„Die Entzauberung des Ostens“ – Behrang Samsami legt eine Studie vor, die das Orientbild bei Hermann Hesse, Armin T. Wegner und Annemarie Schwarzenbach anhand ihrer authentischen und fiktiven Reisetexte untersucht

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gerät der Orient stark in den Fokus der westlichen Welt. Ein vielfältiges Interesse herrscht für alles, was mit dieser Region zu tun hat. So zieht sie die Aufmerksamkeit nicht nur infolge tradierter fantastischer Vorstellungen auf sich. Anteil an dieser Faszination haben auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Orient als „Wiege der Menschheit“ und „Märchenland von Tausendundeiner Nacht“ vermehrt in das Blickfeld rücken. Doch sind es im Zeitalter des Imperialismus und Kolonialismus ebenfalls der Reichtum an Rohstoffen verbunden mit seinem politischen, wirtschaftlichen und militärischen Rückstand zum Westen, was den Orient für westliche Großmächte so attraktiv macht.

Zeitgleich setzen sich westliche Intellektuelle intensiv mit den Kulturen und Religionen, Philosophien und Literaturen des Orients auseinander. Angesichts der rasanten gesellschaftlichen Veränderungen infolge der Industrialisierung und Modernisierung in der westlichen Welt wird der Osten von ihnen als ursprünglich, statisch und harmonisch empfunden. Und so kann die Beschäftigung und Bereisung des Orients einer Vielzahl von Philosophen, Schriftstellern und Künstlern in geradezu idealtypischer Weise scheinbar eine der Zeit entrückte Gegenwelt der Einfachheit und Ruhe, Übersichtlichkeit und Stabilität bieten. Die persönliche Erfahrung des Ostens wird also nicht zuletzt auch als Strategie angesehen, um vielfältige Defiziterfahrungen zu bewältigen.

Die vorliegende Studie setzt an dieser Stelle an und untersucht bisher kaum erforschte, authentische und fiktive Reisetexte von Hermann Hesse (1877-1962), Armin T. Wegner (1886-1978) und Annemarie Schwarzenbach (1908-1942). Analysiert wird ihre Wahrnehmung und die Darstellung von urbanen Zentren und ländlichen Regionen, von einheimischen Völkern und Glaubensgemeinschaften sowie der aus dem Westen stammenden Kaufleute und Militärs, Emigranten und Abenteurer, Wissenschaftler und „Aussteiger“. Ein besonderes Augenmerk wird in diesem Zusammenhang auf das Verhältnis von traditionellem Leben und der rasanten Verwestlichung dieser Region geworfen. Schließlich wird beleuchtet, wie sich die Orientreisen jeweils auf das Leben und Werk der drei hier ausgewählten Schriftsteller auswirken beziehungsweise wie ihr Fazit letztendlich ausfällt.

Titelbild

Behrang Samsami: Die Entzauberung des Ostens. Der Orient bei Hesse, Wegner und Schwarzenbach.
Aisthesis Verlag, Bielefeld 2011.
430 Seiten, 45,00 EUR.
ISBN-13: 9783895287992

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