Adé, Werbeagentur
Autorenporträt zum Bachmann-Preis-Nominierten Heinz Helle
Von Marina Scheider
Es begann mit einem Liebesgedicht. Gewidmet war es nicht etwa einer Frau und auch nicht einem Mann. Dennoch bat es um Zuneigung. Aber nicht um jene Zuneigung, die wir meinen, wenn wir von Liebe schreiben. Tatsächlich warb es um die Gunst einer Werbeagentur. Diese Geschichte nimmt ein gutes Ende, denn das Geständnis stieß auf Gegenliebe.
Die Rede ist vom beruflichen Werdegang eines deutschen Jungautors. Von Heinz Helle, Jahrgang 1978, geboren in München. Nach einer abgebrochenen Lehre bei Siemens – die er rückblickend als „verlorene Tage“ bezeichnet – begann er ein Philosophiestudium und arbeitete nebenbei als Werbetexter. Mit einem Liebesgedicht, das er während einer Vorlesung schrieb, bewarb er sich und bekam den Praktikumsplatz bei einer großen Werbeagenturen. Eine laute Branche für einen eher stillen Zeitgenossen. Entgegen allen Tendenzen der Zeit ist er kaum in sozialen Netzwerken unterwegs. Kein Twitter-Account, keine Präsenz auf Google+ und erst recht keine Homepage. Lediglich auf Facebook lässt er sich blicken. Aber natürlich mit geschütztem Profil.
Multimediale Autorinszenierung? Fehlanzeige, aber das könnte sich ändern, wenn im Frühjahr 2014 sein Debütroman im derzeit angeschlagenen, aber noch immer höchstes literarisches Prestige versprechenden Suhrkamp Verlag erscheint. Ein Roman über Liebe, Philosophie und Fußball, wie der Autor am Telefon erklärt. Nach einer Weile fügt er hinzu: „Über Glück“.
Im Frühjahr 2010 ging er als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach New York, um an der N.Y. City University seiner Promotion ein Stück näher zu kommen. Diesem Aufenthalt entsprang eine Kurzgeschichte mit dem Titel „In der U-Bahn“. In ihr werden impressionistische Stadtbeschreibungen und philosophische Gedankenspiele mit fiktiven Geschichten von U-Bahn-Insassen auf der allmorgendlichen Fahrt durch New York verwoben.
Von Amerika aus führte Heinz Helles Weg in die Schweiz. Am Literaturinstitut in Biel studierte er bis 2012 und blieb dort wohnen. Der Wahlschweizer hat neben kleineren Auszeichnungen und Nominierungen – unter anderem als Stipendiat des Klagenfurter Literaturkurses und als Nominierter für den Alfred-Döblin-Preis – in diesem Jahr eine Einladung zu den „Tagen der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt erhalten. Jetzt also wird er um die Gunst der Jury werben müssen, in der Hoffnung, eine der wichtigsten Anerkennungen für Autoren im deutschsprachigen Raum zu erhalten. Vielleicht wird er dort von Liebe sprechen. Und vielleicht wird auch diese Liebeserklärung erwidert werden.
Dieser Text gehört zu einer Serie von Artikeln von Studierenden aus Duisburg-Essen zum Bachmannpreis 2013.