Parallelwelten und Pubertäts-Chaos

Henning Heske nimmt die gegenwärtige Kinder- und Jugendliteratur unter die Lupe

Von Jutta LadwigRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jutta Ladwig

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Beim Thema Kinder- und Jugendliteratur denken viele Leser unweigerlich an Harry Potter oder die „Twilight“-Romane von Stephenie Meyer. Diese Titel, oft auch als All-Age Fantasy eingestuft, da sie Teenager wie Erwachsene in ihren Bann ziehen, sind jedoch nur eine kleine Auswahl dessen, was die Kinder- und Jugendliteratur tatsächlich zu bieten hat. Der Journalist und Autor Henning Heske stellt in seinem Buch „Die Sache mit Hogwarts und den Vampiren“ weitere Titel vor.

Die Publikation ist nach drei thematischen Schwerpunkten gegliedert: Parallelwelten, Gefühlswelten und Kindheitsbilder. Heske kommentiert und analysiert einzelne Titel, stellt verschiedene genretypische Motive vor und legt dar, wie diese in den einzelnen Erzählungen verwendet werden.

Die Kapitel lassen sich flüssig lesen, Heskes Beobachtungen sind nachvollziehbar dargestellt. Allerdings sind die Beiträge zu kurz. Oftmals werden Themen nur oberflächlich gestreift und angeschnitten. Hier wären weitere Ausführungen und Erläuterungen wünschenswert.

Auf einen Vergleich oder eine allgemeine Charakterisierung der Themen und Motive im literaturwissenschaftlichen Kontext verzichtet Heske bedauerlicherweise. So wirft seine Analyse von Martina Wildners „Michelles Fehler“ die Frage auf, warum die von Wildner erschaffene Parallelwelt in diesem Zusammenhang fehlerhaft beziehungsweise kein gelungenes Beispiel ist. Was zeichnet Parallelwelten aus, warum sind sie in der Kinder- und Jugendliteratur wichtig und was wird damit bezweckt? Antworten erhält man in dem kurzen Kapitel über J. K. Rowling und ihre, Heskes Meinung nach, gelungene Parallelwelt der „Harry Potter“-Romane leider auch nicht. Unklar bleibt ebenfalls wie sich Stephenie Meyers „Bis(s)“-Romane in diesen Themenkomplex einfügen lassen.

Die ersten beiden Kapitel wurden bereits in der Zeitschrift „Literatur im Unterricht“ veröffentlicht. Für diese Publikation bei Books on Demand wurde das dritte Kapitel in Erstveröffentlichung hinzugefügt. Die Ankündigung des Klappentexts, Heske ginge dem Zauber der heutigen Kinder-und Jugendliteratur nach, ist jedoch irreführend. Viel mehr stellt der Autor diverse Titel vor, in denen bestimmte Motive verwendet werden. Dies eignet sich für den Laien als erster kleiner Überblick auf dieses Genre und der damit beschäftigten Forschung. Auch liefert Heske vereinzelt Ansatzpunkte für weitere und ausführlichere literaturwissenschaftliche Untersuchungen in den verschiedenen Themenbereichen.

Wer bei Henning Heskes Studie „Die Sache mit Hogwarts und den Vampiren. Über Kinder-und Jugendliteratur“ einen ausführlichen Essay über die gegenwärtige Jugendliteratur und deren Faszination erwartet, wird enttäuscht sein. Wer allerdings in dieses Genre und seine Erforschung einmal hineinschnuppern möchte, kann sich hier einen ersten Eindruck verschaffen.



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Henning Heske: Die Sache mit Hogwarts und den Vampiren. Über Kinder- und Jugendliteratur.
Books on Demand, Norderstedt 2010.
52 Seiten, 5,90 EUR.
ISBN-13: 9783839180259

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