Pech mit Profis

Richard Starks neuer Parker-Krimi „Irgendwann gibt jeder auf“ unterhält stil- und treffsicher

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es geht Schlag auf Schlag. Denn Parker braucht Geld, und zwar schnell. Zuerst fährt er mit einem Bagger in ein Waffengeschäft, um sich Waffen zu besorgen, dann raubt er die Firma Check Cashing aus und schießt einem Wachmann ins Bein, dann holt er sich Drogengeld: „Wissen Sie, wem das Geld gehört?“, fragt der eine Kurier. „Mir“, sagt Parker. Nach dem Überfall auf ein Multiplex-Kino kann er sich endlich auf den Weg machen. Es geht nicht um Rache. Es geht nur darum, dass Carlson, Ross und Melander ihn um sein Geld betrogen haben und er es sich zurückholen will.

Normalerweise hat Parker Pech mit Amateuren. Er selbst ist Profi: Wenn er jemanden erschießen muss, tut er es, sonst hält er sich zurück. Nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus Pragmatismus: „Er wollte die Waffe nicht benutzen, wenn er nicht unbedingt müsse, weil auch das ein Muster werden konnte, eine Serie von Raubüberfällen, die alle damit begannen, dass eines der Opfer angeschossen wurde.“ Ein Pragmatiker.

Diesmal aber hat er Pech mit Profis. Drei Männer haben ihn angeheuert und dann seinen Anteil einbehalten. „Als Darlehen“, weil sie das Geld für einen richtig großen Coup brauchen. Dummerweise haben sie ihn nicht gleich erschossen: Jetzt nimmt er sich, was ihm zusteht. Aber auch dabei geht nicht alles glatt. Denn als er seinen falschen Pass abholen will, gerät er in eine andere Geschichte, bei der vier Männer erschossen werden. Und als er sich verkleidet in Palm Beach einnisten will, wo der große Coup stattfindet, wird er angeschossen und kommt ins Krankenhaus. Aus Not tut er sich mit der Maklerin Lesley zusammen, die über ihn aus ihrem miesen Leben herauskommen will. Dass er dann auch noch von einer rechtsradikalen Miliz und einem Provinzpolizisten gerettet wird, ist nur eine der vielen ironischen Wendungen, die es in den Parker-Krimis von Richard Stark (eigentlich: Donald E. Westlake) immer wieder gibt.

Sie alle haben einen trockenen, manchmal sarkastischen Witz, der sich nicht nur darin zeigt, dass Parker zwar alles bedenkt, aber doch nicht alles berechnen kann: Das Leben ist immer komplizierter. Sondern auch in der süffisanten Beschreibung der reichen Müßiggänger Floridas, die ihren eigenen Moralcode haben: Es kommt nicht darauf an, dass einer reich ist, sondern dass man dem Geld nicht mehr anmerkt, dass es erarbeitet wurde. Deswegen kam Donald Trumpp auch nie an bei ihnen: viel zu sehr „prolo, der Mann“.

Auch dieser sechste Band der Reihe vermeidet all das, was allzu viele andere Krimis haben: ausufernde Beschreibungen, unglaubhafte Dialoge, platte Charaktere und den Abstieg in das, was ein besonders klischeehafter, deutscher Krimiautor mal „die eigenen Dämonen“ genannt hat: eigene, breitgetretene, psychische Probleme der abgeschmacktesten Art. Stattdessen gibt es flotte Handlungen, einen ausgefeilten Plot, knappe Dialoge und als besondere Würze immer wieder überraschende Wendungen.

Titelbild

Richard Stark: Irgendwann gibt jeder auf. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Rudolf Hermstein.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2010.
270 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783552055186

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