Eine oft peinliche erotische Selbstpreisgabe

Hellmuth Karaseks Buch „Ihr tausendfaches Weh und Ach“ ist im Grunde überflüssig

Von Winfried StanzickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Winfried Stanzick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Hellmuth Karasek hat wieder einmal ein Buch geschrieben. Während sein großer Kollege Reich-Ranicki, wenn er denn noch öffentlich auftritt, das Medium Fernsehen in Grund und Boden kritisiert wie 2008 bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises, ist Hellmuth Karasek in Werbung und Talkshows sozusagen omnipräsent. Es ist unklar, warum er das tut, wahrscheinlich braucht er es für ein Ego, das geradezu unersättlich ist danach, Bestätigung zu bekommen. Dabei hätte dieser große Literatur- und Filmkritiker das gar nicht nötig, und so hätte er besser noch einmal darüber nachgedacht, ob er das vorliegende Buch wirklich veröffentlichen soll.

Er verbindet in dem Buch mit dem Karasek-typischen Titel „Ihr tausendfaches Weh und Ach“ seine manchmal regelrecht peinlich wirkenden erotischen Memoiren mit einem Blick in die gesamte Weltliteratur zum Thema „Was Frauen von Männern wollen“. Diese literaturgeschichtlichen Ausflüge sind interessant zu lesen und zeigen letztlich doch nur, dass die Dynamik der Geschlechter vom Sex bis hin zum Geschlechter- und Rosenkrieg von Anfang an ein schier unerschöpfliches Thema der Literatur war und es wohl auch bleiben wird.

Es ist nett zu lesen, wie aus dem jungen Schüler Karasek der Student wird, der schon früh weiß, was er will und zunehmend beachtete Film, – Theater- und Literaturkritiken veröffentlicht. Auch seine ehrliche Dokumentation seiner erwachenden männlichen Sexualität und sein überbordenden Fantasien lösen im männlichen Leser und Rezensenten zahllose vergessen geglaubte Erinnerungsfragmente an die eigene, allerdings zwei Jahrzehnte später als Karasek erlebte Jugend.

Diese ehrlichen erotischen Memoiren, die zeitweise in eine geradezu lächerliche Selbstpreisgabe ausarten, wenn Karasek etwa beschreibt, wie er seine Frau im Bett beim Ehebruch ertappt, enden im jungen Erwachsenenalter der 1950er-Jahre; was er später, mit Sicherheit kein erotischer Kostverächter, in verschiedenen anderen Betten und Orten erlebt hat, darüber schweigt das Buch.

Der Autor versteckt sich hinter einem literarischen „Er“, weil er wohl selbst einen Rest von Schutz braucht bei dieser letztlich völlig unnötigen Selbstpreisgabe.

Aber wer sich nicht zu schade ist, in der „Bild“ über Verena Pooths Brüste zu lobsingen, ihrer „Bronzebräune“ und ihrem „Sex-Appeal ohne billige Mätzchen“ zu huldigen, der schreibt halt auch gerne einmal mehr ein solches im Grunde genommen ganz und gar überflüssiges Buch.

Titelbild

Hellmuth Karasek: Ihr tausendfaches Weh und Ach. Was Männer von Frauen wollen.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009.
270 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783455401936

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