Von Zwergen und Rittern, Burgen und Schlössern

Michael Köhlmeier versammelt in „Sonntagskind“ 48 Märchen und Sagen aus ganz Österreich

Von Bernd HeinrichRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bernd Heinrich

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sie wurden immer wieder weitererzählt – Märchen, Sagen und Legenden. Die Rede ist von Sonntagskindern und Teufeln, Zwergen und Gespenstern, Rittern und Geistern, Bettelmönchen und Handwerksburschen, Hund und Katz’, Gold und Eisen, Burgen und Schlössern.

Der begnadete Meistererzähler Michael Köhlmeier, ein unermüdlicher und ungemein fleißiger Sagen- und Märchensammler, -kenner und -erzähler wie kaum ein anderer heutzutage, hat sich die Geschichten aus der Steiermark und Tirol, Salzburg, Oberösterreich und Innsbruck, Graz, Vorarlberg und Kärnten und aus dem Burgenlandkreis erzählen lassen und in „Das Wunderkind“ niedergeschrieben. In jeder der geradezu klassischen bis weitgehend unbekannten Geschichten erzählt der studierte österreichische Politikwissenschaftler, Germanist, Mathematiker und Philosoph auch von sich, schweift ab, fabuliert, bereichert den Originaltext mit seiner Fantasie. Er entfernt sich von der Urfassung und kehrt auf allerlei verschlungenen Ab- und Umwegen zurück zu ihr.

Ebenso vielschichtig, lebendig, kurzweilig, unterhaltsam, abwechslungsreich, ja, im positiven Sinne umtriebig, wie die Texte daherkommen, liest sich die (unvollständige) Auflistung des Köhlmeier’schen Kunstschaffens. Neben fast drei Dutzend Novellen, Romanen und Erzählungen, weiteren Feuilletons und kürzeren Texten, Hörspielen und Drehbüchern, auch mehreren Liedtexten schrieb der Vorarlberger die Oper „ioipipoppiopoipi“ und das Libretto zur Oper „Die Welt der Mongolen“.

Der Superlative ist kein Ende: BR-alpha sendet seit 2007 eine 80-teilige Sendereihe „Mythen – Michael Köhlmeier erzählt Sagen des klassischen Altertums“. Das gleichnamige, ungeheuer erfolgreiche Buch ist ins Französische, Griechische, Spanische, Rumänische, Slowenische, Türkische und Koreanische übersetzt worden. Für sein bisheriges Schaffen wurde der in Hohenems und Wien lebende freie Schriftsteller unter anderem mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis, dem Anton-Wildgans-Preis, dem Grimmelshausen-Preis, dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien und zuletzt 2011 mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis geehrt.

In „Das Sonntagskind“ begegnen wir dem lieben Augustin, Kaiser Friedrich Barbarossa, den Königen Leopold V. von Österreich und Richard von England. Wir lesen die traurig-tragische Geschichte vom herzensguten Sebastian Inwendig, erfahren, was sich hinter der Bezeichnung Raudale verbirgt, was es mit dem Schusterstein bei Grein über der Donau auf sich hat und dass Hagebutten in Österreich Hetscherln heißen. Dem Vernehmen nach enthält der 320 unterhaltsame Seiten starke Band neben 47 weiteren Geschichten „das geheimste aller geheimen Märchen“ und am Ende geht es in der allerletzten „zum letzten Mal um den Teufel, den Hund den dreckigen, den verdammten Saubeutel, den affenarschigen Rotkopf“.

Titelbild

Michael Köhlmeier: Das Sonntagskind. Märchen und Sagen aus Österreich.
Deuticke Verlag, Wien 2011.
319 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783552061569

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