Lügenmaschinen

Claudia Glunz und Thomas F. Schneider haben einen Tagungsband über den „Einfluss technischer Innovationen auf die Darstellung und das Bild des Krieges in den Medien und Künsten“ herausgegeben, in dem eventuell nicht immer ganz die Wahrheit steht

Von Jan SüselbeckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Süselbeck

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In seinem Roman „Der Keller. Eine Entziehung“ (1976) schreibt Thomas Bernhard in einer längeren Passage, die sich mit der schwierigen Frage nach der Möglichkeit wahrheitsgemäßen autobiografischen Schreibens auseinandersetzt: „Die Wahrheit, denke ich, kennt nur der Betroffene, will er sie mitteilen, wird er automatisch zum Lügner. Alles Mitgeteilte kann nur Fälschung und Verfälschung sein, also sind immer nur Fälschungen und Verfälschungen mitgeteilt worden.“ Das ist, wie man so schön sagt, nur die halbe Wahrheit. Denn was wüssten wir zum Beispiel über die Gräuel vergangener Kriege, wenn uns nicht die überlebenden Opfer davon erzählt, wenn die davongekommenen Zeugen nicht ihre traumatischen Erlebnisse für die Nachwelt aufgeschrieben hätten? Wahrscheinlich so gut wie gar nichts: Nur wenn die „Betroffenen“ selbst das Wort ergreifen, kommt man der Wahrheit des Kriegs zumindest ein wenig näher.

Trotzdem bleibt Skepsis angesagt, wenn Kriege dargestellt oder nacherzählt werden, in welcher Form auch immer – besonders in einer Zeit, in der zunehmend Bilder die öffentliche Meinung bestimmen. Dabei handelt es sich meist um gezielt ausgewählte Motive, die bestimmte Affekte noch viel direkter auszulösen vermögen als Texte. Wenn überhaupt Bilder von Kriegen überliefert werden, dann hatte in den meisten Fällen irgendeine Partei zu irgendeinem Zeitpunkt den Eindruck, damit die Rechtmäßigkeit ihres mörderischen Tuns unterstreichen zu können. Dies gilt zum Beispiel selbst für die Fotos, die US-Soldaten in Abu Ghraib knipsten. Dass der gesellschaftliche Rahmen, aus dem heraus solche Bilder betrachtet werden, sich ändern kann, und damit auch die moralische Bewertung solcher Inszenierungen, steht auf einem anderen Blatt.

Zunächst einmal gilt: Nur der Ahnungslose glaubt auf Anhieb dem, was er in den Nachrichten gezeigt bekommt, und der Kluge zweifelt es zunächst einmal an. Da aber die Massen erfahrungsgemäß vor allem das für bare Münze nehmen, was sie sehen, ist die propagandistische Bildpolitik in den Medien längst zum maßgeblichen Teil der Kriegführung jeder nur erdenklichen Macht in unserer Welt geworden, und die verschiedenen medialen Formen der Bildervermittlung, die sich durch das Internet potenziert haben, werden in diesem Sinne als „Wahrheitsmaschinen“ missbraucht: Sie erzeugen den Eindruck einer nicht von der Hand zu weisenden Realität, mit der sich weitere Kriege rechtfertigen lassen. Dann haben zum Beispiel die sogenannten „Friedensaktivisten“ der „Free-Gaza-Solidaritätsflotte“ auf der Mavi Marmara keine Waffen in der Hand, während die „bösen“ israelischen Soldaten „jedes Maß verloren“ haben.

Hier ist also dringend Aufklärung nötig, und es ist gut zu wissen, dass sich auch Literatur- und Medienwissenschaftler zunehmend mit der paradoxen Frage nach den Möglichkeiten beziehungsweise Gefahren heutiger Kriegsdarstellungen und ihrer Vorgeschichte auseinandersetzen. Die Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs etwa, und insbesondere auch das in diesem Rahmen erscheinende Jahrbuch zu „Krieg und Literatur“, sind Reihen, deren Beachtung sich in diesem Zusammenhang lohnt. Die mittels einer Kooperation des Universitätsverlags Osnabrück und dem Göttinger Haus V&R unipress erscheinenden Bände des Jahrbuchs sind vielfarbig illustriert, überzeugen immer wieder durch erhellende internationale Forschungsperspektiven und werden von Claudia Glunz und Thomas F. Schneider herausgegeben.

Der 2007 publizierte Band mit dem etwas lang geratenen Titel „Information Warfare. Die Rolle der Medien (Literatur, Kunst, Photographie, Film, Fernsehen, Theater, Presse, Korrespondenz) bei der Kriegsdarstellung und -deutung“ setzte zum Beispiel schon allein von der beeindruckenden Bandbreite seiner Themen her Maßstäbe, und die Tendenz zu historisch sehr weit gefassten intermedialen Forschungsprojekten wurde zuletzt auch durch das aufwändig gestaltete und von Schneider mitinitiierte Ausstellungs- und Katalogprojekt „Bilderschlachten. 2.000 Jahre Nachrichten aus dem Krieg. Technik – Medien – Kunst“ (2009) noch einmal fulminant unterstrichen.

Mit dem Tagungsband „Wahrheitsmaschinen. Der Einfluss technischer Innovationen auf die Darstellung und das Bild des Krieges in den Medien und Künsten“ liegt nun eine weitere solche Publikation vor. Sie geht auf eine internationale Konferenz zurück, die im September 2009 in Osnabrück stattfand. Das Tempo der Drucklegung beeindruckt nicht weniger als die abermals große Themendichte des Sammelbands: Im Vorwort schreiben Glunz und Schneider ganz aktuell über die Rolle von Handys und Videokameras bei den weltweit Aufsehen erregenden Unruhen im Iran, und die Beiträger des Buches befassen sich abermals mit so unterschiedlich anmutenden Ereignissen wie dem Krimkrieg (1853-1856) und kolonialen Konflikten in Afrika um 1700, mit Lyrik und Romanen zum Ersten Weltkrieg (1914-1918), der Rolle der Kriegswahrnehmung in Computerspielen seit den 1980er-Jahren, mit neueren Kriegsvideos auf YouTube sowie aktuellen medialen Konstruktionen des Terrorismus. Nicht zuletzt ist auch dieser Band reich bebildert, was bei dem medienwissenschaftlichen Ansatz seiner Beiträge notwendig und in der vorliegenden Qualität erfreulich ist.

Bei einer ersten Durchsicht der Informationen über die Autoren fällt zudem auf, das unter den „Medien- und Literaturwissenschaftler[n], Soziologen und Praktiker[n]“, deren Mitarbeit am Band die Herausgeber in ihrem kurzen Vorwort anzeigen, unter anderem solche aus Österreich, Tschechien, Polen, Kanada, Großbritannien, Italien und Kamerun zu finden sind: Über eine mangelnde Internationalität des Projekts kann man sich angesichts dieser Zusammenarbeit also nicht beschweren.

Tanja Thomas und Fabian Virchow, die den Band um den Beitrag über die vielfältigen Formen der Kriegsberichterstattung auf YouTube bereichert haben, kennt man schon von früheren Publikationen zum Kriegsthema als überzeugendes und stets gut informiertes Autorenduo. Sie wollen in ihrem Aufsatz eine erste systematische Übersicht über die empirischen und theoretischen Herausforderungen einer Analyse des mittlerweile kaum noch überschaubar erscheinenden Phänomens von Kriegsdokumentationen auf YouTube geben. Die beiden haben dazu zunächst einmal verschiedene Suchbegriffe auf der Internetplattform eingegeben und versucht, die jeweiligen Ergebnisse der Recherchen nach verschiedenen Kriterien einzuordnen. Die genaue Anzahl der von den unterschiedlichsten Leuten und Organisationen eingestellten Kriegs-Clips sei kaum eruierbar, stellen Thomas und Virchow eingangs fest, und diskutieren die unterschiedlichen Parameter ‚naiver Suchen‘ wie etwa die Besucher- beziehungsweise Klickzahlen, nach denen solche Dokumente im Internet hierarchisiert werden und die mitunter bis in zweistellige Millionenbereiche anwachsen können.

In der Tat stellt sich angesichts dieses Massenphänomens die von den Autoren ausblickend gestellte Frage, welche Bedeutung die endlose und beliebige Wiederholbarkeit solcher Filmchen für ihre Massenrezeption konkret haben könnte. Gleichzeitig müsse erst noch genauer untersucht werden, welche Rolle die „authentische Fiktionalität“ solcher Artefakte für ihre Rezeption spiele, meinen Thomas und Virchow. Tatsächlich handelt es sich ja um Dokumente, deren Herkunft und mögliche Manipulation für den Zuschauer zunächst einmal vollkommen ungewiss bleibt. Wie genau also die „Emotionalität“ solcher Schnipsel erzeugt werde, und zwar sowohl bei der Produktion wie während ihrer Rezeption, bliebe erst noch zu eruieren. Eine weitere interessante Frage, die Thomas und Virchow stellen, ist die nach der Möglichkeit, dass sich die gesellschaftlichen Bewertungen von Kriegen bald wieder ändern könnten – und wie sich dies auf die Produktion oder auch die schriftliche Kommentierung von YouTube-Filmen durch die Zuschauer, die ebenfalls ein wichtiger Teil des Online-Phänomens ist, in Zukunft auswirken könnte.

Dass der Umgang mit umfangreichem statistischen Zahlenmaterial zunächst einmal viele Fragen aufwirft, zeigt auch der Beitrag, den Wolfgang Frindte, Jens Jirschitzka, Susan Gniechwitz und Nicole Haußecker zu dem Band beisgesteuert haben: „Terrorismus – mediale Konstruktionen und individuelle Interpretationen“. Nach einem beeindruckenden Wust von Zahlen, Tabellen, Diagrammen, Schemata und Analysen „clusterspezifischer Mittelwerte“ schreibt das Team am Schluss seines relativ ermüdenden Sammelsuriums nicht ohne Selbstironie: „Erst am Ende eines sehr umfangreichen und für Nichteingeweihte nicht immer klar nachvollziehbaren ‚Kampfes‘ mit der Datenvielfalt schälten sich Einsichten heraus, die plausibel, wenn auch nicht ganz unerwartet sind“.

Tatsächlich hat der große Aufwand ihrer Recherchen nicht viel mehr ergeben, als das, was man sich auch so schon leicht hätte denken können: Leute, die „Muslime generell ablehnen“, befürworteten auch leichter „militärische Einsätze und verschärfte Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen im ‚Kampf gegen den Terrorismus‘“. Oder: Ob sich Personen seit 9/11 stark vom Terrorismus bedroht sehen, hänge insbesondere davon ab, ob und wie oft sie die stark auf bloße Bilddramaturgien reduzierten Nachrichtensendungen des Privatfernsehens konsumierten. Überraschend erscheinen in diesem Zusammenhang eher kleine Nebenergebnisse wie etwa das, wonach öffentlich-rechtliche Sender den Terrorismus häufiger thematisieren als die privaten: Hier hätte man eher das Gegenteil erwartet. Allerdings bleibt die Schlussfolgerung, dass die medialen Dramatisierungen, wie sie die Privatsender wählen, wenn sie über den Terror berichten, in ihrer Publikumswirkung um so problematischer sei, letztlich wieder trivial.

Sicherlich enthält das Buch viele frappierende Einzelbeobachtungen, deren detaillierte Aufzählung in einer Rezension wie der vorliegenden gar nicht möglich ist – gerade auch, wenn man an jene Aufsätze denkt, die sich mit historischen und literarischen Themen befassen. Positiv festzuhalten bleibt auf jeden Fall das schwerpunktmäßige Interesse an neuen Kommunikationsformen wie dem Web 2.0, das in dem Band etwa durch Johanna Roerings fast schon zu ausführlichen Beitrag über „Technolibertäre Newsblogs“ in den USA unterstrichen wird. Informativ ist Roerings Aufsatz auch deshalb, weil man hier viel über eine ganze Online-Kultur von sogenannten Warrior Citizen Journalists in den Staaten erfährt, deren Blogs hierzulande noch kaum bekannt sein dürften und in ihrem eigentümlich technik- und waffenaffinen Verständnis des „Liberalismus“ aus europäischer Sicht befremdlich erscheinen müssen.

Auffällig sind in dem von Glunz und Schneider herausgegebenen Buch allerdings auch sprachliche und inhaltliche Schwächen in einzelnen Beiträgen, die darauf hindeuten, dass man es bei der Lektüre zum Teil mit Elaboraten offenbar noch relativ unerfahrener Autorinnen und Autoren zu tun hat, die hier erste publizistische Schritte versuchen durften. Letzteres ist im Sinne der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung selbstverständlich zu begrüßen. Aber es vermittelt in dem allgemein so niveauvoll gestalteten und illustrierten Band doch auch einen gewissen Eindruck redaktioneller Nachlässigkeit, wenn da etwa in Martin Bayers Aufsatz über Kriegs-Computerspiele zu lesen ist, die alternativlose Gewaltdramaturgie der meisten handelsüblichen Videospiele werde „gern mokiert“ (anstatt „moniert“), gefolgt von dem an vergleichbare Mängel in BA-Abschlussarbeiten erinnernden, windschief anmutenden Satz: „Wie in allen Genres und Medien gibt es aber auch bei Computerspielen nicht nur Überflüssiges, sondern auch stärkere Vertreter, die sich auf intelligente Weise mit ihrem Sujet auseinandersetzen.“

Dies ist ein Misston, zumal man solche Formulierungen oft erst zweimal lesen muss, um überhaupt zu begreifen, welche sprachlichen Ungenauigkeiten dazu geführt haben, dass man sich plötzlich so irritiert fühlte: „In Strategiespielen mag es einfacher fallen, das durch den Krieg erzeugte Leid auszublenden“, lautet Bayers nächste Formulierung. Kann etwas „einfacher fallen“? Natürlich nicht. Es müsste heißen: „leichter fallen“ – und so weiter.

Besonders Wissenschaftler, die als universitär Lehrende ohnehin alltäglich mit solchen verstörenden Anflügen von Legasthenie konfrontiert und anzunehmen geneigt sind, dies rühre von der gewandelten medialen Sozialisierung der Studierenden her, die eventuell zu viel vor solchen Computerspielen gesessen haben, wie sie Bayer in seinem Text alles in allem auffallend wohlwollend beschreibt, möchten solche Dinge in so einem Beitrag nicht schon wieder unfreiwillig bestätigt sehen. Tatsächlich verharrt der Aufsatz wie auch einige weitere in dem Band in einem größtenteils eher unkritischen oder rein deskriptiven, resümierenden Modus, wobei die konkrete Analyse und eigenständige, forschungsgestützte Kommentierung des untersuchten Gegenstands bestenfalls in Spurenelementen feststellbar ist.

Paradigmatisch ist hier auch der Beitrag von Germain Nyada, in dem der Autor zum Beispiel am Ende in einer ziemlich rätselhaften Fußnote auf einen Text von Jürgen Habermas verweist, der bereits 1971 erschien, also eher schon wieder selbst historisch eingeordnet werden müsste. Was aber die Anmerkung mit dem ebenfalls nur sehr vage formulierten Schlusssatz des Beitrags zu tun haben soll, auf den sie sich bezieht, ist im Kontext höchstens erahnbar. Im Beitrag selbst finden sich abermals sprachliche Unebenheiten, die in dem Manuskript, das von den Herausgebern zum Druck befördert wurde, einfach nicht hätten stehenbleiben dürfen. So heißt es hier etwa an einer Stelle, an der von den Figuren in einem Film die Rede ist, der die Problematik von Kindersoldaten in Afrika verhandelt, jemandem seien „die Füße bis zu den Oberschenkeln amputiert“ worden.

Auf solchen Details an dieser Stelle so ausführlich herumzureiten, mag beckmesserisch, wenn nicht sogar unfair erscheinen. Doch auch allgemein bleibt der konkrete Informationsgehalt einiger Texte des Bandes, die sich nach ihrer Publikation am Stand der Forschung messen oder zumindest mit einer kritischen Durchsicht des aktuellen Pressegefälles abgleichen lassen müssen, ungenügend. So versammelt etwa Heinrich Plackes programmatischer Beitrag über die bildpolitischen Vertuschungen von Wahrheiten in modernen Medienkriegen zu Anschauungszwecken zunächst einmal viele wichtige Beispiele, die allerdings größtenteils nicht neu, sondern bloß relativ gut zusammengefasst sind. Besonders aber enttäuscht es in diesem Fall, dass gerade in einem solchen Aufsatz, der dadurch überzeugen müsste, dass er mediale „Wahrheitsmaschinen“ im Sinne des Sammelband-Titels auch allgemein als solche der Lüge durchschaut und analysiert, im Falle des Nahostkonflikts automatisch in den Chor der allgemeinen „berechtigten Israelkritik“ einfällt.

So verweist Placke in einer Fußnote allen Ernstes auf den umstrittenen südafrikanischen Richter Richard Goldstone als Stichwortgeber für die Anklage angeblicher israelischer „Kriegsverbrechen“ – nicht ohne zu erwähnen, dass dieser „selbst Jude“ sei. Wahrscheinlich war die Redaktion des Sammelbands bereits abgeschlossen, als im Mai 2010 die israelische Zeitung „Yedioth Ahronoth“ darauf aufmerksam machte, dass Goldstone als Richter im Apartheidsstaat Südafrika insgesamt 28 Todesurteile verhängt sowie vier Angeklagte zu Peitschenstrafen veruteilt habe, und dass daher der nach ihm benannte „Goldstone-Bericht“ über angebliche Menschenrechtsverletzungen Israels vielleicht doch auch einer sein könnte, der selbst mit zweierlei Maß misst. Trotzdem ist es auffällig, dass Plackes Fußnote der hierzulande in der Presse üblichen Strategie folgt, den Vorwurf antizionistischer oder gar tendenziell antisemitischer Kritik an Israel aus dem Weg zu gehen, indem man emsig Ankläger verschiedenster Herkunft und Couleur präsentiert, die schließlich „selbst Juden“ seien – als sei dies eine Entkräftung des möglichen Vorwurfs der Unverhältnismäßigkeit ihrer Vorwürfe.

Genau solche Medienphänomene aber wären in Plackes Aufsatz genauer zu analysieren gewesen: Warum schenkt der Autor in seinem Beitrag stattdessen dem Leiter der Rechtsabteilung des „palästinensischen Menschenrechtszentrums in Gaza“, Ijad al-Alami, der unermüdlich Material zur Beweisführung gegen israelische Militärvergehen sammelt, offenbar mehr Glauben als der von alltäglichen Terror- und Raketenangriffen aus dieser Zone bedrohten israelischen Seite, die derzeit in der ganzen Welt stets notorisch ‚an allem schuld‘ sein soll? Von den aktuellen Erregungen über die bereits erwähnte „Free-Gaza“-Flotille möchte man gar nicht erst reden und sich lieber auch nicht vorstellen, was Placke dazu geschrieben hätte, wenn er dazu noch Zeit gehabt hätte.

Wie man sieht, wird es auch in Zukunft bei der Untersuchung von Kriegsdarstellungen als „Wahrheitsmaschinen“ noch allerhand zu diskutieren geben. Dass auch der von Glunz und Schneider publizierte Sammelband viel Material dazu liefert sowie Fragen stellt, deren genauere Beantwortung erst noch aussteht, macht ihn zwar nicht unbedingt zum Meilenstein – aber sehr wohl zu einer weiteren Veröffentlichung, auf die zurückzukommen sich noch einmal lohnen könnte. Auch wenn es am Ende doch zu verführerisch erscheinen mag, angesichts des Publikationsthemas noch einmal aus Thomas Bernhards „Der Keller“ zu zitieren: „Nur die Theorien verstümmeln, was doch so klar ist, die Philosophien und die Wissenschaften insgesamt, die sich der Klarheit in den Weg stellen mit ihren unbrauchbaren Erkenntnissen. […] Wir haben von Aufrichtigkeit und von Klarheit geträumt, aber es ist beim Träumen geblieben.“

Titelbild

Claudia Glunz / Thomas F. Schneider (Hg.): Wahrheitsmaschinen. Der Einfluss technischer Innovationen auf die Darstellung und das Bild des Krieges in den Medien und Künsten.
V&R unipress, Göttingen 2010.
328 Seiten, 41,00 EUR.
ISBN-13: 9783899715903

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