Die hohe Kunst der Auslassung

Peter Roseis Roman „Die Globalisten“

Von Stefan TuczekRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Tuczek

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es gibt Autoren, die benötigen tausend Seiten um einen Roman zu konstruieren, andere benötigen nur ein paar Seiten und wieder andere schaffen es, durch die hohe Kunst der Auslassung eine ganze Welt zu erzählen. Vor allem der Kunstgriff der Auslassung ist schwierig, und wenn die Leerstellen schlecht gesetzt werden, können sie den kompletten Roman vernichten. Nur wenigen gelingt dieser Kunstgriff und Peter Rosei ist mit seinem neuen Roman Die Globalisten dieses Kabinettstück gelungen.

Peter Roseis Figureninterieur ist überschaubar: Der abgehalfterte Dichter Josef Maria Wassertheurer möchte große Kunst schaffen, leider hat er keine gute Idee, aber das Talent dafür. Sein neureicher Freund Alfred Wallauschek hat eine Idee für ein großes Kunstwerk, jedoch besitzt er dafür nicht das nötige Talent. Beide finden zusammen und können sich ergänzen, jedoch fehlt beiden das nötige Kleingeld. Hier hilft Adolphe Weill aus, der immer auf der Suche nach einer guten Investitionsmöglichkeit ist. Der spendierfreudige Weill investiert jedoch auch in die ominösen unterweltlichen Geschäfte der Herrn Tschernomyrdin, der Kontakte zu den höchsten Regierungsbehörden unterhält. So kommt es, wie es kommen muss: Ein Mittelsmann von Herrn Tschernomyrdin unterschlägt das Geld von Herrn Weill und Wassertheurer trifft sich mit Wallauschek in dessen Villa, wo es zu einem Liebesreigen zwischen den Männern und deren Frauen kommt, während Tschernomyrdin auf blutige Weise sein Geld fordert.

Was sich wie ein Wirtschaftskrimi liest, ist gleichzeitig eine bitterböse Satire auf den Literaturbetrieb: Egal wie schlecht das Kunstwerk ist, wenn es durch ein Stipendium gefördert wird, so ist es über jedes Werturteil erhaben. Geld erschafft Kunst und nicht der Künstler, denn dieser ist nur eine Marionette der Geldgeber. Hier wird nur den selbsternannten Kunstförderern, die oftmals meinen, eine Ahnung von hoher Kunst zu besitzen, das Lachen im Halse steckenbleiben.

Die Handlung des Romans ist auf den ersten Blick überschaubar, jedoch hat Rosei die Kunst der Auslassung soweit perfektioniert, dass er keiner großen Worte bedarf, um ein in sich schlüssigen und lesenswerten Roman mit einem hohen Erzähltempo zu verfassen. Der Leser muss seine Aufmerksamkeit auf die vielsagenden Leerstellen richten, denn in diesen entfaltet sich die eigentliche Handlung, die alles andere als langweilig ist und die Neugierde und Fantasie anregt. Abgerundet wird die lesenswerte Lektüre durch den überaus charmanten und sympathischen österreichischen Dialekt, der die Figuren authentisch werden lässt.

Titelbild

Peter Rosei: Die Globalisten. Roman.
Residenz Verlag, St. Pölten, Salzburg, Wien 2014.
160 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783701716333

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