Diffuse Mixturen

Konkrete Fragestellungen sind Mangelware: Drei Sammelbände widmen sich den Erscheinungsformen des Krieges in Geschichte und Gegenwart

Von Jan SüselbeckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Süselbeck

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

War das wirklich schon immer so? Oder ist es doch etwas Neues, dass permanent so viele interdisziplinäre Sammelbände zum Thema „Krieg“ erscheinen? Manchmal hat man fast schon den Eindruck, diese Publikationen würden so schnell auf den Markt geworfen, dass den Herausgebern nicht einmal mehr Zeit bliebe, sich einen passenden Titel auszudenken.

So hat man etwa den von Conrad Arendes und Jörg Peltzer im Universitätsverlag Winter herausgegebenen Band, der laut Untertitel vergleichende „Perspektiven aus Kunst, Musik und Geschichte“ bietet, ebenso schlicht wie einfallslos mit dem Wort „Krieg“ überschrieben. Im Vorwort der Herausgeber von der Heidelberger Universität heißt es dazu: „Das Thema eröffnete allen Disziplinen und beteiligten Wissenschaftlern/innen die Möglichkeit, ihre jeweiligen Methoden und Stärken in der Erarbeitung eines gemeinsamen Zieles zu demonstrieren. Es wurde deshalb auch bewusst darauf verzichtet, eine spezifischere, einzelne Disziplinen in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eventuell einschränkende, Fragestellung festzulegen. Der Band und seine Beiträge sollen nicht synthetisieren, sondern wollen einem breiteren Publikum verschiedene kulturwissenschaftliche Ansätze und Gedanken zur wissenschaftlichen Analyse des Themas ‚Krieg‘ liefern.“

Diese Argumentation leuchtet nicht ein. Wieso sollte es denn nicht möglich sein, interdisziplinär zu einem klarer umrissenen Thema zu arbeiten, um dem möglichen Vorwurf der Beliebigkeit zu entgehen? Auch ob die – aus der mangelnden Begrenzung des Untersuchungsfelds geradezu zwangsläufig resultierende – Diffusität des Unternehmens wirklich dazu führt, dass dadurch „ein breiteres Publikum“ angesprochen wird, erscheint zweifelhaft. So geht es in dem Band unter anderem um so weit gestreute Themen wie „Kriegerische Spielkultur im Mittelalter“ (Andrea Briechle/Uli Steiger), die „Eroberung Jerusalems 1099“ (Annette Seitz/Hendrik Schulze), „Musikalische Schlachtengemälde“ (Joachim Steinheuer) und ganz am Ende sogar noch um „Krieg und Kunst in China“ (Clarissa von Spee) – wo allerdings in dem Fall kein Sack Reis umkippt, sondern immerhin die Atombombe eine zentrale Rolle spielt.

Auch der von der „jour fixe initiative berlin“ herausgegebene Band trägt den eindimensionalen Titel „Krieg“. In diesem Fall gibt es noch nicht einmal einen erläuternden Untertitel, obwohl hier der Fall viel klarer liegt und sich alle in diesem Buch versammelten Beiträge in ihren Analysen den verschiedenen Formen des „neuen Krieges“ im 21. Jahrhundert zuwenden. Die mangelnde thematische Einordnung des Bands im Titel ist hier also doppelt misslich – nicht zuletzt deshalb, weil die Publikation luzide formulierte Beiträge von guten Autorinnen und Autoren enthält.

Während der Band der Heidelberger Gelehrten schon im Vorwort auf die eher altbacken anmutende Kriegsdefinitionen der Anthropologin Margaret Mead aus dem Jahr 1968 rekurriert, die nach Auschwitz tatsächlich noch annimmt, es gebe im Krieg eine „Übereinstimmung zwischen den beteiligten Gruppen, daß es sich um einen legitimen Kampf um Leben und Tod handelt“ – oder, wie im Fall des Beitrags von Golo Maurer, weitschweifige „Gedanken über das Verhältnis von Kunst und Gewalt“ präsentiert und sich dabei allen Ernstes beziehungsweise ohne nennenswerte Kritik auf windige ‚Gewaltästheten‘ wie Peter Sloterdijk und Karl Heinz Bohrer bezieht – bietet der „jour-fixe“­-Band immerhin klare ideologiekritische Thesen, deren Diskussion tatsächlich durch ein „breiteres Publikum“ wünschenswert wäre.

Gabriela Mischkowskis knappe und klare Erörterung zum Thema „Sexualisierte Gewalt im Krieg“ etwa berührt in diesem Buch Tabus, die bis heute in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden – und ausgewiesene Autoren wie Hans-­Joachim Lenger, Raul Zelik oder auch Jens Warburg, die sich seit Jahren mit ihren Spezialthemen auseinandersetzen und einschlägige Publikationen vorweisen können, haben tatsächlich etwas zu sagen, wie auch immer man zu ihren Schlussfolgerungen im Einzelnen stehen mag. Dass das Buch jedoch, in dem ihre Beiträge erschienen sind, fortan beim Bibliografieren oder auch bei Recherchen im Verzeichnis lieferbarer Bücher unter einem Stichwort erscheint, das überhaupt nicht verrät, worum es in dem Band konkret geht, ist zu bedauern: Das Wort „Krieg“ ist hier ungefähr ebenso aussagekräftig wie es in anderem Zusammenhang Buchtitel wie „Die Welt“, „Das Sonnensystem“ oder am besten gleich „Das Universum“ wären. Gerade auch, weil im Moment so viele Publikationen erscheinen, die sich mit dem Thema „Krieg“ im weitesten Sinne beschäftigen, hätte sich hier eine genauere herausgeberische und verlegerische Reflexion über mögliche Alternativ-Benennungen des Projekts gelohnt, um seine tatsächlich vorhandenen „Alleinstellungsmerkmale“, wie man neuerdings sagt, gebührend hervorzuheben.

Derweil erscheint im Kieler Verlag Ludwig sein geraumer Zeit gleich eine ganze Serie von Bänden, die in ihrer thematischen Auswahl der Beiträge abermals sehr breit angelegt sind. Der mittlerweile dritte Teil dieses Projekts zu „Zeichen des Krieges in Literatur, Film und den Medien“ widmet sich dem Thema „Terror“. Vor allem unter den Stichworten „Begriffs­- und Ideengeschichte“ sowie „War on Terror“ werden hier drängende Probleme behandelt, die, ähnlich wie im „jour-fixe“-­Band, aktueller kaum sein könnten. So beleuchten hier etwa die Beiträger Mario Harz, Christer Petersen und Josef Bordat die gar nicht zu überschätzende Wirkungsmacht von Begriffsbestimmungen wie „Terrorismus“ versus „Freiheitskampf“ sowie die Frage, ob oder wann „Antiterror­-Maßnahmen“ überhaupt als „gerechter Krieg“, als bellum iustum, auffassbar seien.

Harz und Petersen räumen einerseits ein, dass die Attentäter des 11. Septembers 2001 klar als „Terroristen“ zu definieren seien, kritisieren aber andererseits die irreführende Propaganda der US­-Regierung George W. Bushs, bei deren Angriffen auf Afghanistan und den Irak habe es sich um „Befreiungskriege“ gehandelt. Die Berechtigung der plakativen militärischen Operationsbenennungen „Enduring Freedom“ und „Iraqi Freedom“ weisen die Autoren zurück. Sie fordern dagegen genauere Begriffsysteme, um die Basis, aufgrund derer solche Kriege geführt werden, künftig genauer zu hinterfragen: „Das hieße nicht zuletzt auch, sich politisch und massenmedial so weit zu disziplinieren, dass man sich mit den Gegebenheiten in einem Land, das man zu befreien glaubt, im Vorfeld eingehend auseinandersetzt – um nicht, wie es inzwischen im Irak der Fall scheint [sic!], nach einem fünfjährigen Militäreinsatz vor dem Scherbenhaufen des Bürgerkrieges einer kaum mehr überschaubaren Anzahl konkurrierender ethnischer und politischer Interessengruppen zu stehen.“

Hier werden äußerst komplexe Probleme berührt, denen man sich mittlerweile, auch wenn das von der hierzulande amtierenden großen Koalition kaum zugegeben wird, auch in Deutschland zu stellen hat: Deutsche Truppen werden in Afghanistan zunehmend in Kampfhandlungen verwickelt und stehen, um es einmal polemisch zu formulieren, längst nicht mehr nur ‚Schmiere‘ beim Drogenanbau irgendwelcher nordafghanischer Warlords. Was, muss man sich daher jetzt um so dringender fragen, will die Bundeswehr in diesem fernen Land eigentlich genau erreichen? Was kann sie bewirken? Andererseits: Was würde ein Truppenabzug für Afghanistan und die restliche Welt konkret bedeuten?

Deutlich urteilt hier bereits das Vorwort des Bands der „jour fix initiative berlin“: „Seit dem Kosovokrieg 1999 sind Kriegseinsätze wieder eine Realität deutscher Außenpolitik. Als Legitimation dient die Konstruktion eines vielgesichtigen ‚Bösen‘, das weltweit die Zivilisation bedroht. So versteht man sich als Kämpfer gegen die Barbarei und als Heilsbringer von Zivilisation, Demokratie und Forschritt. Das von Verteidigungsminister Franz Josef Jung initiierte, zentrale ‚Ehrenmal‘ für die getöteten Soldaten der Bundeswehr ist ein Symbol dieser Normalisierung deutscher Militärgewalt: Es soll in Deutschland wieder ehrenvoll sein, in den Krieg zu ziehen und zu sterben.“

Einen verblüffenden Beitrag zu den Fragen nach der Berechtigung solcher Kriegseinsätze, die aus propagandistischem Kalkül heraus meist gar nicht mehr so genannt werden, leistet in dem Band zu den „Zeichen des Krieges“ der Philosophie­ und Rechtshistoriker Josef Bordat. Greift er doch auf die spanischen Kolonialdebatten um die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit von Gräueltaten gegenüber den Indios während der Conquista zurück, vor allem aber auf deren scharfe und pointierte Kritik durch Bartolomé de Las Casas (1484­-1566) und, radikaler noch, Francisco Suárez (1548-1617).

So selbstverständlich uns heute die Conquista als, etwa im Falle der Eroberung Kubas, schweres genozidales Verbrechen erscheint, so überraschend sind die argumentativen Parallelen der damaligen Kontroversen, die Bordat zur der Frage nach der Begründung heutiger militärischer Interventionen zieht. Spanien habe seinerzeit über eine ähnliche Vormachtstellung in der Welt verfügt wie heute die USA: „Es ist dabei nicht zu leugnen, dass damals wie heute der Schutzgedanke durch falsche Missionierungs­ bzw. Demokratisierungsvorstellungen korrumpiert wurde und wird und dass es damals wie heute auch darum geht [sic!], eine Vormachtstellung nicht zuletzt militärisch zu untermauern. […] Wie die Conquista begonnen wurde, um Leid zu beenden, so endete sie als Völkermord; wie der Anti-­Terror-­Krieg begonnen wurde, um Freiheit und Frieden zu sichern, so droht durch ihn eine fortschreitende Destabilisierung in den Interventionsregionen.“

Bordats Lösungsvorschlag in diesem Dilemma ist die Stärkung der Rolle der UNO, die fortan allein über die „Rechtmäßigkeit“ von Kriegen entscheiden solle, und dies auch nur dann, wenn solche Kriege „das äußerste Mittel, also die ultima ratio (last resort)“ darstellten. Dass im Fall einer solchen Regelung allerdings erst noch eine ganze Reihe neuer Fragen zu klären sein dürften, deutet Bordat nur in einer kurzen Fußnote mit dem etwas ungeschickt formulierten Wortlaut an: „Wobei sich hier ein neues Problemfeld aufzeigt, das die konkreten politischen und militärischen Schwierigkeiten zu erkennen gibt – etwa hinsichtlich der Konstitution der UNO und ihrer Gremien, der Durchführung der Einsätze ohne eigene Streitkräfte etc.“

Man darf diesen bescheidenen Hinweis ruhig um weitere Fragen ergänzen: Was passierte etwa, wenn die Gremien der UNO plötzlich durch fundamentalistische Staaten dominiert würden, die es für richtig hielten, ein Land wie Israel für die bloße Wahrnehmung seines Existenzrechts und seiner Berechtigung zur Selbstverteidigung gegen eliminatorische Angriffe seiner islamistischen Nachbarn auf seine Zivilbevölkerung zu attackieren, während diese Entscheider gleichzeitig den eigenen Rassismus, ihren offenen Antisemitismus und die eigenen eklatanten Menschenrechtsverletzungen innerhalb dieser Gremien nicht einmal zu thematisieren erlaubten?

Dies ist, wie zuletzt die Farce der zweiten UN­-„Antirassismuskonferenz“ in Genf gezeigt hat, leider längst keine bloße Schwarzmalerei mehr. Auch dieser Tage wieder herrscht zum Beispiel ein merkwürdiges internationales Schweigen über die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die die Regierung von Sri Lanka bei der Bekämpfung Aufständischer begangen hat, während Israel für seinen letzten Einsatz im Gaza­-Streifen wie so oft gebetsmühlenhaft an den Pranger gestellt und massiv unter Druck gesetzt wird.

Ähnliche Probleme werden auch im Beitrag von Jörg Lehmann zu „Enthauptunsvideos als Konsumgut“ behandelt. Solche islamistischen „Snuff­-Videos“, die qualvoll langsam durchgeführte Enthauptungen westlicher Entführungsopfer in Echtzeit zeigen, um auf einer internationalen Medien-Bühne „Rache“ an den Interventionen der USA, Israels und der restlichen westlichen Welt zu üben, stehen heute für jeden Internet­-User frei zugänglich im Netz. Auch in Lehmanns Analyse dieses abstoßenden Phänomens kommt es zu merkwürdigen argumentativen Verrenkungen. Obwohl der Autor zuvor ausführt, dass in Staaten wie Saudi­-Arabien Enthauptungen zu hunderten pro Jahr nach wie vor die ‚Normalität‘ seien, fragt er sich in Bezug auf die islamistischen Ritualmord-Videos, wie die Henker, die sie gedreht haben, so intelligent sein könnten, dass sie gewissermaßen Edward W. Saids berühmter Studie über den westlichen „Orientalismus“ folgten, um dann wieder das Stereotyp des „grausamen Orients“, das der Westen sich Said zufolge vom ‚Nahen Osten‘ mache, in ihrem „Snuff“-Video provokatorisch zu bestätigen: Es liege nahe, das diese „Aufrufung des Stereotyps vom blutrünstigen, despotischen und willkürlichen Orientalen zu den intendierten Wirkungen zählt. Wenn dieses Stereotyp kalkuliert aufgegriffen wird, müssen die Extremisten die westliche Imagination genau studiert haben, denn erst in der Wiederholung eines seit langem vorhandenen Feindbildes kann auch die Angst vor diesem Feind wieder aufgerufen werden. Anders formuliert: Das kollektive Imaginäre wird sehr effektiv als Ressource genutzt.“

Muss man in diesem Fall wirklich so sehr ‚um die Ecke‘ denken? Ganz abgesehen davon, dass nicht ganz klar wird, was für einen Sinn und Zweck diese mediale Abschreckungs-­Taktik haben sollte, die doch dem „Feind“ schlagende Kriegs­-Argumente an die Hand gibt, die man im eigenen Interesse besser zu verheimlichen versuchen müsste: In Lehmanns Beitrag ist wie gesagt selbst nachzulesen, dass man in den meisten islamischen Staaten gar nicht unbedingt postkoloniale Theorien studiert haben muss, um in einem „Rechtssystem“, das der Scharia folgt, barbarische Tortur-Inszenierungen von „Rache“ an Menschen aus dem „Westen“ für eine legitime Botschaft zu halten.

Hier wird man den Eindruck nicht los, dass sich im Umkreis der „Postcolonial Studies“ eine vielen Analysen vorauseilende ‚political correctness‘ etabliert hat, die im Zusammenhang mit einer berechtigten Kritik an den fragwürdig begründeten Interventionen der USA im Irak und in Afghanistan terroristische Tatsachen relativiert, die auf Seiten des Islamismus durch keine bloße Stereotypen-Kritik mehr aus der Welt zu schaffen sind. Genauer: Hier gibt es nichts mehr zu „verstehen“ oder spitzfindig herzuleiten, sondern man müsste einfach einmal einräumen, dass diese Verbrechen vielleicht nicht nur als Antwort auf den westlichen Kolonialismus begangen werden, sondern eventuell auch ‚einfach so‘, aus einer ungebremsten Macht- und Gewalttlust heraus, die die abendländische Aufklärung im Westen zumindest tabuisiert, wenn auch nicht beseitigt hat.

Doch damit ist man auch in diesem Buch über die „Zeichen des Krieges“ noch lange nicht am Ende der angeschnittenen Themenkomplexe angelangt: Es ist hier aber nicht der Ort, alle weiteren Beiträge des Sammelbands vorzustellen. Christoph Jürgensens ausführlicher Beitrag über literarische Echos auf das zeitgeschichtliche deutsche Phänomen der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) etwa, in dem Romane von F.C. Delius und Rainald Goetz interpretiert werden, verdiente eine genauere Beachtung. Andererseits stellt sich hier wieder die Frage, ob man ein solches Thema wirklich unbedingt mit den oben besprochenen zusammen in einem Buch behandeln kann oder muss.

Lassen sich in diesem Fall sogar noch einige Argumente dafür finden, so mutet ein Beitrag wie der der Siegener Geschichtsprofessorin Angela Schwarz doch etwas deplaziert an. Vielleicht nicht einmal unbedingt wegen ihres Themas – der Berichterstattung über Konzentrationslager in der frühen NS­-Zeit – als aufgrund ihrer vorschnellen Conclusio, die die Wirkung der NS-Propaganda zugunsten des bei den Deutschen damals so beliebten Spruchs, sie hätten von den NS­-Gräueln „nichts gewusst“, fahrlässig überschätzt. Dass sogar Deutsche diese Behauptung aufrecht erhielten, die direkt neben einem KZ oder einem der unzähligen, heute oft ‚vergessenen‘ Außenlager solcher Todeszentren wohnten, könnte nach der Argumentation der Historikerin fast schon wieder glaubhaft erscheinen: „Die Lager konnten als normale Begleiterscheinungen des Dritten Reiches hingenommen oder gar bereitwillig akzeptiert werden“, schreibt Schwarz.

Die NS-­Illustrierten­ und Zeitungsreportagen über KZs, in denen ihrer perfiden Propaganda nach fast angenehme Zustände wie in ‚gesunden‘ Ferien­-, Kur-­ oder Sporteinrichtungen herrschten, hätten die Deutschen sogar soweit konditioniert, dass sie auch in der Phase der Radikalisierung des NS­-Vernichtungsterrors nichts Schlimmes daran mehr hätten finden müssen, vermutet Schwarz am Ende ihres Beitrags: „Ein ganz normaler Vorgang? Wer das so wahrnahm oder sich das einredete, war nicht ausschließlich, aber doch zu einem Teil von den Presseberichten der Frühzeit darauf vorbereitet worden.“ Das mag noch vorsichtig formuliert sein, aber die argumentative Richtung, in die diese These dann doch weist, könnte altbekannten Schutzbehauptungen, die auf eine deutsche Schuldabwehr zielen, abermals Tür und Tor öffnen.

Das Plädoyer am Ende der vorliegenden Rezension lautet: So wichtig die Fortführung kulturwissenschaftlicher und interdisziplinärer Diskussionen über den „Krieg“ auch ist – manchmal wäre eine geringere thematische Breite und eine stärkere Fokussierung auf dezidiertere Fragestellungen wirklich ein Gewinn. Gerade dieses Thema erfordert, wie ja auch einige der hier vorgestellten Beiträge hellsichtig herausarbeiten, einen schärferen definitorischen Blick auf seine fortwährenden Wandlungen und Gefahren.

Titelbild

Cord Arendes / Jörg Peltzer (Hg.): Krieg. Vergleichende Perspektiven aus Kunst, Musik und Geschichte.
Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2008.
222 Seiten, 25,00 EUR.
ISBN-13: 9783825354008

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Kein Bild

Christer Petersen / Jeanne Riou (Hg.): Zeichen des Krieges in Literatur, Film und den Medien. 3. Band: Terror.
Verlag Ludwig, Kiel 2008.
364 Seiten, 26,90 EUR.
ISBN-13: 9783937719498

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Titelbild

jour fixe initiative (Hg.): Krieg.
Unrast Verlag, Münster 2009.
180 Seiten, 18,00 EUR.
ISBN-13: 9783897714908

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