Autorenbilderbücher
Der Deutsche Kunstverlag wagt sich mit einer neuen Reihe auf den Markt: „Leben in Bildern“ muss freilich noch um seinen Platz kämpfen
Von Walter Delabar
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseDen Markt der Autorenbücher hat seit Jahrzehnten der Rowohlt Verlag mit den Rowohlt-Monografien einigermaßen beherrscht. Die enge Verbindung von Biografie und Werk, von werkbiografischem Essay, historischen Dokumenten und Bildern, zusammengefasst auf gut 100 Seiten, hat sich zudem als erste Orientierung zu zahlreichen Autoren, Künstlern, Politikern und anderen historischen Persönlichkeiten bewährt. Für den Erfolg der Reihe war sicherlich die hohe Anschaulichkeit mit verantwortlich, die mit dieser Mischung erreicht wurde. Mit den Jahrzehnten ist zudem die mehrmalige Umstellung auf die jeweils vorherrschende Darstellungsweise einigermaßen gut gelungen. Gelegentlich reichte dafür eine Überarbeitung, hin und wieder musste auch ein neuer Autor ran, um die alte durch eine neue Monografie zu ersetzen.
In der Vergangenheit hat es immer wieder Versuche gegeben, in diesen Markt einzubrechen. Hanser versuchte sich in den späten 1970er-Jahren mit Autorenbüchern, die allerdings wieder eingestellt wurden, jüngst hat der Suhrkamp-Verlag eine Reihe gestartet, die allmählich Zuwachs erhält.
Dem entgegengesetzt sind die bildlastigen Dokumentationen im großen Format, die etwa zu Thomas Mann, Franz Kafka, Bertolt Brecht oder Gottfried Benn erschienen sind und deren Leben umfassend präsentieren. Prachtbände mit repräsentativem Hintergrund, die das Leben der Autoren hinreichend gediegen vorstellen. Die Marbacher Kataloge, deren Schwerpunkt bei der Präsentation der Materialien liegt, kommen hinzu.
Zwischen kleinformatigem Informationsmittel und großformatigem Bildband sind freilich zahlreiche Varianten denkbar – bleibt nur die Frage, ob sie irgendeinen Nutzen und damit eben auch eine Chance haben, sich durchzusetzen. Und das ist genau die Frage, die anhand der beiden nun vom Deutschen Kunstverlag vorgestellten Bände beantwortet werden muss, die die Reihe „Leben in Bildern“ eröffnen.
Die ersten beiden Bände widmen sich Gottfried Benn und Alfred Döblin, mithin zwei großen Autoren des 20. Jahrhunderts, verfasst vom Reihenherausgeber Dieter Stolz (Döblin) und von dem Kulturjournalisten Jörg Magenau (Benn). Die Bände sind knapp gehalten, ein umfassender, gut lesbarer biografischer Essay bildet das Rückgrat der Bände, zahlreiche Abbildungen, ein tabellarischer Lebenslauf und eine Auswahlbiografie sollen die Nutzbarkeit der Bände sicher stellen.
Das ganze Habit ist auf Dignität abgestellt, die Fotos sind ins vornehme Sepia getaucht, der feste Einband signalisiert Haltbarkeit, das große Format fordert die herausgehobene Platzierung im Bücherregal. Diese Bände wollen sich nicht einreihen, sondern wollen gesehen werden. Dem entsprechen die Essays, die Stolz und Magenau beigetragen haben. Sie suchen den biografischen Gestus und sind im Ganzen einigermaßen chronologisch orientiert. Die Verbindung von Leben und Werk steht im Vordergrund, und damit ein vom Feuilleton geförderter Zugriff, der einen Tzvetan Todorov seinerzeit noch zu deutlichen Worten gereizt hatte (er hatte so etwas aus dem Paradies der Literaturwissenschaft ausgetrieben). Stolz kann, was das angeht, sogar auf seinen Gegenstand verweisen, der sich selber zugunsten seiner Bücher zurückgenommen habe. Was aber niemanden davon abhält, sich auch den Unprätentiösen aufs Korn zu nehmen.
Magenau und Stolz positionieren sich und ihr Bild ihrer Autoren zudem, indem sie auf dem biografischen Gerüst ein hinreichend systematisches Raster aufsetzen: Gegen Döblins Religiosität und seine enttäuschende Rückkehr aus dem Exil rücken sein Werk und sein Werkansatz in den Hintergrund. Benns Müdigkeit wird als Habitus thematisiert, seine Frauengeschichten, seine kurze Liaison mit dem Nationalsozialismus und seine Rückkehr ins literarische Geschehen nach 1950.
Die Fotografien erzählen zum Teil eben andere, ergänzende Geschichten – Döblin in der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste neben der große Dame der deutschen Literatur, Ricarda Huch, der Dichter Benn auf den Ausflügen. Gelegentliche Verweis auf das, was diese Autoren ausmacht, kommen hinzu: Benn-Manuskripte auf der Speisekarte der Stadthalle Hannover, der Umschlag von Döblins berühmtesten Buch, „Berlin Alexanderplatz“.
Alles das ist hübsch, die Essays sind gediegen und gut lesbar. Stolz’ Text ruht sichtlich auf den Textzeugnissen Döblins, während Magenaus Zugriff sichtlich von Klaus Theweleit geprägt ist. Allerdings liegt genau hier das Problem der Bände: Als Einführungen sind sie nicht wissenschaftlich genug, als Essays treten sie zu großspurig auf, als repräsentative Bände sind sie nicht voluminös genug. Mit ihrem Verkaufspreis positionieren sich in einem mittleren Segment an, nicht zu teuer und nicht zu dick.
Aber genau darin besteht eben auch ihr Problem, nämlich dass sie weder das eine wollen, noch das andere können. Als Hilfsmittel treten sie zu großspurig auf, als Repräsentationsbuch sind sie zu schmal. Wer sich diese Bände kaufen will, wird einen Grund dafür haben, erkennbar ist ein Nutzen jedoch auf den ersten Blick nicht. Und dafür tut es einem leid.
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