Weißer Blick auf schwarzes Land

Tania Blixens Liebeserklärung an Afrika liegt in einer neu übersetzten Ausgabe vor

Von Jutta LadwigRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jutta Ladwig

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die unendliche Weite der Savanne, die Schönheit der Natur und die Bewohner Kenias faszinierten Tania Blixen. Die dänische Schriftstellerin lebte von 1913 bis 1931 auf einer Farm am Fuß des Ngong-Gebirges. Blixen und ihr Ehemann, Baron Bror Blixen-Finecke, bewirtschafteten dort eine Kaffeeplantage. Doch Bror erwies sich als wenig geschäftstüchtig und zog es vor zu jagen – Löwen und Frauen. Tania musste die Plantage allein führen, ihre Ehe scheiterte. Rückhalt fand sie bei dem Großwildjäger Denys Finch Hatton, ihrer großen Liebe.

Ihre Erlebnisse verarbeitete Blixen in „Jenseits von Afrika“. Das Buch inspirierte Sydney Pollack zu dessen Verfilmung mit Meryl Streep und Robert Redford in den Hauptrollen. Der Film erhielt sieben Oscars, allerdings passten Pollacks Drehbuchschreiber den Stoff Hollywood an und rückten die Liebesbeziehung zwischen Blixen und Finch Hatton in den Mittelpunkt.

Blixens Roman hingegen ist vielschichtiger und kritischer als der Film. Auch weist er in verschiedene Richtungen. Blixen versucht das Fremde zu erklären und beschreibt das Leben in Afrika und seine Bewohner aus der Sicht einer weißen Europäerin.

Dies legt eine biografische Deutung von „Jenseits von Afrika“ nahe. Blixens Briefe aus ihrer Zeit in Afrika sprechen jedoch eine andere Sprache: Der Alltag auf der Farm ist hart, das Leben der Weißen von Leere, Sehnsucht und Einsamkeit geprägt. Nur teilweise übertrug Blixen diese Eindrücke in ihren Roman. Die ehemalige Kunststudentin malt mit Worten, um das Fremde verstehen zu können. Sie schmückt Szenen aus, fügt Details hinzu und konstruiert dramatisch, wie zum Beispiel Finch Hattons Absturz oder den finanziellen Ruin der Farm, und rundet ihre Bilder mit literarischen und biblischen Anspielungen ab. Es ist Blixens Versuch durch ihr Schreiben zu verstehen, was um sie herum passiert. Auch ist sie eine der ersten Weißen, die Afrikas schwarze Bewohner als Menschen, die im Einklang mit der Natur leben, betrachtet und nicht als „Wilde“. Dennoch kann sie nicht verhindern, dass sich ihr Blick auf das „schwarze Land“ stets der einer weißen Europäerin ist, denn Blixen setzte die Kolonialtraditionen in Kenia fort, da sie sich benimmt wie eine Weiße, die sich anmaßt, Macht über die schwarze Bevölkerung zu haben. Die häufige Verwendung des negativ konnotierten Begriffs „Neger“ belegt dies.

Blixens Werk erschien unter dem Titel „Afrika – Dunkel lockende Welt“ erstmals 1938 in Deutschland und wurde zum Welterfolg. Auch 72 Jahre später hat der Text nichts von seinem Zauber und seiner poetischen Kraft verloren. Doch anders als die vorherigen Ausgaben beruht die Neuauflage des Manesse-Verlags nicht auf Blixens englischem Text, sondern auf der dänischen Fassung letzter Hand. Für die Blixen-Forschung ist dies ein nicht unerheblicher Unterschied, denn Blixen schrieb zunächst das erste Kapitel auf Dänisch, fuhr dann in englischer Sprache fort. Später übertrug sie diesen Text mittels Interlinearübersetzung selbst ins Dänische.

Die Neuübersetzung von Gisela Perlet bietet dem Leser sprachliche und inhaltliche Abweichungen gegenüber dem englischen Text, zum Beispiel kritisiert Blixen den Kolonialismus deutlich stärker, wie etwa in der Episode als der Kikuyujunge Kitosh von seinem Herrn wegen einer Nichtigkeit misshandelt wird und an den Folgen stirbt.

So kann auch der Leser, der „Jenseits von Afrika“ bereits in alter Übersetzung kennt, den Roman noch einmal neu entdecken und sich von Tania Blixen nach Kenia zur Farm am Fuß des Ngong-Gebirges entführen lassen.

Titelbild

Tania Blixen: Jenseits von Afrika. Roman.
Übersetzt aus dem Dänischen von Gisela Perlet.
Manesse Verlag, Zürich 2010.
412 Seiten, 22,95 EUR.
ISBN-13: 9783717522027

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