Willensfreiheit und Selbstbestimmung

Inka Graeve Ingelmann gibt einen Ausstellungskatalog zu Foto- und Videokunst von Frauen heraus

Von Rolf LöchelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf Löchel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Am 26. Oktober 2008 schloss die Münchner Pinakothek ihre Ausstellung "female trouble - Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher Inszenierungen". Wer versäumt hat, sie zu besuchen, hat allen Grund dies zu bedauern und sollte nun wenigstens zum Ausstellungskatalog greifen, denn dieser ist nach wie vor zu haben. Auf 240 Seiten enthält er 202 oft farbige Abbildungen aus einem Zeitraum von 150 Jahren sowie zwanzig Texte, in denen namhafte Wissenschaftlerinnen und Kuratorinnen ebenso namhafte Foto- und Videokünstlerinnen der Gegenwart oder auch heute weithin vergessene Foto-Künstlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts vorstellen.

Die Textbeiträge bieten erhellende Hintergrundinformationen und Interpretationen. Einigen, wie denjenigen Elisabeth Bronfens oder Barbara Vinkens, gelingt es gar, einem die Werke nicht nur näher zu bringen, sondern allererst ein Verständnis für sie zu wecken. Besonders ausführlich wird Cindy Shermanns Werk dokumentiert und gewürdigt. Sehr zu recht natürlich. Besonders knapp hingegen das von Pipilotti Rist. Ebenso sehr zu unrecht.

Wie die Herausgeberin Inka Graeve Ingelmann darlegt, boten sich für Frauen in der Fotografie und Videokunst anders als in der seit Jahrhunderten männlich dominierten Malerei "von Beginn an Chancen, in die Freiheit neuer Möglichkeiten des Sehens und Reflektierens einzutauchen." Das hängt damit zusammen, dass beide zunächst weder als "künstlerische Ausdrucksformen" anerkannt waren, noch an Akademien gelehrt wurden, mithin ein geringes Ansehen genossen und - wen wundert's - somit von den Herren der Kunst gerne den Frauen überlassen wurden. Künstlerinnen, die sich Foto- und Videokunst zuwandten, nutzten diese jedoch, um "eigene und gegenüber den stereotypen Vorstellungen männlicher Kollegen dezidiert andersartige Bildentwürfe zu entwickeln". Dies und somit die "Willensfreiheit und Selbstbestimmung der Frau in Fotografie und Videokunst" dokumentiert der vorliegende Band auf beeindruckende Weise.


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Inka Graeve Ingelmann (Hg.): Female Trouble. Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher Inszenierungen.
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2008.
240 Seiten, 35,00 EUR.
ISBN-13: 9783775722032

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