt, ein anderes mitnehmen, denn dieser Laden ist wirklich ungewöhnlich. Er ist eine "Tauschbuchhandlung" und gleichzeitig ein Anlaufpunkt für die Bewohner des sozial benachteiligten Hasenbergl-Viertels. Viele kommen und spenden ihre Bücher einfach (das kann man in vielen Städten machen, überall gibt es inzwischen Kaufläden von der Diakonie oder anderen Hilfsorganisationen, die gut erhaltene Bücher gerne nimmt, um sie zu verkaufen), andere tauschen, manche finden sogar lang Gesuchtes. Und: "'die Menschen sollen sich bei uns wohlfühlen', sagen die Mitarbeiterinnen."


Titelbild

Seitenwege. 33 außergewöhnliche Buchhandlungen in München.
München Verlag, München 2007.
190 Seiten, 14,80 EUR.
ISBN-13: 9783937090238

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