„Es gibt keine glückliche Liebe“

Mit seinem ,Sommerdialog‘ „Die schönen Tage von Aranjuez“ hat Peter Handke ein allegorisches und poetisches Stück geschrieben

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit seinem neuen Buch „Die schönen Tage von Aranjuez“, einem „Sommerdialog“ (so der Untertitel), entführt Peter Handke den Leser in einen schönen Sommertag. Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch auf einer Gartenterrasse. Ringsum nur ein sachter Sommerwind, der in den Bäumen spielt.

Der Mann und die Frau sitzen sich an dem großen Tisch gegenüber. Beide sind sommerlich gekleidet: die Frau eher hell, der Mann eher dunkel, aber der eine wie die andere zeitlos. Das namenlose Paar ohne Alter will in dieser sommerlichen Idylle über die Liebe sprechen. Dabei tauchen Erinnerungen an die erste Liebe oder die erste körperliche Vereinigung auf.

Sie reden darüber, wie man zwischen Mann und Frau über die Liebe redet. Während die Frau von ihren Gefühlen und Erfahrungen erzählt, schweift der Mann immer wieder ab. Er berichtet von seiner Reise nach Aranjuez oder ergeht sich in träumerischen Betrachtungen der Natur. Dazwischen kommt er aber direkt zur Sache und fragt unverblümt nach der ersten Liebesnacht der Frau. Diese antwortet nur zögerlich und ausweichend, denn sie mag ihre sexuelle Biografie nicht offenbaren. Überhaupt ist ihr dieses Ausgefragtwerden zunächst zuwider. Allmählich erkennt sie aber, dass der Mann die Fragen stellen muss, damit das Gespräch überhaupt in Gang bleibt.

Der Autor lässt seine beiden „zeitlosen“ Figuren fast nach vorher festgelegten Regeln agieren, Regeln des althergebrachten Mann-Seins und Frau-Seins. Dabei diskutiert Handke das traditionelle Verhältnis der Geschlechter ebenso wie die Geschichte des Menschengeschlechts. Über der sommerlichen Szene liegt ein Hauch von Weisheit und Vergänglichkeit, von Melancholie und Rätselhaftigkeit.

Während des gesamten Dialoges bleiben die Akteure am Tisch sitzen, nur ganz zum Schluss erhebt sich der Mann und geht ein paar Runden im Kreis. Außerdem wird die Gartenidylle gelegentlich durch das Knattern eines Helikopters, die Sirenen eines Polizeiautos oder das „Jammergellen“ eines Kinders unterbrochen, sodass die reale Welt immer wieder in diese sommerliche Auseinandersetzung hinein bricht.

„Die schönen Tage von Aranjuez“ ist ein allegorisches, ein poetisches Stück über verfehlte Liebeskommunikation, in dem der Mann am Ende resümiert: „Es gibt keine glückliche Liebe. Man hat, was man liebt, schon von Anfang an verloren.“ Regisseur Luc Bondy bringt diesen Dialog im Wiener Burgtheater zur Uraufführung, als Festwochen-Koproduktion mit dem Wiener Akademietheater.

Titelbild

Peter Handke: Die schönen Tage von Aranjuez. Ein Sommerdialog.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012.
70 Seiten, 12,99 EUR.
ISBN-13: 9783518423110

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