Ein Fisch, eine Auftragsmörderin und viele Briefe
Andrea Camilleri und Carlo Lucarelli haben mit „Das süße Antlitz des Todes“ zusammen einen Krimi hingeschludert
Von Georg Patzer
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseAndrea Camilleri ist ja ein sehr produktiver Autor. Manche sagen, ein Vielschreiber. Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass zwei, drei neue Bücher von ihm erscheinen. Da versteht man, dass nicht alles von gleicher Qualität sein kann. Aber so ein konfuses Buch wie der letzte Krimi ist bei ihm noch nicht dabeigewesen.
Wahrscheinlich liegt es zum großen Teil an der Struktur. Denn die ist, wie sein Verleger Daniele di Gennaro am Schluss erzählt, dadurch entstanden, dass Camilleri irgendwann den in der Nähe von Bologna lebenden Krimiautoren Carlo Lucarelli getroffen hat. Sie unterhielten sich gut und amüsierten sich prächtig, bis di Gennaro sich „nicht mehr zurückhalten kann und den beiden die schicksalhafte Frage“ stellt: „Wie würden sich eure Hauptfiguren Salvo Montalbano und Grazia Negro eigentlich verhalten, wenn sie beide gemeinsam auf eine Leiche stießen?“ Natürlich bissen die beiden an: „Und dann sprudelte es nur so aus ihnen heraus: jede Menge Ideen, Fakten, Szenarien.“
Und das ist das Problem: Über lange Zeit hinweg, in denen sie mit anderen Projekten, Büchern, Filmen, beschäftigt waren, haben sie dieses Buch gemeinsam geschrieben, indem sie sich Briefe schrieben, der eine als Salvo Montalbano aus Sizilien, der andere als Grazia Negro. Herausgekommen ist nicht mehr als ein Flickwerk, ein chaotisches, sprunghaftes Buch aus lauter Briefen, das weder einen roten Faden besitzt noch eine stringente Handlung oder lebendige, tragfähige Charaktere. Es ist die wirre Story eines Mordes an einem Spediteur, den Grazia Negro aufklären muss. Sie bittet Montalbano um Hilfe, weil er nicht in den Fall selbst und die Polizeibehörden im Norden Italiens verwickelt ist. Denn schnell wird es kompliziert und bedrohlich, es mischen sich Geheimdienste ein, Grazia hat einen mysteriösen Autounfall, eindeutig ein Anschlag auf ihr Leben, und Montalbano muss Geheimnachrichten an sie in Cannoli (das ist ein süßes sizilianisches Gebäck) verstecken. Dann tritt noch ein seltsamer Fisch auf und eine Auftragsmörderin, die Montalbano von früher kennt.
Die beiden Autoren, die jeder für sich durchaus beachtliche Krimis geschrieben haben, schaffen es aber leider nicht, auch nur einen halbwegs klaren Roman zusammen zu komponieren. Im Gegenteil, fast jeder Brief des einen führt den Fall in noch abstrusere Zusammenhänge (oder das Gegenteil davon), und der andere muss sehen, wie er darauf antworten kann – im Nachwort erzählt der Verleger von den „Hieben“, die die Briefe darstellen, und der Verlegenheit des Autoren, der ihm Paroli bieten muss und den anderen in Schwierigkeiten bringen.
Das mag für die beteiligten Autoren ein großer Spaß gewesen sein, für die Leser ist diese Schludrigkeit einfach nur ärgerlich und eine Zeitverschwendung – wenn er es denn überhaupt durchhält. Es lohnt sich nicht.
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