Abgrundtief böse

Zu Robert B. Parkers Roman "Der gute Terrorist"

Von Walter DelabarRSS-Newsfeed neuer Artikel von Walter Delabar

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dieser Roman ist etwas für den Sonntagmorgen. Zu früh wach geworden, weil noch nicht wirklich entspannt, und deshalb auch zu wach, um wieder einzudösen. Da kommt eine solche Miniatur wie die von Robert B. Parker gerade recht. Ein einfacher Fall, der Bösewicht, den seine Anhänger für den Guten halten, ist von vorneherein identifiziert, Spensers Ermittlungen müssen jetzt nur noch zu der Erkenntnis führen, wie abgrundtief böse dieser Herr Perry Alderson wirklich ist.

Eines Tages kommt ein FBI-Agent zu Spenser ins Büro und bittet ihn, seine Frau zu observieren - das Übliche: Er verdächtigt sie, dass sie ein Verhältnis hat. Nichts leichter als das. In der Tat, die Dame schläft mit einem Herrn, der gleichfalls an ihrem College Vorlesungen hält, und zwar gegen das verruchte System, gegen das ihm jeder Widerstand recht ist. Ob dieser Kollege das aufzieht, weil er wirklich an die Wiederkehr des Reichs des Weißen glaubt - denn die rechtradikale Note des Ganzen ist offensichtlich, auch wenn sich Alderson einer Vergangenheit in den 1968ern rühmt - oder ob das für ihn eine Masche ist, um möglichst viele Frauen aufzureißen (was ihm in der Tat gelingt), bleibt offen.

Jedenfalls sind am Ende des Falles Auftraggeber und Gattin tot, und wenn nicht zufällig einer von Spensers Assistenten den Mord an der Frau miterlebt hätte, würde wohl jeder von einem Mord des Gatten und anschließendem Selbstmord ausgehen. Dem ist aber nicht so. Das Ehedrama wird stattdessen ins Allgemeine gewendet, die Morde werden politisiert und - soweit es Spenser angeht - erhalten sie eine persönliche Note.

Politischen Tiefgang bekommt das Ganze, als Spenser herausbekommt, dass Alderson von einer ominösen Vereinigung dafür bezahlt wird, Informationen aus dem staatlichen Apparat, vor allem in Sachen Terrorismusbekämpfung, zu beschaffen. Diese Vereinigung verdient nämlich ihr Geld damit, den Terroristen mit seiner Terroristin respektive mit seinen Waffen zusammenzubringen. Und in diesem Geschäft sind nun einmal Informationen ein und alles. Aldersons Rolle ist entsprechend von Bedeutung, umso wichtiger ist jedoch auch, dass er seine Hinterleute nicht diskreditiert oder möglicherweise sogar die Ermittler zu ihnen führt.

Alderson hat außerdem seinen eigenen Laden, den er mit ehemaligen Drogensüchtigen und Trebern bestückt, die er höchstselbst aus der Gosse holt und zu strengen Gläubigen macht.

Dass der Gute eben gar nicht gut ist, wird nicht nur dadurch bewiesen, dass er seine Jünger zu diversen Attentaten losschickt, sondern auch dadurch, dass es Spenser mit ein wenig Nachfragen gelingt, seine wahre Identität herauszufinden (was dem FBI bislang misslungen war) und ihn zugleich mit zwei Morden in Verbindung zu bringen. Aha - und eingebuchtet ist der angeblich so ,gute' Terrorist. Recht geschieht ihm.

Ein wenig gewürzt wird das Ganze damit, dass Spenser - aus welchem Grund auch immer - gerade in diesem Alderson einen Widersacher seines früheren Nebenbuhlers sieht, für den ihn seine Susan dereinst zeitweilig verlassen hatte. Mit Alderson räumt Spenser nun auch seine eigene Geschichte auf. Indem er Susan, die turnusmäßig bedroht wird, erst mit Mord, dann mit Charme, vor Alderson beschützt, kann er seine Scharte auswetzen. So einfach ist das Spiel mit den symbolischen Auszeichnungen. Wenn ich Dich nicht kriege, dann einen anderen, den ich vorher als dein Alter ego erklärt habe. Männer funktionieren manchmal so einfach.

Aber, wir erinnern uns, am Sonntagmorgen, da sind solche Spielchen erlaubt, zumal dann, wenn Spenser wieder einmal als Superheld mit seinen Freunden von der Superheldenliga auftritt. Diese Herren dürfen dann auch alles, was man im wirklichen Leben besser sein lässt: Leute erschießen, Bösewichter bestrafen, selbst davon kommen. Das ist auf Dauer natürlich ein wenig eintönig, aber es geht - wie denn auch der amerikanische Titel sagt - eigentlich nicht um den Fall und seine Lösung, sondern um die libidinöse Vergangenheitsbewältigung Spensers.

Dass er das selbst auch sieht und einigermaßen ironisch kommentiert - wie überhaupt der Text voller witziger Dialoge steckt (wenn man so einen Macho-Kram gut findet) -, macht das Ganze erträglich, wenn nicht zur idealen literarischen Zwischenmahlzeit respektive Vorspeise zum Sonntagsfrühstück.


Titelbild

Robert B. Parker: Der gute Terrorist. Ein Auftrag für Spenser. Roman.
Pendragon Verlag, Bielefeld 2008.
204 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783865321039

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