Doppelt tot

Karen Slaughters Thriller „Tote Augen“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wie so oft macht Karin Slaughter ihrem Namen alle Ehre. Sie hält sich weder mit Aktion noch mit Blut zurück und beglückt den Leser mit ausgesprochen differenzierten Szenarien der Angst. Seit sie mit „Belladonna“ das Parkett der Kriminalliteratur betreten hat, darf man auf ihre neuen Bücher gespannt sein. So auch im Fall des Romans „Tote Augen“. Im Zentrum der Geschichte stehen drei schon aus ihren vorherigen Romanen bekannte Protagonisten. Die Ermittlungen bei der Entführung von zwei Frauen werden von Will Trent und Faith Mitchell vom Georgia Bureau of Investigation aufgenommen. In den Fall involviert ist die Kinderärztin, Rechtsmedizinerin und Notfallärztin Sara Linton, die drei Jahre nach der Ermordung ihres Mannes in jenem Krankenhaus in Atlanta arbeitet, in welches eines der Opfer zu Beginn des Romans eingeliefert wird.

Am Anfang steht ein Verkehrsunfall. Eine junge Frau wird von einem Ehepaar überfahren. Das Unfallopfer trägt aber nicht nur die Folgen des Aufpralls, sondern zahlreiche Folterspuren am Körper. Die Frau wird in die Klinik eingeliefert, wo sie von Sara Linton versorgt wird. Kurze Zeit später wird eine zweite Frau entdeckt, deren Körper ähnliche Folterspuren aufweist. Beide Opfer sind darüber hinaus noch unterernährt und einer der Frauen wurde eine Rippe herausgebrochen. Als wenig später auf einem Parkplatz eine dritte Frau entführt wird und das Ermittlerteam immer mehr unter Druck gerät, können Trent und Faith erste Hinweise auf Gemeinsamkeiten bei den Opfern feststellen. Alle entführten Frauen waren Mitglieder in einer Online-Community, die sich mit dem Thema Magersucht auseinandersetzt.

Karin Slaughter schafft es, den Alltag ihrer Ermittler mit wissenschaftlicher Analyse ebenso zusammenzubringen, wie mit der trockenen Beschreibung der Aussichtslosigkeit dem Bösen gegenüber: „Entführungen von Fremden waren allerdings anders. Diese Fälle waren schwieriger zu lösen, vor allem, wenn es mehr als ein Opfer gab. Serienmörder waren schon per Definition gut in dem, was sie taten. Sie wussten, dass sie morden würden. Sie wussten, wen sie ermorden würden, und sie wussten genau, wie sie es tun würden. Sie hatten es immer und immer wieder getan und dabei ihre Fähigkeiten perfektioniert. Sie wussten, wie sie der Entdeckung entgingen, Spuren verwischten oder überhaupt keine hinterließen. Sie zu finden war eher ein Fall schieren Glücks seitens der Ermittler oder von Selbstgefälligkeit seitens des Mörders.“

Slaughter bringt in ihrem neuen Roman die bisher in verschiedenen Erzählungen agierenden Protagonisten zusammen. Dabei bleiben zwar manchmal persönliche Beweggründe der Charaktere etwas unbestimmt und manche Situationen hätte man sich etwas ausgearbeiteter gewünscht, aber letztendlich ist ihr ein äußerst spannender Thriller gelungen, dessen Figuren noch ein großes Potential an Entwicklungsfähigkeit besitzen. Was machen Will, Faith und Sara jetzt? Wie geht’s weiter? Auf jeden Fall spannend und unterhaltsam.

Titelbild

Karin Slaughter: Tote Augen. Thriller.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Klaus Berr.
Blanvalet Verlag, München 2011.
573 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783764503437

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