Unterirdische Dystopie

Über Hugh Howeys Endzeit-Thriller „Silo“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In dem Endzeit-Thriller „Silo“ von Hugh Howey ist die Ausgangsituation schnell beschrieben. Eine nicht weiter erläuterte Katastrophe ist für die Unbewohnbarkeit und Vergiftung der Erdoberfläche verantwortlich. Ein Überleben der Menschheit ist nicht möglich. Die letzten Überlebenden haben sich in einen tief in die Erde gegrabenen siloartigen Bau verkrochen und leben auf über 150 Stockwerken in einer Art selbstversorgenden unterirdischen Biotop. Allerdings wird dieses Leben durch strenge Regeln begleitet. Widerspruch oder Opposition zu den herrschenden Verhältnissen und Regeln wird mit einer „Reinigung“ der äußeren Kameraanlagen bestraft, was faktisch einem Todesurteil gleichkommt. Hierfür werden in der technischen Abteilung Schutzanzüge konstruiert, die sich allerdings nach kurzer Zeit in der vergifteten Atmosphäre auflösen und den Probanden den Oberflächengiften aussetzen.

Hugh Howey arbeitet mit mehreren Protagonisten. Im Silo gibt es einen Sheriff, der faktisch so etwas wie ein Oberbürgermeister oder sogar Regierungschef ist. Seine Frau ist vor drei Jahren verstorben. Sie starb bei einer der obengenannten „Reinigungen“. Es wird vermutet, dass sie hinter irgendein Geheimnis im Silo gekommen ist. Dann gibt es Juliette, eine begeisterte und begnadete Mechanikerin, die nach der Ermordung des Sheriffs dessen Job übernimmt. Der „Gegenspieler“ ist der IT-Chef Bernhard, der Interesse daran zeigt, die Stelle des „Sheriffs“ zu übernehmen und seine Macht im Silo auszudehnen. Howey baut mit einigen handlungstragenden Personen eine spannende Story auf, zeichnet das Leben in einem unterirdischen Gebäudekomplex als Konglomerat aus einer biologisch-orientierten, auf Nachhaltigkeit bedachten, aber autoritär regierten Oligarchie, und persönlichem Engagement. Hier ist es nur noch für wenige Eingeweihte möglich, gegen die Regeln zu verstoßen und von einem besseren Leben zu träumen.

Juliette verstößt gegen die Regeln, gerät in einen Konflikt mit dem IT-Leiter Bernhard, verliert ihren Job als Sheriff, als sie zu neugierig wird und wird zu einer „Reinigung“ verurteilt. Sie überlebt den Einsatz an der Erdoberfläche, im Silo bricht ein gewalttätiger Aufstand los. Der IT-Chef Bernhard versucht seine Machtposition zu halten und die Geheimnisse des Silos zu bewahren, verfügt er doch über die Informationen, die den Betrieb der Infrastruktur des Silos betreffen. Letztendlich entwirft Howey eine plausible Dystopie, beschreibt glaubwürdig, spannend und unterhaltsam ein funktionierende System eines Lebens unter der Erde.

Es wird nicht mit besonders ausgearbeiteten Charakteren überzeugt, aber der Leser wird emotional an die Protagonisten gebunden, an Julia ebenso wie an Lucas, der in Julia verliebt ist. Beide Charaktere vermitteln eine zukunftsweisende Perspektive, etwa wie es in dieser schwierigen Situation für die letzten Überlebenden der Menschheit möglich wäre, zu überleben. Trotzdem ist es vor allem das ausgefeilte Szenario, die Details des vorgesellten Gesellschaftsentwurfs und die Schwierigkeiten, mit denen die Protagonisten in dieser Umgebung zu kämpfen haben. So baut sich eine emotionale Spannung auf, die den Leser bis auf die letzten Seiten mitnimmt und begeistert. Man darf mit einem überraschenden Plot rechnen, die Lektüre ist bis zum Schluss unterhaltend kurzweilig und ist vergleichbar mit dem vor einiger Zeit erschienenen Dystopie „Rattentanz“ von Michael Tietz. Zusammenfassend ein feiner Endzeit-Thriller, den man guten Gewissens weiterempfehlen kann.

Titelbild

Hugh Howey: Silo. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Gaby Wurster und Johanna Nickel.
Piper Verlag, München 2013.
531 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783492055857

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