Zwischen Schwert und Gesang

Über Robert Löhrs Roman „Krieg der Sänger“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Nachdem Robert Löhr 2010 seinen historischen Roman „Hamlet-Komplott“ im klassischen Weimar um das Jahr 1800 herum hat spielen lassen, sucht er sich mit seinem neuen Buch „Krieg der Sänger“ eine weitere Sternstunde der deutschen Kulturgeschichte, die den Handlungsrahmen absteckt. Es ist die Zeit des Minnesangs, als fahrende Sänger ihre Kunst an den europäischen Höfen anboten und Literatur vor allem noch als Vortrag und als mündliche Überlieferung existierte. Oft sind die Sänger im Hauptberuf hohe Beamte oder Ritter, stehen in Lehnsverhältnissen zu einflussreichen Herzögen oder Königen. Aber man begann nur langsam, ihre Texte und ihre Lieder aufzuschreiben. Löhr versammelt die Elite der Minnesänger am Ende des 11. Jahrhunderts zu einem Wettstreit auf der Wartburg, im „grünen Herzen Mitteldeutschlands“.

Landgraf Hermann von Thüringen hat die bekanntesten Sänger zu einem Wettstreit auf die Wartburg eingeladen. Zwar verstehen diese sich nicht alle gut miteinander, folgen aber trotzdem dem Ruf auf die Wartburg. Eingeladen hat Heinrich von Weißensee, der Lehnsmann von Hermann von Thüringen war, seit dieser ihn bei einem Unglück in Erfurt gerettet hatte. Unterstützt wird der Aufruf und die Einladung von dem blinden Reimar von Hagenau, der als Lehrer der Sänger gilt und von seiner Blindenführerin Klara begleitet wird. Außerdem reisen Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach und der legendäre, in historischen Quellen nicht nachweisbare Heinrich von Ofterdingen an. Der letzte im Bunde der Sänger ist Biterolf von Stillaha, der nur in wenigen Quellen erwähnt wird und in Löhrs Erzählung der jüngste der Sänger ist.

Und natürlich darf in einem historischen Roman die romantische Seite nicht fehlen. Die Landgräfin Sophia bietet dem Sänger Biterolf die Hand einer Magd an: „Oder wollt Ihr etwa wie Eure bejahrten Mitstreiter bis ans Ende Eurer Tage ohne Heimat mit dem Instrument auf dem Rücken durch die Lande ziehen und für Frauen singen, die nie ihr Bett mit Euch teilen werden, geschweige denn ihr Leben.“ Dabei verbindet die Landgräfin mit Wolfram eine gemeinsame Vergangenheit, die sie veranlasst, ihre Hand schützend über ihn zu halten. Dies ist auch nötig, denn schon zu Beginn des Wettstreites eskaliert das Treffen der Sänger und der Sangeswettstreit wird zu einer Auseinandersetzung auf Leben und Tod. Der Verlierer des Wettkampfs soll enthauptet werden. Der Autor webt eine feines Netz und eine plausible Geschichte um den historischen Wettstreit. Dabei lässt er die Dichter interagieren, schildert Beziehungen und Eitelkeiten und schafft es, auch die niedere Minne zu berücksichtigen. Vor allem aber werden die Sänger zu lebendigen Charakteren, denen man nach der Lektüre des Romans ihre Lieder und Epen wesentlich besser zuordnen kann.

Robert Löhr erzählt auch die Geschichte einer alten Feindschaft zwischen Wolfram und Heinrich, die auf eine Frau zurückzuführen ist. Die Spannung zwischen ihnen drückt sich im Umgang miteinander aus: „Und mit diesen Worten hatte der Ofterdinger ihn [Wolfram, A. d. V.] stehen gelassen, um Walther, der das Lob nicht hören wollte, zu seinem Spottlied auf den Pferdemörder zu gratulieren.“ Wie sich die Fäden der Erzählstränge zusammenfinden und worin der Wettstreit eigentlich seinen Grund findet, dies sollte der Leser selbst herausfinden, aber eines ist sicher, (fast) alle sind bei dem Wettstreit auf der Wartburg auf der Suche nach der Wahrheit: „Sein Blick wanderte zum Südturm, in dem Heinrich von Ofterdingen saß; der hintergangene Freund der Wahrheit, das Opfer eines heimtückischen Anschlags.“ War der Wettstreit der Sänger vielleicht nur eine heimtückische Intrige? Lesen Sie selbst!

Titelbild

Robert Löhr: Krieg der Sänger. Roman.
Piper Verlag, München 2012.
317 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783492054515

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