Die Menschenschrauber

Anmerkungen zu Andreas Alborgs Thriller „Das Unikat“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Debütroman von Andreas Alborg startet schnell, nimmt gleich zu Beginn erhebliche Geschwindigkeit auf. Alborgs Protagonist Simon wird in eine schwierige persönliche Situation gebracht. Diese Ausganglage soll erklären, warum er nachfolgend in eine Situation gerät, die erst auf den zweiten Blick verständlich wirkt. Alborgs Hauptfigur Simon ist ein Wissenschaftler im Hochschulbetrieb, Fachgebiet Genforschung und Gentechnologie. Er arbeitet als Assistent für einen bekannten Professor, der systematisch seine Forschungsergebnisse ausbeutet und als eigene Forschung verkauft. Hinzu kommt eine Bürokratie, die Forschungen eher verhindert als fördert. Als auch noch die Beziehung des Protagonisten zu seiner Freundin scheitert, ist er für neue Perspektiven offen. Die Perspektive ist in diesem Fall ein zwielichtiges Angebot.

Das Angebot ist verlockend für einen unter kleinkarierten Forschungsbedingungen leidenden Wissenschaftler. Man bietet ihm einen Job für ein paar Monate Forschungsarbeit an. Freie Mittel, Laborausstattungen nach seinen Wünschen und zwei Millionen Euro Honorar: „Geld ohne Ende. Für ihn, für das Projekt. Keine Anträge mehr, kein Betteln um Forschungsgelder, keine Drittmittelbeschaffung. Keine Begründungen, Schluss mit dem Papierkrieg. Und Chef sein. Endlich. Kein Niemüller. Keine Studenten. Keine Ethikkommissionen.“

Simon kann diesen Verlockungen nicht widerstehen, vor allem nicht, als sein neuer Arbeitgeber eine mehr als gut aussehende Assistentin auf ihn ansetzt. Hier wird zwar mit Klischees gearbeitet, die der Geschichte aber nicht abträglich, sondern eher förderlich sind: „Ihre dunklen Augen schienen immer dunkler zu werden, dann wieder heller, ein Farbenspiel in Schwarz, nahmen ihn gefangen, ließen seinen Blick nicht mehr frei, schauten sich in seinem Inneren um.“

Die Forschung in einem abgeschotteten Labor in der Tiefebene von Mecklenburg-Vorpommern beginnt zeitnah und der Protagonist Simon träumt vor sich hin. Schöne Frauen, erfolgreiche Arbeit und jede Menge Geld. Er wird nicht misstrauisch: „Simon löschte das Licht wieder, schloss die Augen, ließ sich sanft zurück in die buntfarbenen Nebel fallen. Actin’ funny, but I dont’t know why, ‘scuse me while I kiss the sky…“ Hätte man an dieser Stelle „Purple Haze“ noch weiter gehört, hätte man ahnen können, dass diese Geschichte nicht gut ausgehen wird. Alborg nutzt bei seinen Personenbeschreibungen geschickt musikalische Zitate, was dem Handlungsverlauf durchaus zuträglich ist. Musik beschreibt Situationen, charakterisiert den Protagonisten: „Verzerrte Gitarre, ein manischer Schlagzeugwirbel, der von der Stimme Kurt Cobains zerrissen wird. When I was an alien, cultures weren’t opinions…Erst schreit er sich die Seele aus dem Leib, dann schießt er sich das Hirn aus dem Kopf.“

Hinzu kommen entsprechende Action-Elemente, auf die der Autor erfreulicherweise nicht verzichtet: „Der Raum war durch die Wucht der Explosion verwüstet. Einige Stahlschränke und Labortische waren umgestürzt. Überall lagen zerbrochene Gläser, Flaschen, Behälter und Apparate herum, die an ihren Leitungen baumelten wie Gehängte auf mittelalterlichen Gruselbildern.“ Das Experiment, die Forschungen in dem geheimen Labor – es hätte auch in der Nähe der Area 51 im Death Valley spielen können.

Zusammenfassend ein unterhaltsamer Kriminalroman, dem zum Thriller zwar noch einiges fehlt, dem aber mit einer originellen Geschichte und mit ungewöhnlichen Lösungsstrategien aufwarten kann. Was es mit dem „Unikat“ auf sich hat, das mag der Leser selbst herausfinden: „Aber niemand würde ihm sein Unikat wegnehmen. Die wilden Horden da draußen nicht und die beiden da drinnen erst recht nicht. Sie hatten alle keine Gnade verdient.“ Und letztendlich gibt einer der Sätze auf den letzten Seiten des Buches ein gutes Motto ab: „Paranoia regiert die Welt“.

Titelbild

Anders Alborg: Das Unikat. Thriller.
Osburg Verlag, Hamburg 2013.
365 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783955100025

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