Nur wenige Bilder drängen aus diesem Dunkel

Ein Hörstück zum visuellen Schreiben Samuel Becketts

Von Alexander MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alexander Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das "visuelle Schreiben" Samuel Becketts soll in dem Hörstück "...the whole thing's coming out of the dark" dokumentiert werden. So wurden als Textgrundlage die sogenannten "eye pieces" und einige der Beobachtungs- und Bewegungsskizzen gewählt, die der Autor in unterschiedlichen Schaffensphasen seines Lebens verfasst hat. Die Schwerpunkte dabei bilden "Molloy" (1951), der erste Teil seiner berühmten Romantrilogie, der weniger bekannte Text "The Image" (1959) und "Company" (1980),das später wieder eine Trilogie mit "Mal vu mal dit" (1981) und "Worstward ho" (1983) bilden sollte. Gelesen werden die Textauszüge von der Schauspielerin Natasha Parry, ihrem Kollegen Barry McGovern sowie dem Autor und Beckett-Kenner Raymond Federman. Für die Musik zeichnet Klaus Buhlert verantwortlich; instrumentiert wird sie von Uwe Dierksen. Dessen Einsatz von Posaune, Kontrabasstuba und Trompete richtet sich nach einer der "sucking-stones"-Sequenz aus "Molloy" abgeleiteten Spielweise. Molloy, der bewegungsunfähig im Bett seiner Mutter von der Suche nach ihr berichtet, erinnert sich daran, wie er sich mit einem steifen Bein nach dem Verlust seines Fahrrades über weite Distanzen dahinschleppte, bis er für längere Zeit am Meer rastete.Hier erkundete er die Mathematik des Steinelutschens bzw. erfand drei Varianten zum korrekten Lutschen von 16 Kieselsteinen, verteilt auf zwei Mantel- bzw. Hosentaschen, und musste dabei feststellen, dass auch sein anderes Bein steif zu werden begann, seine Reise folglich bald zu ihrem Ende gelangen würde. Die Verteilung der Steine wird im Hörstück auf Noten übertragen: "rule nomber one [...] you may shuffle all notes in all pockets, take note three from pocket one, put it into mouth and suck it, play it".

Das ambitionierte Stück erscheint in der Reihe der "intermedium records". Fielen bei der "Intermedium 1" in Berlin Ende letzten Jahres die zwischen Hörspiel, Klanginstallation und Bühneninszenierung changierenden Stücke meist durch angestrengte Einfallslosigkeit auf, die vor allem in der oft überflüssigen Intermedialität gründete, so scheint bei "the whole thing's coming out of the dark" bereits der Ansatz zu missraten. Als Teil einer audio-visuellen Performance, weiß sie ohne die sichtbare Performance nur geringes Interesse auf sich zu ziehen. Die musikalische Komposition erscheint spärlich und prätentiös, nur die vorgetragenen Texte erfordern die Aufmerksamkeit des Hörers. Doch auch die Texte erscheinen nach längerem Hören disparat, so eindrucksvoll sie allein sein mögen; eine Dokumentation des visuellen Schreibens will sich dem Hörer nicht erschließen. Die Freude, die Beckett offenbar daran hatte, seine die Imagination anregende Prosa selbst mit Bildern zu erweitern, hätte man den Machern des besprochenen Hörstücks bei der Musikalisierung und Inszenierung der ausgewählten Texte auch gewünscht.

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Samuel Beckett: the whole thing´s coming out of the dark. CD.
king.ink promotion, rattingen 2000.

ISBN-10: 3934847005

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