Leben und Werk

Ein Sachbuch über Hannah Arendt

Von Alexandra PontzenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alexandra Pontzen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Seit Jahresbeginn hat Hannah Arendt (1906-1975) Konjunktur. Diese begann mit dem Film Margarethe von Trottas und setzte sich, vermutlich in dessen Gefolge, auf dem Buchmarkt fort. Hier gelang es Anfang März der bereits 1998 erschienenen, damals als Jugendbuch wahrgenommenen Biografie aus der Feder von Alois Prinz, als Taschenbuch an die Spitze der einschlägigen „Spiegel“-Bestsellerliste vorzudringen. Manche Stellen des Buches lassen unmittelbar an den Film denken. Entweder hat letzterer aus dem Buch geschöpft oder beide schöpften aus derselben Quelle, was bei der Fülle des vorliegenden und wohlaufbereiteten Materials nicht verwunderlich wäre; immerhin aber findet der Film im Klappentext der Neuauflage Erwähnung.

Als Biograf ist Alois Prinz versiert. Nach der „Lebensgeschichte“ der Hannah Arendt zeichnete er deren weitere auf, unter anderem von Hermann Hesse, Franz Kafka, Ulrike Meinhof und Joseph Goebbels. Im Falle Arendt beschreibt er seinen „eigenen Ansatz“ so: Man könne „diese bedeutende und faszinierende Frau“ nur verstehen, „wenn man ihre Gedanken eng zusammensieht mit ihrem abenteuerlichen Lebenslauf, ihrer Persönlichkeit, ihrer Beziehung zu Menschen und ihrer Haltung zu historischen Ereignissen ihrer Zeit“.

Damit sind alle inhaltlichen Elemente genannt, zwischen denen der Autor gewandt hin und her wechselt, um auch dem Leser mit wenig Vorwissen zu einem Bild der Denkerin Hannah Arendt zu verhelfen, deren Mut und Charakterstärke er besonders hervorhebt. Das so gezeichnete Bild der Person wie ihrer Zeit- und Lebensumstände ist weder falsch noch allzu simpel, es macht sich viele Selbstaussagen Arendts zunutze, vermeidet allerdings auch irritierende Problematisierungen und konturierte Urteile, ohne wiederum übermäßig admirativ zu sein, kurzum: ein Bild aus mittlerer Distanz, ohne Tiefenschärfe, Arendt (im Buch durchgängig Hannah) kommensurabel im Sinne einer pädagogisch schonungsvollen politischen Korrektheit – und, das wäre auch zuviel verlangt, ohne Blick für ihre schriftstellerischen Qualitäten.

Abschließend eine von Prinz zitierte Lesefrucht aus Arendts nachgelassenem, von Mary McCarthy herausgegebenem Werk „Vom Leben des Geistes“ (1979): „Ein Leben ohne Denken ist durchaus möglich […] es ist nicht nur sinnlos, es ist gar nicht recht lebendig.“ – Wer dächte da nicht an Loriot und seinen Mops. Hannah Arendt hätte ihre Freude daran.

Titelbild

Alois Prinz: Hannah Arendt. oder Die Liebe zur Welt.
Insel Verlag, Berlin 2012.
329 Seiten, 10,00 EUR.
ISBN-13: 9783458358725

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