Kulturelle Vielfalt
Yadé Kara gelingt es in seinem Roman "Cafe Cyprus", ein Tor in die Welt Londons aufzustoßen
Von Manuela Lück
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseHasan, von seinen Freunden Hansi genannt, ist ein Berliner Türke. Er hat die Veränderungen in West-Berlin seit dem Mauerfall erlebt. Der Fall der Mauer hat zwar eine geteilte Stadt vereint, aber seine Eltern entzweit. Hasan will nach all den Turbulenzen weg aus Berlin und geht nach London. Yadé Karas viel gelobtes Debüt "Selam Berlin" ließ uns den Mauerfall aus dieser Perspektive erleben, zieht uns hinein in die Welt eines jungen Mannes, der seine Identität, seinen Weg sucht und selbstverständlich Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen schlägt.
Hasans Start in London ist schwierig, denn London ist teuer. So schlägt er sich zunächst mit einem Job in einer Kebab-Bude bei Freund Kazim durch, um dann auch in Ali Bey's Feinkostladen zu arbeiten. Das Café Cyprus gehört zum Laden und ist ein Rückzugsort alter zypriotischer Emigranten geworden, die vor Jahrzehnten nach London kamen, ihr Glück suchten und darüber alt geworden sind. Hasan macht hier schnell Bekanntschaft mit den verschiedenen Fraktionen dieser Gesellschaft und ihrem noch immer, meist verbal, ausgetragenen Konflikt um die Insel. Nach und nach lernt er ihre Schicksale, ihr Scheitern, ihre Sehnsüchte kennen, ergreift aber für niemanden Partei - weder für die Griechen, noch für die Türken.
Hasan begreift schnell, dass er mehr will als diese gelebten Leben zu beobachten, seine Zukunft ist noch offen und er arbeitet daher noch auf dem Flohmarkt bei Khan, der immer mal durchdreht, besucht eine Sprachschule und lernt Hannah, eine Modedesignstudentin, kennen und verliebt sich in sie. Doch die Liebe zerbricht schnell an den unterschiedlichen Vorstellungen und Wünschen. Hasan debattiert mit der Berlinerin Betty über die Englishness, die sie erst nach und nach verstehen, vergleicht seine Erfahrungen mit denen aus Deutschland und erkundet die Stadt zumeist mit der U-Bahn.
Yadé Kara entführt den Leser in ein multikulturelles London. Denn Hasan lernt eine Menge Menschen kennen, aber kaum Engländer. Die, die er trifft, zwei Studenten, haben sich schon zu sehr in ihren Vorurteilen verbissen, als dass sie offen wären für kulturell Neues. Hasan beschließt sich davon nicht entmutigen zu lassen und es mit Gelassenheit zu nehmen. Er sucht sich das Beste aus allen drei Welten, Berlin, Istanbul und London heraus. Das macht seine Stärke und Zuversicht aus: Dass er sich seiner Identität bewusst und keineswegs orientierungslos ist, sondern allen Kulturen und Menschen mit Offenheit begegnet. Die Romanfigur Hasan ist fasziniert von der kulturellen Vielfalt Londons, deren Teil er nun ist und in der sich die verschiedenen Emigranten ohne Vorbehalte wegen ihrer Herkunft begegnen, sich austauschen und zwischen ihren Welten "wandern".
Das ist es, was die Faszination und Vielfalt in dieser Weltmetropole ausmacht, wo alle eine Heimat finden können: London hat für Hasan einen anderen, einen schnelleren und härteren Rhythmus, ist bunter, farbenprächtiger und so voller neuer Eindrücke und Gerüche, dass er trotz aller finanziellen Schwierigkeiten zu bleiben beschließt. "Cafe Cyprus" ist ein Roman, den man kaum aus den Händen legt, weil man als Leser hineingesogen wird in dieses multikulturelles London. Yadé Kara ist es gelungen, eine Tür zu einer neuen Welt aufzustoßen.
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