Drohnen vom Himmel holen

Über Peter Strutynskis „Töten per Fernbedienung“

Von Hannes NagelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannes Nagel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Cover des von Peter Strutynski herausgegebenen Buches „Töten per Fernbedienung“ sieht aus wie ein Piktogramm. Die Zeichnung drückt alle Aspekte aus, die die Autoren des Buches präzise, knapp und leicht verständlich erörtern: Völkerrecht, Wehrlosigkeit, die Angst der Unbeteiligten und die Trends der Waffenentwicklung. Auf dem Cover ist zu sehen, was Krieg in Wahrheit immer bedeutet: Ein Mann, eine Frau und ein Kind sind in gebückter Haltung auf der Flucht vor einer bewaffneten Kampfdrohne, die eine Anti-Personen-Rakete abfeuert. Die Rakete vollführt noch einen Looping, bevor sie sich unabwendbar den drei Menschen nähert. Die Autoren des Buches plädieren in ihren Beiträgen dafür, bewaffnete Drohnen vom Himmel zu holen, weil sie nichts anderes sind als Angriffswaffen und keine andere Aufgabe haben, als Menschen gezielt zu töten.

Strutynski liefert sechs Beweise: Erstens dient der einsatz von Kampfdrohnen nur der gezielten Tötung von Menschen innerhalb und außerhalb von Kriegen. Zweitens ist die tödliche Ausschaltung von Menschen mittels Drohnen eine Aushebelung der Gewaltenteilung und eine Abkehr von rechtsstaatlichen Grundsätzen und Verfahren. Drittens senkt der Einsatz von Drohnen die Hemmschwelle zum Einsatz von regulären Kampftruppen. Viertens besteht für unbeteiligte Personen in Zielgebieten von Drohneneinsätzen eine außerordentlich hohe Gefahr, zum Kollateralopfer zu werden. Fünftens werden Kampfdrohnen bisher nicht von der Terminologie in Abrüstungsverträgen erfasst, sodass sich Staaten jederzeit von aller Schuld freisprechen können, da sie formaljuristisch nicht gegen das Völkerrecht verstoßen haben. Der Einsatz von Drohnen ist eigentlich genau dies. Sechstens ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der routinemäßige Einsatz bewaffneter Drohnen den Weg zur weiteren Automatisierung von Kriegen freimacht. Es existiert bereits ein derartiger Trend in der Rüstungsforschung. In Zukunft sollen Soldaten weitestgehend durch vollautomatisierte Kampfmaschinen ersetzt werden. Die Entscheidung über Tod, Leben, Zerstörung oder Vernichtung bliebe dann ganz den Maschinen überlassen. Militärs haben bereits allen Ernstes erörtert, ob Kriege dadurch humaner werden könnten. Sie können es nicht, denn Krieg und Humanität schließen einander kategorisch aus.

Peter Strutynskis Buch hat trotz allem Wunschdenken einen ganz besonderen Wert: Es zeigt Lösungsmöglichkeiten auf. Man muss nur die bestehenden fünf Abkommen zur Rüstungskontrolle und Abrüstung aktualisieren, sodass auch Drohnen und auch Waffen, die sich bislang noch keiner vorstellen kann, erfasst werden. Namentlich nennen die Autoren das Abkommen über biologische und Toxin-Waffen, das Chemiewaffen-Übereinkommen, den INF-Vertrag, die START-Verträge zur Reduzierung der strategischen Waffen und den KSE-Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa.

Titelbild

Peter Strutynski (Hg.): Töten per Fernbedienung. Kampfdrohnen im weltweiten Schattenkrieg.
Promedia Verlag, Wien 2013.
222 Seiten, 17,80 EUR.
ISBN-13: 9783853713662

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