Die Mafia ist auch in München

Felicitas Mayalls Krimi „Schwarze Katzen“

Von Thomas SwiderekRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Swiderek

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sergio Cavallino, Mitte dreißig, Anwalt und Spross einer alteingesessenen Mafiafamilie aus Mailand, führt ein gutgehendes Lokal in der Münchner Innenstadt. Belocchino, Schönauge, so nannten ihn seine Geschwister. Ein Spitzname, der Sergio immer peinlich gewesen war, doch seine Mutter hatte darüber immer nur gelacht und gesagt, er solle froh sein, diese Augen von seinem Vater geerbt zu haben. Sein Vater ist der Boss des Aspro-Cavallini-Clans, der aus einem kleinen Dorf in Kalabrien stammt.

Sergio gehört dazu, ist aufgestiegen und träumt auch ein wenig davon, einmal der Boss zu sein. Anzeichen dafür hat er gesehen, doch das Verhalten der Bosse und Vorgesetzten sind nicht immer eindeutig, und Sergio ist in München ein Stück weit weg von der Familie.

Das ändert sich, als er eines Abends unerwartet von einem Unbekannten in seinem Lokal angegriffen wird und den er mit letzter Kraft – wenn auch unbeabsichtigt – tötet. Die „Entsorgung“ der Leiche überlässt er seinem Cousin Eduardo, dem Mann fürs Grobe. Doch dann passiert das Unfassbare, die Leiche wird gestohlen und zwei Tage später in einem Betonblock auf der Prinzregentenstraße abgeladen. Die Polizei wird gerufen und Kommissarin Laura Gottberg übernimmt den Fall.

Nun ist die Aspro-Cavallini Familie doch ernsthaft alarmiert, sie schickt „Onkel Carmine“ nach München, der mit Eduardo, Michelle und Sergio herausfinden soll, wer da der Familie Ärger machen will. Gerade laufen die Geschäfte so gut, man will in Deutschland expandieren und braucht dazu nun wirklich keine unnötige Aufmerksamkeit. Man verständigt sich darauf, zunächst ruhig zu bleiben und abzuwarten.

Sergio soll so weiter leben und arbeiten, wie bisher. Doch das ist leichter gesagt als getan. Er wird unsicher, wem er noch vertrauen kann. Und plötzlich bekommt er Nachrichten von Unbekannten, die ihn auffordern, ruhig zu bleiben und auf neue Befehle zu warten. Bald kommt es zu einem ersten Treffen mit einer Gruppe von Italienern und Deutschen, die Sergio und die Familie erpressen.

Währenddessen versucht die Polizei, die Identität der Betonleiche zu identifizieren, und Laura Gottberg arbeitet sich – mit Hilfe der Münchner Abteilung für Organisierte Kriminalität und ihres italienischen Geliebten Guerrini, jedoch zu Beginn recht widerwillig – in die Strukturen und Arbeitsweisen der Mafia ein.

Sergio’s Leben gerät währenddessen immer mehr aus den Fugen. Die Erpressungsschreiben werden immer diffuser und das Verhalten seiner Familie macht ihm Angst. Ist er nun eine Gefahr für sie geworden, die man loswerden muss? Sein Bruder Gabrielle ist vor fünf Jahren ermordet worden und es wurde nie eindeutig geklärt, wer den Tod zu verantworten hat. Für Sergio blieb dabei immer eine Ungewissheit, inwieweit sein Vater hierzu den Befehl gegeben haben könnte. Gabrielle war zur Belastung der Familie geworden, so wie er nun auch. Deshalb entschließt sich Sergio, die weiteren Erpresserschreiben nicht mitzuteilen und versucht, die Angelegenheit alleine zu regeln. Doch das ist schwieriger als erwartet, und allmählich verstrickt er sich in immer größere Lügen und Selbstzweifel.

Die Münchner Polizei kommt – trotz einer eigens eingerichteten SOKO BETON – mit den Ermittlungen nur langsam voran, auch wenn Laura Gottberg ihre ganz eigenen Ermittlungen anstellt und sich, auch mit Hilfe der ganzen Familie, Schritt für Schritt der Lösung des Falls nähert. Denn im Laufe des Falles wird deutlich, dass es vorrangig um die Einfädelung neuer Geschäfte geht und der Tote im Beton nur die Einleitung dazu war. Und die Verzweigungen der Mafia von Italien nach München sind auch mit den Vermittlungen ihres Geliebten verbunden, der noch eine alte Rechnung mit dem Investor Della Valle aus Florenz offen hat.

Im neunten Roman mit der Kommissarin Laura Gottberg greift Felicitas Mayall ein Thema auf, das in Deutschland – im Gegensatz zu Italien – nicht zu den alltäglichen gehört: die Taten und Verstrickungen der unterschiedlichen Mafiafamilien und ihre vielseitigen Geschäfte. Somit steht die Münchner Polizei zunächst auch recht ratlos da, wenn sie versucht, die Hintergründe der Mafia in München zu ermitteln. Deutlich wird, dass die Mafia zwar immer wieder mit brutalen Morden (wie die in Duisburg) auf sich aufmerksam macht, aber die großen Geschäfte meist im Verborgenen und Stillen stattfinden. Hier nutzt man die wirtschaftlichen Freiheiten, schafft große international verzahnte Konzerne und wäscht sein Geld in Bauprojekten. Das der Fall „Schwarze Katzen“ letztendlich gelöst wird, ist nicht nur der Zähigkeit der Ermittlerin geschuldet, sondern auch der Selbstzweifel der Protagonisten.

Felicitas Mayall ist es gut gelungen, Fiktion und Realität in Einklang zu bringen. Sie hat einen spannenden und fundierten Krimi geschrieben, den man sowohl dem Krimifan als auch allen an dem Thema Mafia interessierten LeserInnen empfehlen kann.

Titelbild

Felicitas Mayall: Schwarze Katzen. Laura Gottberg ermittelt.
Kindler Verlag, Berlin 2014.
416 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 9783463406473

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