Noch einmal: Der neue revolutionäre Mensch
Mario Bosincu über „Die Wende Ernst Jüngers“
Von Jerker Spits
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseIn seinem Buch „Autorschaft als Widerstand gegen die Moderne. Über die Wende Ernst Jüngers“ setzt sich Mario Bosincu zum Ziel, eine Zäsur im Werk Jüngers herauszuarbeiten. Seit den Tagebüchern „Strahlungen“ habe sich Jünger vorgenommen, „die Rolle eines Seelenführers zu spielen, der seine Leser lehren wollte, Zugang zu der den Zeitbedrängnissen gewachsenen Seinsweise zu gewinnen“, so der italienische Philosoph. Bei seiner Studie handelt es sich um seine 2011 an der Universität Hildesheim abgeschlossene Dissertation.
Der Begriff „Seelenführer“ ist gut gewählt. Wie Jünger auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit einer konservativ-anarchistischen Botschaft eine Fangemeinde erreicht hat, ist allerdings bereits von Horst Seferens („Leute von gestern und übermorgen“) detail- und kenntnisreich nachgewiesen. Immer ging es Jünger darum, „mit schärferen Augen“ („Das Abenteuerliche Herz. Erste Fassung“) zu schauen, und seine Leser politisch und kulturell zu sensibilisieren.
Bosincus Studie besteht aus fünf Kapiteln, in denen er die Quellen Jüngers nachzeichnet (Nietzsche, Dostojewski) und auf Übereinstimmungen mit anderen Autoren weist (Spengler, Bloy). Die Themen, die Bosincu untersucht, sind bereits vielfach erforscht: Die Technik, den Nihilismus, den neuen revolutionären Menschen, den von Jünger wahrgenommen Reichtum der Natur als „Fülle und Schönheit der Welt“ (Jünger). Einsichten wie die auf den letzten Seiten, „dass die Technikfeindlichkeit ein zentrales Element der Einstellung der Jugendbewegung der Vorkriegszeit zur Moderne war“, und Jünger sich gegen die „Warenwelt des Stadtmenschen“ richtete, sind nicht neu.
Eine wissenschaftliche Darstellung sollte so einfach sein, wie der Gegenstand es nur zulässt. In dieser Studie aber machen der Stil („das Problem der Individuation, der Konstituierung seiner selbst als eines selbstseienden Individuums“) und die Aufmachung (manchmal stehen 40 Zeilen Fußnoten nur 10 Zeilen Haupttext entgegen) es dem Leser unnötig schwer. Auch fehlt ein Schlusskapitel, das die Analysen zusammenbringt.
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