Symbole lesen, um die Botschaft zu erkennen

Dan Browns Protagonist Robert Langdon sucht „Das verlorene Symbol“

Von Martin SpießRSS-Newsfeed neuer Artikel von Martin Spieß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

 

Nach seinen ersten beiden Robert-Langdon-Büchern sah Dan Brown sich viel Kritik gegenüber, vor allem von der katholischen Kirche. Die Wortführer verstanden, das hörte man ihren Ausbrüchen deutlich an, offenbar nicht, dass Dan Brown fiktive Romane schrieb. Er verwendete lediglich weit verbreitete (Verschwörungs-)Theorien zu bekannten Themen, um darüber Geschichten zu schreiben. Er wollte keine tatsächlichen Verschwörungen aufdecken, wollte nicht tatsächlich die Macht der Kirche brechen.

Jetzt ist Dan Browns dritter Roman mit Robert Langdon als Hauptfigur erschienen. Nach Paris und Rom geht es für Langdon in „Das verlorene Symbol“ nach Washington, D.C. Dorthin hat ihn sein väterlicher Freund und universitärer Mentor Peter Solomon eingeladen. Langdon soll einen Vortrag halten – über die Freimaurer. Und um deren größtes Geheimnis geht es auch in „Das verlorene Symbol“. Nach den Illuminaten und den Prieuré de Sion sind es jetzt die Gründerväter der USA und ihr Vermächtnis, das im Zentrum der Geschichte steht. Wie in „Sakrileg“ und „Illuminati“ ist Langdon wieder eher unfreiwilliger Protagonist, der sich plötzlich in einer Situation wiederfindet, in der es um Leben und Tod geht. Er, der ja eigentlich nur einen Vortrag halten will, ist nun von Sicherheitsbeamten des Kapitols und CIA-Agenten umringt, deren Vorgesetzte von einer Krise nationalen Ausmaßes spricht. Langdon versteht zwar nicht, ist aber – aus persönlichen Gründen – doch gewillt, die Rätsel, die ein mysteriöser Anrufer ihnen stellt, zu lösen. Er steigt also hinab in die Katakomben des Kapitols, und muss sich hier nicht nur wieder seiner Platzangst, sondern auch schwierigeren Aufgaben widmen als er geahnt hat. Die tief verzweigten Gänge sind jedoch nur die erste Station auf Robert Langdons neuestem Abenteuer.

Dan Brown versteht es, eine gute Geschichte zu erzählen und gleichzeitig sukzessive immer mehr Spannung zu erzeugen. Er wechselt immer dann in eine andere Szene, wenn es gerade spannend wird. Das ist zwar ein recht einfacher, aber dennoch sehr effektiver Trick. Die historischen und erzählerischen Einsprengsel – Hintergrundinformationen, die der Leser braucht, um folgen zu können und Erinnerungen der Figuren – erzählt er dabei en passant, während der Ermittlungen. Browns eigentliche Stärke jedoch ist nicht sein Schreiben, was nicht heißen soll, dass er ein schlechter Schreiber ist – ganz im Gegenteil. Wichtiger jedoch als das Schreiben ist das gute Händchen, das er bei der Auswahl seiner Themen beweist. Jesus Christus war nicht Gottes Sohn, sondern ein (mächtiger) Mensch, mit einer Frau und Nachkommen. Die Illuminaten, ein elitärer Geheimbund, versuchen seit Jahrtausenden, die Macht an sich zu reißen, und die Kirche zu stürzen.

Es geht bei Brown nie um die Verschwörungstheorien selbst. Sie sind – passend zur Arbeit seines Protagonisten – Symbole für etwas anderes: für die Sehnsucht nach einer offeneren katholischen Kirche beispielsweise, nach einer Kirche, die wissenschaftliche Erkenntnisse nicht verdammt, weil sie fürchtet, bedeutungslos zu werden.

Auch „Das verlorene Symbol“ hat Dan Brown so ein Muster eingeschrieben. Der Leser muss nur eines tun: Bei der Lektüre im Hinterkopf behalten, was einigen abzugehen scheint – dass Browns Geschichten Fiktionen sind. Man muss lediglich die Symbole lesen, um die reale Botschaft wahrnehmen zu können. Ohne Verschwörung, ohne Geheimnisse.

Titelbild

Dan Brown: Das verlorene Symbol.
Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2009.
765 Seiten, 26,00 EUR.
ISBN-13: 9783785723883

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