Manche Monster heißen Benjamin
Der Schriftsteller Benjamin Maack erzählt von emotionalen Ausnahmezuständen
Von Katharina Graef
„Ich bin ein guter Erwachsener, weil ich die richtigen Geschichten erzähle“, heißt es in einer Kurzgeschichte von Benjamin Maack. Dass er selbst das auch kann, beweist der 35-jährige Autor und Journalist auf vielen Ebenen.
Nach Poetry Slams und Veröffentlichungen von Gedichten in diversen Anthologien, darunter Titel wie „Sex ist eigentlich nicht so mein Ding“ (Eichborn 2007) oder „Мacht. Organisierte Literatur“ (Rotbuch 2002), erschien vor fast zehn Jahren sein Lyrikdebut „Du bist es nicht. Coca Cola ist es“ (Minimal Trash Art 2004). Danach folgten zwei Bände mit Kurzgeschichten. Die verschiedenen Genres bedingen sich gegenseitig. Immer wieder kann man lyrische Elemente in seiner Prosa entdecken, fast jeder Satz kann für sich stehen und Bilder entwerfen, die denen seiner Gedichte in nichts nachstehen.
„Monster“, der neuere der beiden Erzählbände, überlässt seine Protagonisten, die alle den Namen Benjamin tragen, emotionalen Ausnahmezuständen, die den Alltag aus den Angeln heben. Es kommt zu instinktiven und immer unerwarteten Handlungen: Die Benjamine seiner Geschichten bewerfen Krokodile mit Bananen, tragen tote Eulen mit sich herum, schmeißen mit Steinen und sind oft unglücklich verliebt. Menschlich sind sie, aber in Momenten des Übersprungs eben auch irgendwie monströs. „Ich bin normalerweise ein Kontrollfreak,“ sagt Maack in seinem unverkennbar norddeutschen Dialekt bei einem Online-Interview. Er habe manchmal Angst, dass ihm Geschichten und Figuren entgleiten. „Ich werf’ keine Geschichte weg. Jede Geschichte, die ich mich traue anzufangen, schreibe ich auch zu Ende.“
Eine Zusammenarbeit mit einem der großen deutschen Verlage hat er abgelehnt. Um sich die größtmögliche Freiheit bei der Gestaltung seiner Bücher zu bewahren, erscheinen sie in unabhängigen Verlagen.
In seinem zweiten, ‚eigentlichen‘ Berufsleben hat Maack mit Texten in unterschiedlichsten Formen zu tun. Als Textchef des Gaming Magazins GEE saß er regelmäßig vor X-Box, PlayStation und Co., um für dessen Podcast-Reihe über Neuigkeiten in Sachen Videospiele zu berichten; nicht ohne dabei auch ab und zu auf Parallelen in der Literatur hinzuweisen. Seit 2008 ist er Redakteur bei einestages, der Online-Plattform für Zeitgeschichten des „Spiegel“. Wie seine Kurzgeschichten thematisieren seine Artikel Momente, die aus etwas Alltäglichem etwas Besonderes und Unfassbares machen. So schreibt er beispielsweise über eine Frau, deren Flugzeug beinah abgestürzt wäre, oder einen 104-jährigen Mann, der sich mit Ernest Hemingway ein Boot geteilt hat.
Nebenbei ist Maack Songwriter, betreibt das Musiklabel EK (Einlegen Kassetten) und zählt eine Legende der Hamburger Schule, Bernd Begemann, zu seinen Freunden. Die „FAZ“ nannte ihn 2012 einen der 20 wichtigsten jungen Schriftsteller in Deutschland. Im Juli steigt Benjamin Maack in Klagenfurt in den Ring. Auf Einladung von Hubert Winkels liest er als einer von 14 Autoren beim Ingeborg-Bachmann-Preis.
Dieser Text gehört zu einer Serie von Artikeln von Studierenden aus Duisburg-Essen zum Bachmannpreis 2013.