Parade-Macho auf tragischen Abwegen

Der bissig-satirische Debütroman „Gruber geht“ der österreichischen Journalistin Doris Knecht ist eine subtile Demontage von Geschlechterkampfklischees

Von Barbara TumfartRSS-Newsfeed neuer Artikel von Barbara Tumfart

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

„Gruber geht“ ist der beeindruckende Debütroman der österreichischen Journalistin Doris Knecht, deren Kolumnen in österreichischen Tages- und Wochenzeitungen die Leserschaft durch ihre pointierten und bissig-satirischen Seitenblicke auf die heutige Gesellschaft unterhalten. In dem etwa 240 Seiten fassenden Erstlingswerk steht der Mittdreißiger John Gruber, ein Macho der besonders unangenehmen Art, ein überlässiger Dandy, bestverdienender Jungmanager, stets durchgestylter Maßanzugträger und überzeugter Porsche-Fahrer im Mittelpunkt. Seiner Umwelt und seinen Mitmenschen, wenn er sie in seiner grenzenlosen Ichbezogenheit überhaupt wahrnimmt, steht er nur abwertend gegenüber und Frauen stellen für ihn lediglich gehirnlose Sexobjekte dar, an denen er seine vermeintlich unvergleichliche Männlichkeit unentwegt zu erproben versucht. Für seine Familie findet er nur spärlich Zeit, lediglich die um drei Jahre ältere Schwester Kathi scheint ihm nahe zu stehen.

Doch das wohlinszenierte Superman-Image bekommt jäh einen empfindlichen Dämpfer. Schmerzen im Bauch entpuppen sich als bösartiger Tumor und die Krebsdiagnose zerrüttet Grubers zynische Machowelt bis auf die Grundfesten. Während einer Geschäftsreise in Zürich lernt er die Berlinerin Sarah kennen und verbringt eine Nacht mit ihr. Das Schicksal will es, dass ausgerechnet sie den Brief vom Krankenhaus mit der unheilvollen Diagnose öffnet. Die kurze aber stürmische Affäre scheint beendet, Gruber kehrt ernüchtert nach Wien zurück und beginnt mit der Krebstherapie, doch erst die dritte Chemotherapie bringt den Tumor zum Verschwinden. Endgültig aus der Bahn wirft Gruber aber die Aussicht, womöglich bald Vater zu werden.

In flapsiger, rasanter Sprache entführt Knecht den Leser in die Innenwelten eines überzeugten Machos und Egomanen, kombiniert seine zynisch-oberflächlichen Gedanken aber geschickt und kontrastreich mit dem weiblichen Blick auf die Geschichte, wenn sie sowohl Grubers Schwester, als auch Sarah zu Wort kommen lässt.

Gruber wird gesund, er besiegt den Krebs, soviel sei hier verraten. Er hat durch die harte Schule der Krankheit viel gelernt, hat ein wenig von seiner antrainierten aalglatten Oberflächlichkeit verloren. Ob er den großen Schritt in Richtung Liebe, Beziehung und Familie auch schafft, sei dahingestellt.

Unterhaltsam ist Knechts Debütroman allemal, lehrreich auch. Denn so einseitig ihre Analyse der „Männerwelt“ auf den ersten Blick erscheint (die dann doch nicht nur aus Sex, Alkohol und Sportautos besteht), so sind auch die Frauenfiguren Vorurteilen gegenüber dem anderen Geschlecht nicht abgeneigt. Klischees auf beiden Seiten des Geschlechterkampfes werden hier höchst subtil demontiert. In Kombination mit der für Knecht typischen, alle Schichten umfassenden Gesellschaftskritik ergibt sich ein unterhaltsames, zeitkritisches Buch, das durch Sprachwitz und Ironie den Leser gekonnt unterhält. Auf den ersten Blick leicht gängige zeitaktuelle Lesekost, auf den zweiten beeindruckende Literatur über die alles umfassenden, ewig gültigen Themen von Liebe, Leben und Tod.

Titelbild

Doris Knecht: Gruber geht. Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2011.
240 Seiten, 16,95 EUR.
ISBN-13: 9783871346910

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch