Glänzende Oberflächen

Peter-Christian Wegners Band „Literatur auf Porzellan und Steingut und in anderem Kunsthandwerk“ ist ein wahrer Augenschmaus

Von Stefanie LeibetsederRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefanie Leibetseder

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der vorliegende reich illustrierte Band ist durch seine qualitativ hochwertige Aufmachung mit Hardcover und die hervorragende Druckqualität ein regelrechter Augenschmaus. Nicht nur Porzellanfreunde und -freundinnen werden ihre wahre Freude daran haben, in diesem Buch zu blättern.

Es stellt eine Auswahl von Porzellanen des 19. Jahrhunderts vor, die mit Motiven aus damals populären literarischen Stoffen verziert sind. Nachdem eingangs die technischen Voraussetzungen hierfür erläutert worden sind, werden in einzelnen Kapiteln die literarischen Stoffe und ihre künstlerische Verarbeitung vorgestellt. Wie zu erwarten, sind dies in erster Linie kanonisierte Werke der europäischen Literatur, wobei der Schwerpunkt auf bekannten französischen und deutschen Autoren liegt.

Besonderen Wert legt Peter-Christian Wegner in diesem Zusammenhang neben der Rezeptionsgeschichte des jeweiligen literarischen Stoffes auf die Recherche der als Vorbilder für die Umsetzung auf Porzellan dienenden Reproduktionsgrafiken. Diese werden mit den dekorierten Porzellanen verglichen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der künstlerischen Verarbeitung sowie deren Ursachen benannt. Sie resultieren in erster Linie aus Beschränkungen, die das Medium Porzellan mit sich bringt. So musste etwa die ursprüngliche Grafik in manchen Fällen kompositorisch stark vereinfacht werden, um auf der gebogenen Wandung einer Kanne oder einer Tasse Platz zu finden.

Andererseits fand im Medium des Porzellans offensichtlich ein Paragone statt, also ein Wettstreit mit der Gattung der Malerei, weil das Porzellan unübertrefflich feine und detaillierte Darstellungen ermöglicht, die durch ihre glänzende Oberfläche mit der herkömmlichen Malerei konkurrieren. Im starken Wiederspruch zu den oft hochwertigen Malereien steht allerdings in manchen Fällen die derbe Qualität des verwendeten Scherbens. Dies betrifft, selbstverständlich mit Ausnahme von Erzeugnissen aus Meißen und solchen der KPM, oft Porzellane aus deutschen, namentlich thüringischen Manufakturen. Der Autor hat sich, wo es ihm möglich war, bemüht, diese anhand der verwendeten Porzellanmarken zu identifizieren und namhaft zu machen. Viele Porzellane sind indes ungemarkt und können keiner Fertigungsstätte eindeutig zugeordnet werden. Qualitativ überlegen sind den deutschen Porzellanen Produkte französischer Manufakturen, allen voran Sévres.

Die Dekorationen auf den Porzellanen umfassen nicht nur farbige, sondern auch schwarz-weiße und Camieu-Malereien, die sich eindrucksvoll von den einfarbigen Fonds abheben. Verziert wurden in erster Linie die Wandungen von Tassen, aber auch Spiegel und Fahne von Tellern. Manche dieser Stücke tragen auf der Rückseite persönliche Widmungen, besitzen also Memorialcharakter, wie man es auch von Biedermeieransichtstassen und -tellern kennt.

Die verwendeten literarischen Motive lassen vermuten, dass die Hauptabnehmer dieser Produkte zum damaligen Bildungsbürgertum gehörten. Das ist auch deshalb anzunehmen, weil die Produktionsweise im, aus England importierten, Umdruckverfahren relativ große Stückzahlen an Porzellanen ermöglichte. Daher waren diese Erzeugnisse im Gegensatz zu handgemalten Produkten auch für einen bürgerlichen Käuferkreis erschwinglich.

Abgerundet wird das Buch durch einen informativen Anmerkungsapparat und eine ausführliche Literaturliste, die viele Standwerke enthält und den Interessierten zum Weiterlesen einlädt.

Titelbild

Peter-Christian Wegner: Literatur auf Porzellan und Steingut und in anderem Kunsthandwerk.
Verlag Jörg Mitzkat, Holzminden 2012.
310 Seiten, 49,80 EUR.
ISBN-13: 9783940751430

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