„Es ist eben kein Staat mit mir zu machen“

Vortrag aus Anlass des 50. Todestages von Hans Henny Jahnn in der „Freien Akademie der Künste in Hamburg“ am 30. November 2009

Von Uwe SchweikertRSS-Newsfeed neuer Artikel von Uwe Schweikert

Am 30. September 1959, zwei Monate vor seinem Tod, drei Monate vor seinem bevorstehenden 65. Geburtstag, den er dann nicht mehr erlebte, schreibt Jahnn an den Germanisten Wilhelm Emrich, er glaube, „Beweise dafür zu haben, daß die Stimmung in Hamburg gegen mich um viele Grade eisiger geworden ist, als noch vor einem Jahr […]. Dieser Brief hat keinen anderen Zweck, als Sie davon zu unterrichten, daß hier in Hamburg für mich nichts geschehen wird und daß ich das lebhafte Bedürfnis habe, diese Stadt zu verlassen oder mich so weit von ihrem Gehabe zu distanzieren, daß mich die kleinen oder großen Demütigungen nicht mehr erreichen.“ Jahrzehnte früher, im September 1925, als die hochfliegenden Pläne des Dreißigjährigen zerstieben, mit der Glaubensgemeinde Ugrino die Utopie eines außerhalb, ja gegen die bürgerliche Ordnung errichteten Lebenszusammenhangs zu verwirklichen, die Aufgabe der Kommune in Eckel und damit der Umzug nach Hamburg droht, heißt es in einem Brief mit trotziger Gebärde: „In die Stadt ziehe ich nicht. Das kann ich nicht mehr. Und außerdem schäme ich mich, in der Großstadt zu verhungern.“

Hamburg hat es Jahnn nicht leicht gemacht. Jahnn wiederum ist Hamburg nicht entgegengekommen. Was sich zwischen beiden, der Freien Hansestadt und ihrem hochfahrend eigensinnigen Sohn, in den Jahrzehnten an Schwierigkeiten, Provokationen, Kränkungen angesammelt hat, lässt sich nicht einfach wegerklären mit dem Sprichwort vom Propheten, der in seinem Vaterland nichts gilt. Umso weniger, als mit dem Abstand der Zeit und dem Panorama des abgeschlossen vor uns liegenden Werkes unübersehbar ist, wie stark Jahnn selbst noch in seiner „Querstellung zur Umwelt“ – dies seine eigene Formel – vom freien Geist Hamburgs geprägt war. Geboren und aufgewachsen ist der Sohn eines Schiffszimmermeisters in Stellingen-Langenfelde, einem Dorf an der nördlichen Stadtgrenze, das zum damals noch selbständigen Altona gehörte. Der Schulweg aufs Gymnasium allerdings führte ihn seit 1904 täglich in die Stadt. Charakteristisch für Jahnns Entwicklung waren immer wieder heftige, der Umwelt oft nur schwer verständliche Entschlüsse, abrupte Kehren, von denen zwei lebensentscheidend blieben: 1915 die Flucht des 21jährigen Abiturienten zusammen mit seinem Freund Gottlieb Harms vor dem kriegsbegeisterten wilhelminischen Hurrapatriotismus nach Norwegen; 1934 die Übersiedlung auf die dänische Insel Bornholm als Folge des Bankrotts seiner bürgerlichen Existenz, in den ihn das nationalsozialistische Deutschland trieb. Die Jahre zwischen 1915 und 1925, der „flüssigsten Jahre“, wie er sie selbst einmal bezeichnet hat, erst in Norwegen, dann seit 1919 in Eckel am Nordrand der Lüneburger Heide, waren ganz dem Traum und der Verwirklichung Ugrinos gewidmet. Die Fundamente der neuheidnischen Glaubensgemeinde beruhten auf dem „Bekenntnis zur Schöpfung“, dem „Erkennen harmonikaler Zusammenhänge in jeder Daseinsform“. Ugrino – so dekretieren es mit sektiererischer Autorität die Satzungen – „will den höchsten und beseligendsten Traum verwirklichen, daß die Herrschaft den Könnenden und Wissenden gegeben wird.“ „Könnende“, das waren Künstler, Dichter-Priester wie er; „Wissende“ solche, die die Auswahlgelehrsamkeit der Universitätsdisziplinen überwunden hatten. Schon als 21jähriger zählte Jahnn, der nie an Selbstzweifeln litt, sich zu den „Auserwählten“: „Ich weiß wohl, daß ich mich den Größten der Jetztlebenden nennen kann.“ Beglaubigt – das sollten wir nicht vergessen – waren diese jugendlichen Grandiositäts- und Allmachtsfantasien durch eine fast universale Begabung als Schriftsteller, Baumeister imaginärer Welten, Orgelbauer, Komponist und Musikverleger, später während der Bornholmer Jahre, als Landwirt, Pferdezüchter und Hormonforscher. „Fremd, unheimlich, einer fernen Welt angehörend“ – so hat die zum Ugrino-Kreis gehörige Margarete Möckli ihn damals empfunden.

Verständlich, warum sich Jahnn noch Mitte der 1920er-Jahre davor fürchtete, in die Stadt, nach Hamburg zu ziehen. Er vollzog den Schritt erst, als das Häuflein der Ugrino-Anhänger auf kümmerliche zwanzig Seelen zusammengeschmolzen war und er sich das Scheitern der megalomanen Pläne eingestehen musste, auf dem Gelände des Flidderbergs eine monumentale Kultanlage und Begräbnisstätte zu errichten. Innerlich abgeschworen hat er dieser Utopie wohl niemals, sie nur in immer tiefere Schichten des Unterbewusstseins abgedrängt, an die er vor allem in seinem literarischen Hauptwerk, der Romantrilogie „Fluß ohne Ufer“, rührt. Im November 1926 heiratete er Ellinor Philips. Anschließend übersiedelten die beiden aus Eckel in die Wohnung von Ellinors Mutter in der Rothenbaumchaussee.

Liest man die Briefe und Schriften der frühen 1920er-Jahre, so deutet kaum etwas in ihnen darauf hin, wie schnell und konsequent der kosmische Esoteriker zum öffentlich wirksamen Intellektuellen mutiert. Mit geradezu wetterwendischer Eile schließt Jahnn sich dem Hamburger Literaturbetrieb an, wird Mitglied der tonangebenden konservativen „Hamburger Gruppe“, tritt in den PEN-Club sowie in den „Schutzverband deutscher Schriftsteller“ ein und übernimmt 1931, mit schmalem Salär, das Amt des Orgelsachberaters der Stadt Hamburg. Auch als Autor ist er nicht mehr zu übersehen: 1926 wird die Tragödie „Medea“ am Berliner Staatstheater uraufgeführt. 1929, im selben Jahr wie Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“, erscheint der Roman „Perrudja“. 1931 erhält er den Auftrag, für das Ostseejahr in Lübeck ein Festspiel zu schreiben. Seinen Lebensunterhalt – nach Harms’ Tod im Februar 1931 wird er auch für dessen Familie sorgen – bestreitet er hauptsächlich durch Orgelaufträge, kaum durch schriftstellerische Einkünfte.

Doch Jahnn integriert sich nicht nur in die bestehenden literarischen Verbände und nimmt Anteil an der Hamburger Kunstszene, sondern wird selbst zum Motor des kooperativen Zusammenschlusses. Im Februar 1929 kommt, wesentlich durch seine Initiative, das „Kartell Hamburger Künstlerverbände“ zustande, dessen Präsident er wird. Ziel dieser Standesvertretung ist die „Existenzsicherung“ der Künstler – Ausdehnung der Tantiemepflicht, Kranken- und Krisenfürsorge, Schaffung einer finanziellen Lebensgrundlage – sowie die Entwicklung eines Hamburger Kulturprogramms. Spektakulärste Initiative des Kartells war ein Antrag an Senat und Bürgerschaft zur Einsetzung sogenannter „Dichtergagen“, zu der es allerdings nicht kam. Darüber hinaus engagiert Jahnn sich für die Verlängerung des damals noch dreißigjährigen Urheberrechtsschutzes: „Wenn es den Begriff eines Eigentums überhaupt gibt, so ist nichts ein gewisseres Eigentum als die geistige Arbeit.“ Er protestiert gegen das 1926 erlassene „Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schmutz- und Schundschriften“: „Das Schaffen ist stets doch nur ein Antrag an seinesgleichen. – Nehmt weg den demokratischen Geist von der Kunst.“ Hinter der Zensur von Staat und Kirchen wittert er zu Recht „die Zensur des Normalmenschen“, für den Sexualität und ihre künstlerische Darstellung an sich schon den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen. Er wusste, wovon er sprach. Als im Oktober 1927 „Medea“ im Hamburger Schauspielhaus aufgeführt wurde, musste das Stück nach vier Vorstellungen abgesetzt werden, weil der evangelische Kirchenrat gegen die „sexuellen Perversitäten“ und „Grausamkeitsphantasien“ Einspruch erhob. Jahnns Entgegnung – „ich habe keine Ähnlichkeit mit den Gerüchten über mich“ – blieb wirkungslos.

Politisch rückt ihn seine fundamentale Gesellschafts- und Zivilisationskritik an die Seite der Linken. Er steht in Kontakt mit Bertolt Brecht und führt den sowjetischen Agitationsschriftsteller Sergej Tretjakow in Hamburg ein. Im März 1931 hält er im Curio-Haus eine Rede mit dem programmatischen Titel „Die neue Linke greift an“: „Die traurige Gewißheit ist da, wir besitzen eine Zensur, wir besitzen Strafrechtsparagraphen gegen die Kunst, Gotteslästerungsparagraphen, Hochverratsparagraphen, das famose demokratische Gesetz zum Schutz der Jugend gegen Schmutz und Schund sitzt uns tief im Nacken. Wir segeln mit vollem Winde in einen kulturellen Freiheitszustand 4. und 5. Grades.“ 1932 schließlich warnt er an gleicher Stelle vor Kulturbarbarei und Faschismus und fordert „eine Lösung im Rahmen humanistischer Thesen“: „Geburtenbeschränkung, Verkürzung der Arbeitszeit, Einführung als Wertmesser das Arbeitspotenzial.“

Grundiert werden die vielfältigen gesellschaftlichen und sozialpolitischen Aktivitäten von einer dichterischen, einer weltanschaulichen Überzeugung, die nichts von den Träumen der Jugend preisgibt, an den Idealen Ugrinos festhält und dennoch der Zeit die Stirn bietet. In einem im Februar 1935 im norwegischen Bergen gehaltenen Vortrag, seinem letzten öffentlichen Auftreten vor 1946, verpflichtet Jahnn den Dichter auf einen „neuen unklassischen Humanismus“: „Die Bindung des Menschen an eine weisere und gütigere Sittlichkeit vorzubereiten ist Aufgabe der Dichtkunst. Sie kann ihre Pflicht nur anpacken, wenn sie alle Sinne schärft, nach allen Richtungen vordringt, wenn sie den Menschen erforscht, nicht nur sein Kleid. Er kann und darf nicht mehr als bekannt, als Glied einer Entwicklung in bestimmter Richtung vorausgesetzt werden. Er muß Gegenstand der Untersuchung werden, damit der Punkt gefunden wird, an dem ein Umbiegen sinnvoll und aussichtsreich ist […]. Dass die Seele des Menschen als nicht konstant erkannt worden ist, ist nicht nur unser Unglück, sondern unsere Hoffnung. Wir wollen sie umbauen und befestigen gegen die Sturmflut rationaler Katastrophen, sie wieder einfügen in das harmonikale Gebäude des Daseins.“

Die Lektüre der Briefe und Schriften aus den Jahren 1926 bis 1933 breitet aber auch das emotions-, das spannungsgeladene Verhältnis Jahnns zu seiner Vaterstadt vor uns aus – „als Kunststadt so ungefähr das rückständigste […], was man in Deutschland erfunden hat.“ Gewiss, seit dem Herbst 1931 stehen ihm im reetgedeckten „Kavaliershaus“ im Altonaer Hirschpark zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben angemessene Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung. Seinen Unmut konnte es kaum dämpfen. Selbst wenn man der Rhetorik der unausgesetzten brieflichen Jeremiaden misstraut – sie werden sich bis ans Lebensende fortsetzen –: finanziell lebte Jahnn in drückendsten Verhältnissen. 1930 rechnet er in einem im „Berliner Tageblatt“ erschienenen Feuilleton „in voller Gegnerschaft“ mit Hamburg ab: „Der Künstler in Hamburg schwebt nicht in einem luftleeren Raum, er hat überall mit Strudeln zu kämpfen. Es könnte die erste Kunststadt Deutschlands sein. Vor Berlin […]. Aber es will die Propaganda durch die Kunst nicht […] Kunst und Geist sind Plunder. Diese Stadt hat zum Ziel, in einer fernen Zukunft als Handelsplatz zu sterben […]. Warum also lebe ich in Hamburg? […] Weil ich, um das tägliche Brot ringend, es mir versagen muß, auf dem Lande zu wohnen. Weil mein Großvater vor hundert Jahren schon in dieser Stadt Schiffbauer und Bürger war. Weil ich nach zehn wechselvollen Jahren hier Freunde, Verwandte, Bekannte habe, die, wenn es einmal sehr schlimm steht, einen Pumpversuch nicht hundertprozentig abschlagen. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, von hier fortzukommen.“

II

Hier könnte man innehalten, fragen, nachdenken, räsonieren. Aber wir eilen weiter, überspringen die Zeit zwischen 1933 und 1946, die Jahre des politischen Lavierens zwischen Standhalten oder Flucht, der Niederschrift von „Fluß ohne Ufer“ – auch wenn das Urteil noch immer nicht durchgedrungen ist: eines der großen „Romanungeheuer“ der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts – und nehmen den Faden im November 1946 wieder auf, als Jahnn nach langer Abwesenheit wieder den Boden Hamburgs betritt. Döblins Fazit der bitteren Situation des unerwünschten Remigranten – „Und als ich wiederkam, da kam ich nicht wieder […]“ – gilt auch für Jahnn. Döblin hat Deutschland 1953 ein zweites Mal verlassen. Jahnn ist geblieben, aber um welchen Preis? Die Lektüre der Briefe macht uns zu Zeugen eines tragischen Konflikts, der mehr als einmal groteske Züge annimmt, um sich am Ende katastrophisch zu beschleunigen. Vier Monate vor seinem Tod hält Jahnn sich ein letztes Mal auf Bornholm auf. Er hat sich, wie in den Jahren zuvor schon öfter, in sein kleines Häuschen zum Schreiben zurückgezogen. Aber die Gedanken schweifen zurück. Resigniert müsse er erkennen, so steht es in einem Brief an Werner Helwig, dass er der Alte, der Ausgeschiedene ist, „der keinen Teil an den Zielen der Jüngeren hat […]. Das Gefühl ‚vergeblich und vergänglich‘ hat Überhand genommen […]. Jede Zeile, die ich schreibe, erscheint mir überflüssig oder tot, wirkungslos.“

Jahnn entfaltet vor seiner ersten Deutschlandreise, der bis zur endgültigen Rückkehr 1950 noch mehrere folgen sollten, eine rastlose briefliche Aktivität. Er schraubt die Erwartungen an Freunde und Behörden so hoch, dass es angesichts der Realität in der kriegszerstörten Stadt zwangsläufig zu Reibungen kommen mußte. Er mischt sich in die Politik. Er kann den Mund nicht halten. Bereits zu Beginn seines Aufenthalts ereignete sich ein Zwischenfall, als er den unmittelbar vor der Wahl zum Ersten Bürgermeister stehenden Max Brauer begrüßt und umarmt. Jahnn kannte den SPD-Politiker bereits aus der Zeit vor 1933, als Brauer Oberbürgermeister von Altona war. Die Ursachen der Entfremdung liegen im Dunkeln: „Es sind zwischen dem regierenden Bürgermeister und mir Gegensätze […]. Dieser Mann, der mir vor 1933 recht nahe gestanden hat, ‚mag mich nicht‘.“ Mehr als die formelhaft wiederkehrende Begründung hat Jahnn nicht preisgegeben. Jedenfalls schlug ihm bereits während seines zweiten Aufenthalts im Sommer 1947 – so wenigstens drückt er sich aus – „von allen Seiten […] Feindschaft und Ablehnung entgegen.“ Sein undiplomatisches, gleichermaßen unbürgerliches wie elitäres, ja manchmal schon an Größenwahn grenzendes Auftreten hat ihm mehr Feinde als Freunde gemacht. Bezeichnend sind Äußerungen wie die anlässlich seines Krankenhausaufenthalts im Frühjahr 1952: „Hier […] bin ich wirklich als Schriftsteller von Rang geachtet.“ Die Behörden erlassen ihm die Krankenhausrechnung und er wird mit dem Wagen des Senats nachhause gefahren, wie er mit Genugtuung berichtet.

Eine solche Vorzugsbehandlung erwartete Jahnn von Seiten der Stadt vor allem bei der Rückgabe des inzwischen anderweitig belegten Hirschparkhauses. Wie später sein Antrag auf Wiedergutmachung zogen sich die Auseinandersetzungen über Jahre hin. Er scheint sich dabei nicht immer geschickt verhalten zu haben und ging den Behörden mit seinen Eingaben und Beschwerden zunehmend auf die Nerven. Bis 1955 jedenfalls lebte die Familie zu fünft „in zwei Zimmern, ohne Küche, Wasser und Gas“. Erst dann konnte er zwei weitere Räume hinzu mieten. Bei Senator Kirch beklagt er sich im Januar 1951, „dass es in Deutschland kaum einen Autor von einigem Ansehen geben dürfte, der, aus der Emigration zurückgekehrt, mit ähnlichen jämmerlichen Wohnverhältnissen vorlieb nehmen muß.“ Er hat die häuslichen Umstände, hat die Querelen mit den staatlichen Instanzen aber nicht für sich behalten, sondern sie einem kleinen, zur Publikation bestimmten Tagebuch anvertraut und diese Notizen im Herbst 1951 ausgerechnet im „Aufbau“, dem maßgebenden kulturpolitischen Forum der DDR, veröffentlicht, was man ihm in Hamburg übelnahm.

Geradezu maßlos war die literarische Anerkennung, nach der er lechzte. Seine ungarische Freundin Judit Kárász unterrichtet er im Februar 1951, daß „er im Bewußtsein der Allgemeinheit zum führenden Dichter Deutschlands aufgerückt“ sei: „Ich schreibe dies nicht, um mir ein Eigenlob zu erteilen, sondern um Dir meine offizielle Stellung zu charakterisieren.“ Die Wirklichkeit sah anders aus. Als die beiden Bände der „Niederschrift“, des Mittelteils von „Fluß ohne Ufer“, endlich erscheinen konnten, blieben sie ohne größere Resonanz in der literarischen Öffentlichkeit. Die Dramen „Spur des dunklen Engels“ und „Neuer Lübecker Totentanz“ – beide mit der Musik seines Pflegesohns Yngve Trede – fanden erst gar nicht den Weg auf die Bühne. Einzig die Uraufführung des „Thomas Chatterton“ 1956 durch Gustaf Gründgens am Hamburger Schauspielhaus und die Premiere der textlichen Neufassung von Mozarts Jugendoper „Die Gärtnerin aus Liebe“ 1957 durch Günther Rennert an der Hamburger Staatsoper stillten seinen Ehrgeiz.

Den Höhepunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stellte zweifellos der Hamburger Lessing-Preis dar, der ihm 1956 verliehen wurde. „Mit diesem Preis“ – so bedankt er sich bei dem ihm wohlgesonnenen Kultursenator Hans Harder Biermann-Ratjen – „fühle ich mich in meine Vaterstadt wieder ganz eingeordnet, zugehörig. Und was hin und wieder an Bitterkeit war, verdünnt sich zum Belanglosen.“ Dies Einverständnis klingt in der Dankrede bereits wesentlich distanzierter und wird bald wieder ganz zurückgenommen. In der Lessing-Rede inszeniert Jahnn einen literarischen Diskurs, in dem er sich selbst als Dichter-Figur spiegelt. Lessing, so Jahnn, befand sich „am Ende seines Hamburger Aufenthaltes in einem Zustand großer innerer Unordnung und Nervosität […]. Das letzte Lebensjahrzehnt bildet einen ausgedehnten, episodenreichen Vorgang des langsamen Vergehens ab. Das Verhängnis war da: die Abgeschiedenheit, der Mangel an gültigem Leben – dazu Geldsorgen, die kein Ende nahmen.“ Jahnns Fazit: „Lessing war ein Dichter der Aufklärung, wird gemeinhin gesagt. Das ist eine Einschachtelung, in der nur ein Teil seines Wesens enthalten ist. Er verabscheute den Firlefanz dichterisch vorgetragener Halblügen und Viertelwahrheiten und die Ungenauigkeit im religiösen Denken und Empfinden.“ In diesem Konterfei Lessings hält Jahnn Hamburg den Spiegel vor – der Spiegel zeigt ihn selbst in der Maske des großen Vorgängers.

Die Hassliebe des alternden Jahnn zu Hamburg ließe sich mühelos zum abendfüllenden Panorama erweitern. Auch scheint es erlaubt, aus der Tragödie Thomas Chattertons, der Inkarnation des jugendlichen Genies, der am Versagen der Umwelt, an der Engstirnigkeit der Handelsstadt Bristol, an der Indolenz der Weltstadt London zugrunde geht, die Erfahrungen des Autors mit seiner Vaterstadt herauszuhören: „Wenn ein Achtzehnjähriger, der vom Genie berührt war, hungernd und ausgestoßen erlischt, bleiben Schuldige zurück. Die Armen, die nichts besitzen, sind freizusprechen. Die Regierenden, die Besitzenden, die Herren, die den Mund voll nehmen, darf man fragen: Erwartet ihr, daß der machtlose Engel, der den Berufenen beigegeben wird, Handel treibt, stielt, raubt, betrügt, eures Gleichen niederschlägt, um ein wertvolles Leben zu erhalten? Die Pflicht der Engel ist eine andere. Die Pflicht der Menschen aber ist es, nicht an den Besten schuldig zu werden.“ Mit dieser poetischen Predigt des Engels Aburiel schließt das Stück. Angesprochen ist die Menschheit, im Besonderen gemeint die „unveränderbare Stadt“ Hamburg, „die ihre geistigen Potenzen nutzlos verbraucht, verbittert davontreibt“ und sich darum – in der Person des Kultursenators – die briefliche Frage gefallen lassen muss, ob sie nicht verpflichtet sei, „ihre kulturelle Leistung, vor allem den schöpferischen Menschen gegenüber […] zu erhöhen.“ Die Frage ist unverändert aktuell – wie die Protestaktionen gegen die geplanten Kürzungen im Kulturetat der Stadt zeigen.

Die politischen und kulturpolitischen Aktivitäten Jahnns nach 1950 gleichen in vielem denen der Zeit vor 1933. Sein Engagement hat maßgeblich zur Gründung der „Freien Akademie der Künste in Hamburg“ geführt. Er war ihr erster Präsident bis zu seinem Tod. Das Wort „frei“ ist kein schmückendes Beiwort, sondern bringt die selbstbewusste Haltung der Kunst gegenüber dem Staat zum Ausdruck. Die Hamburger Akademie ist keine Gründung des Staates. Aber sie hofft doch – so steht es 1952 im Vorwort zum ersten Jahrbuch – auf „die Anerkennung und Förderung durch den Staat, wie es üblich und billig ist.“ Jahnn wird nicht müde, Jahr für Jahr auf drei wesentliche Mängel – Geburtsfehler könnte man sagen – hinzuweisen. Die Akademie ist keine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie besitzt – besaß jedenfalls bis 1975 – keine eigenen Räume. Und sie ist nur bescheiden dotiert. Daran wird sich während Jahnns Präsidentschaft wenig ändern: „Ein Künstler auf dem Dorfe ist eine absonderliche Persönlichkeit, ein Künstler in der Großstadt eine verlorene Null.“ Die kulturpolitischen Forderungen Jahnns – Einführung eines Ehrensolds für Künstler, Ausweitung des Urheberrechts, Kampf gegen das 1953 erlassene „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ – gelten bekannten, aber unentwegt aktuellen Fragen. Und selbst zu Ugrino – „Alles was ich tat, war durch eine expansive Fantasie miteinander verbunden. Ich träume Zusammenhänge“ – führt eine Spur zurück. Das von Alfred Mahlau geschaffene, noch heute verwendete Signet der Akademie modifiziert das Ugrino-Symbol des mitten im Meer befindlichen kubischen Tores, das die Durchfahrt zu einer neuen Welt ankündigt.

Anstoß erregt hat Jahnn im Hamburg der 1950er-Jahre aber weniger als Schriftsteller und Akademiepräsident, sondern durch sein politisches Engagement gegen den militanten Antikommunismus im restaurativen Adenauerstaat. Im Ost-West-Konflikt zwischen den beiden deutschen Staaten versuchte er immer wieder zu vermitteln. Er hielt die Westintegration der Bundesrepublik für ein Verhängnis. Im März 1951 nahm er an einem Treffen west- und ostdeutscher Schriftsteller in Starnberg teil. Als er Ende Oktober 1951 auf der Tagung des deutschen PEN zum Generalsekretär gewählt wurde, verließen dreizehn westdeutsche Autoren – darunter Kasimir Edschmid, Hermann Kasack, Erich Kästner und Wilhelm Lehmann – aus Protest gegen das angeblich „Ost-dominierte“ Präsidium die Sitzung und gründeten eine eigene westdeutsche Gruppe. Jahnn konnte „die Zertrümmerung des deutschen PEN“ nicht aufhalten: „Es ist viel, viel zu viel von Frieden und Freiheit geredet worden. Die Worte sind längst entwertet. Und ich ein ausgesprochener Individualist, einer der wenigen Menschen, die gegen jede Form der Zensur sind, fühle mich von dem uniformierten Angriff gegen die östlichen Kollegen angewidert.“ Die Entrüstung des politischen Juste milieu erreichte ihren Höhepunkt, als er im Februar 1956 auf Einladung des sowjetischen Schriftstellerverbands nach Moskau reiste und dort auf der Feier zu Heinrich Heines 150. Geburtstag, bei der auch Walter Ulbricht anwesend war, ein kurzes Grußwort sprach.

Jahnn ließ es nicht bei bloßen Worten bewenden. Er konstruierte die Orgel für den Großen Sendesaal des Ostberliner Rundfunks, reiste immer wieder in die DDR, korrespondierte mit Brecht und Johannes R. Becher, war seit 1955 Mitglied der Ostberliner Akademie Künste und veröffentlichte kontinuierlich in der von Peter Huchel redigierten Zeitschrift „Sinn und Form“. Vor allem aber inszenierte er sich – seit jeher ein Pessimist des Wirklichen – als Mahner. Trotz zunehmender körperlicher Erschöpfung und schwerer gesundheitlicher Störungen agitiert er rastlos gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und warnt vor dem atomaren Wettrüsten. In seinen letzten Lebensjahren kreist sein katastrophisches Denken fast ausschließlich um die Gefahr eines Atomkriegs, um die Selbstvernichtung der Menschheit. Von ihm stammen die „Thesen gegen Atomrüstung“, die im September 1957, kurz vor der Bundestagswahl, auf einer Zusammenkunft deutscher Schriftsteller in Bonn vorgetragen wurden. Höhepunkt seiner öffentlichen Wirksamkeit war die kurze Rede, die er am 17. April 1958 auf der vom Komitee „Kampf dem Atomtod“ auf dem Hamburger Rathausmarkt veranstalteten Großkundgebung vor 150.000 Menschen hielt: „Militärisches und politisches Denken allein rettet die Menschheit nicht vor dem Untergang.“

Ein zeitgenössisches Pressefoto zeigt ihn auf dem Rathausbalkon und lässt nichts von der Vereinsamung ahnen, in die er zu dieser Zeit längst geraten war. Nicht Einsamkeit oder Alleinsein, „Vereinsamung“ ist das Stichwort, das spätestens seit 1953 immer wieder fällt – in Briefen, in Essays, selbst in öffentlichen Reden. Einsamkeit und Alleinsein, das sind Zustände des Rückzugs und der Resignation; „Vereinsamung“ ist mehr, ist das Resultat eines Vorgangs, eines Prozesses, nämlich des unwillentlichen in Einsamkeit Geratens, des unverschuldeten Verlassenwerdens. Er selbst hat sich im Juli 1959 brieflich darüber beklagt, dass Vereinsamung „alles in allem schlimmer ist als Alleinsein“. Hier kommt vieles zusammen: die Leere des Alltags, die Lieblosigkeit des Alters, die fehlende Resonanz bei den Lesern, das Ausgebranntsein als Schriftsteller.

Von diesem Zustand der „Dauerentfremdung“ nimmt er Hamburg nicht aus, sondern macht es geradezu mitverantwortlich, wenn er 1959 im Vorwort zum letzten unter seiner Präsidentschaft herausgegeben Akademie-Jahrbuch schreibt: „Ich kann von mir sagen, daß ich in meiner Vaterstadt beinahe einsamer und ausgestoßener bin als anderswo.“ „Je introvertierter Jahnn wurde“ – so erklärt es sich Karlheinz Deschner –, „desto hektischer stürzte er sich in die Arena jener Wirklichkeit, die ihn so sehr, so tödlich beunruhigt hat, und wider die er, sein Herz zerreißend, bis zuletzt stritt.“ Man kann diesen Raubbau an Körper und Geist aber auch anders wenden und als eine Flucht vor der Literatur, eine Flucht vor dem innersten Ich sehen, dessen Träume und Visionen langsam erkalten und sich nicht mehr zu Bildern, zu Sprache verflüssigen. Von dem wenigen, was er nach 1950 noch schrieb, zeigt einzig die Novelle „Die Nacht aus Blei“ noch einmal die alte künstlerische Kraft der Verwandlung innerer Vorgänge in eine visionär erschaute Welt. „Das Tastende, das Unlogische, das immer wieder Unterbrochene und Unsinnige, Getriebene, also Vergebliche einzufangen“, wie er die dichterische Arbeit 1958 gegenüber Peter Suhrkamp beschrieb, es gelang ihm nicht mehr.

III

Jahnns Dichtungen, seine Romane wie seine Dramen, sind aus dem Stoff seines Lebens, aus den Ingredienzien seiner kosmischen Vorstellungen und weltanschaulichen Überzeugungen gewirkt und doch mit der Bezeichnung autobiografische Literatur nur unzureichend, geradezu falsch charakterisiert. Hamburg als Stadt – und damit schließt sich der Kreis meiner Betrachtungen – kommt im Werk nicht vor. Der pulsierenden Urbanität, mit der Döblin in „Berlin Alexanderplatz“ dem Moloch Großstadt huldigt, lässt sich in „Perrudja“ oder „Fluß ohne Ufer“ nichts zur Seite stellen. Ein einziges Mal, in dem 1953 entstandenen „Versuch einer Erklärung“, nimmt Jahnn eine Stadt-Szenerie, den Hamburger Hauptbahnhof, zum Anlass des Schreibens. Aber auch in diesem Fragment gebliebenen Versuch, die Situation des modernen Menschen im Strom der Passanten, der Arbeiter, Ausrufer, Schwarzhändler, Schwangeren, Dirnen und Strichjungen dingfest zu machen, wird die reale Topografie zum Bild eines mythischen Ortes, die Welt zur Unterwelt, zum Schauplatz des Schicksals, das in der Gegenwart bereits die Zukunft, im Leben bereits den Tod enthält.

Was Jahnn in seinen Romanen vor der Fantasie des Lesers ausbreitet, sind imaginäre Räume; nicht der Wirklichkeit, sondern der Fantasie nachgeschriebene Reisen in exotische Fernen; Seelenlandschaften des inneren Erlebens auch dann, wenn dem Abbild die Urbilder Norwegens oder Bornholms zugrunde liegen. „Oft gehe ich stundenlang träumend durch die Landschaft“, lesen wir in einem Brief vom November 1934 an Walter Muschg, „meine Seele beschäftigt sich unablässig mit Unerfüllbarem, Unnatürlichem, mit Erscheinungen, die über meine Kräfte, über die der Menschheit gehen. Die Landschaft streicht an mir vorüber. Ich glaube sie nicht einmal wahrzunehmen. Plötzlich aber, wenn ich mich zurückfinde, sind die inneren und äußeren Erlebnisse zusammengeschmolzen. Manchmal zu einem Satz, der etwas anderes ausdrückt als Landschaft und Traum.“

Errettung der äußeren Wirklichkeit ist nicht das Ziel des Epikers Jahnn. Wo wir Reales schmecken und fühlen, handelt es sich meist um Erinnerungen an seine Jugend – Ausfilterungen der Fantasie, der Fiktion allemal. Als Erinnerungen Horns und Tuteins, der beiden Hauptfiguren der „Niederschrift“, begegnen wir ihnen im Mittelteil von „Fluß ohne Ufer“, wieder. Es handelt sich um den Versuch des schreibenden Horn, sich in die „eigene Kindheit zurückzustasten“: „Es ist jetzt alles ungenau, verschwommen; nur mit Mühe fischt man Brocken aus der Erinnerung. Das Ganze war aber eine Zeit, Zeit der schönsten Jugend. Wachsen des Ich-Bewußtseins. Schwellende Muskeln, sich streckende Glieder. Versammlung der Enghosigen, Kurzärmeligen, Heiserstimmigen. Händelose Händesündiger […] Die Erinnerung ist ein weites Meer. Man kann eine Strecke hinausschwimmen. Man kann es nicht durchschwimmen. Man würde versinken. (Man sagt, Ertrinkende erinnern sich an alles und gehen dann unter.) Die Grenze der Kimmung begrenzt das alte vergangene Wissen. Die Erfahrung zerbröckelt immer wieder. Es wird nicht alles wiedergeboren. Tote Menschen. Tote Zeiten […] Wir [Horn spricht von Tutein und sich] erbauten die Stadt, die einstmals gewesen war, ihre Türme, den Hafen, die Schiffe, die Werften, das alte Konzerthaus, das Theater, die Schulen, die Straßen, das Commercial Seefahrerhotel, das Ormond, Münster, das alte Landhaus, das weiße Roß, den Milchladen, das Museum mit griechischem Marmor und italienischem Gips, die Wohnungstüren, sein Bett, mein Bett, seine Schulkameraden, meine Schulkameraden, den Turm des Mörders, den Rathausplatz, die Straßenbahn, zersprungene Milchflaschen, auslaufende Milch. Rom ist nicht an einem Tage erbaut worden.“

Kein Name fällt. Alles bleibt fiktiv und doch sind alle Bausteine dieser scheinbar surrealistischen Assemblage der Wirklichkeit entnommen. Vor unserer Imagination ersteht das Stellingen von Jahnns Kindheit, konturiert sich das Hamburg der Jahrhundertwende, lockt das Vergnügungsviertel in St. Pauli. Alle genannten Örtlichkeiten, auch die von der Reise des Zwölfjährigen ins mecklenburgische Bützow, das im Roman den beziehungsreichen Namen „Nebel“ trägt, sind historisch verbürgt. Im „Bodensatz Erinnerung“ sammelt sich alles Gewesene: „Wenigstens einen Sommer lang gehen wir im Traum, der lauen Abende entsinne ich mich. Unter den alten Linden stand die Wärme wie ein lebendiges Tier, das man an den Stamm gebunden hat. Die größeren Burschen spielten: Wenn der Wind weht, wenn der Hahn kräht – und liefen über die dunkle Straße, Schatten, die kein Gesicht hatten, verschwanden in Gebüschen, auf den Böden verfallender Katen. Sie stießen seltsame, erregende Laute aus, die ich niemals habe deuten können. Es geschah vieles, das ich auch heute noch nicht begreife, weil ich keinen Teil daran hatte. Später ist dergleichen niemals mehr gespielt worden. Die Linden wurden gefällt, die Katen eingerissen, das Gebüsch wurde gelichtet, ein alter Kalkofen zerfiel in weiße Blöcke. Die Schreie waren für ewig verstummt. Es war das Ende der Knabenschaften in unserer Gegend. Vorher schon waren sie von den Viehkoppeln vertrieben worden; die Knicks waren gerodet, die Tümpel mit lehmigem Grund zugeschüttet, die Rinder verschwunden. Die Wüste der Mietskasernen rückte näher, weil die Großstadt sich dehnte und im Wachsen das Paradies eines ländlichen Fleckens verschlang.“

Das Paradies der Kindheit endet mit seinem Verlust. Was bleibt, ist Erinnerung – der gespeicherte „Schatz des Unwiederbringlichen“. Später, in den 1950er-Jahren, hat Jahnn gerade dieses Erinnerungsbild seiner Kindheit aus dem Roman herausgebrochen und in Vorträgen und Essays mehrfach angeführt. In einer 1956 im Stellinger Rathaus gehaltenen Vortrag folgt dem Zitat der lakonische Kommentar: „Für mich ist das Geheimnisvolle des Ortes verschwunden und nur mit Mühe finde ich mich in der Veränderung zurecht.“ Heimat konnte das moderne, das gegenwärtige Hamburg ihm nicht mehr sein. In diesem Zusammenstoß von Erinnerung und Gegenwart, von Traum und Wirklichkeit und ihrer Unauflösbarkeit liegt die ganze Tragik des schwierigen Verhältnisses von Jahnn und seiner Vaterstadt begründet. Es war enttäuschte Liebe.