„Bitter Ends“

Ralph Brandt beleuchtet die letzten beiden Jahre des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet

Von Daniel RademacherRSS-Newsfeed neuer Artikel von Daniel Rademacher

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Zweite Weltkrieg war der bislang größte militärische Konflikt und forderte 60 bis 70 Millionen Tote. Im Zeitraum von Juli 1944 bis Mai 1945 betrugen allein die Verluste der deutschen Wehrmacht 2.6 Millionen Soldaten. Wenn Ralf Blank seine Monographie mit „Bitter Ends“ betitelt, ist dies also mehr als angemessen, zudem fügt sie sich gut in die Reihe zahlreicher, in den letzten Jahren erschienener lokalgeschichtlicher Publikationen ein.

Blanks Monographie nimmt vor allem die Bevölkerungsgruppe in den Blick, die – wie so häufig in Kriegen – am meisten leiden musste: die Zivilbevölkerung. Allerdings versäumt er es dabei keineswegs, auch die (nicht minder schreckliche) Kehrseite der Medaille, nämlich die Opfer der nationalsozialistischen Ideologie, des Rassismus und der politischen Verfolgung darzustellen. Da dem Autor eine zeitliche Beschränkung auf die letzten ein oder zwei Kriegsmonate als wenig sinnvoll erscheint, nimmt Bitter Ends also die letzten beiden Jahre des Zweiten Weltkrieges in den Blick.

Das Werk ist in fünf Kapitel gegliedert, die wiederum in mehrere Teilpassagen unterteilt sind. Vorausgeschickt wird dem eigentlichen Inhalt ein Vorwort von Richard Overy, der Blank bereits die Anregung zu dem Buch Ruhrschlacht – Das Ruhrgebiet im Kriegsjahr 1943 gab. Geschlossen wird Blanks Monographie durch einen üppigen Anhang. Das erste Kapitel, „Dem Ende entgegen 1944/45“, beschäftigt sich blitzlichtartig mit der Kriegsendphase im Allgemeinen. Anschließend wird „Der Luftkrieg 1944-1945“ thematisiert, hierbei wird insbesondere die zunehmende Fokussierung des Luftkrieges sowie die deutsche „Luftverteidigung“ beleuchtet. Der dritte Teil ist regionalen Zuschnitts und zeichnet, der Chronologie folgend, die Ereignisse im Ruhrgebiet von Oktober 1944 bis März 1945 nach. Kapitel vier, „Am Ende“, schildert den Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft, Bürokratie und Verwaltung sowie die zunehmende Radikalisierung und den Terror im Inland. Die fünfte Passage nimmt abschließend den Kriegsfrühling, also die letzten Monate der Gefechte, die Endkämpfe und den Übergang vom Krieg zum Frieden in den Blick.

Einerseits greift Blank im Rahmen seiner Ausführungen einzelne Aspekte des Kriegsgeschehens heraus, die er für besonders relevant hält, wie z. B. die Fotoaufklärung, den Flakeinsatz oder die verheerenden Flächenangriffe der britischen Bomber auf deutsche Städte im Winter 1944. Andererseits verfolgt er konkrete Schlachten oder Befehle, wie das „Round-the-clock-bombing“, die Operation „Hurricane“ oder „Aktion Maulwurf“.

Blank führt eine Vielzahl von Quellen und Literatur an, was zugleich den breiten Forschungsstand zum Zweiten Weltkrieg im Allgemeinen und einzelner Kriegsendphasen im Speziellen widerspiegelt. Weiterhin bietet der Anhang der Monographie eine Angriffschronik alliierter Mittelstreckenbomber von Dezember 1944 bis März 1945 im gesamten Ruhrgebiet, ein Verzeichnis der Abkürzungen sowie ein Personen- und Ortsregister. Die Publikation ist zudem reich bebildert. Mehr als einhundert gut ausgewählte Schwarz-Weiß-Fotographien von erstaunlicher Qualität ergänzen Blanks Darstellung und werden stets mit einer erklärenden Bildunterschrift geliefert. Häufig zeigen sie verschiedene Städte des Ruhrgebiets aus der Luftperspektive, ihre Zerstörung sowie die Bomber, die für diese Zerstörungen verantwortlich sind.

Das verbindende Element von Bitter Ends ist die Kriegsendphase des Zweiten Weltkrieges im Ruhrgebiet, wobei sowohl die alliierte Perspektive, als auch die Entwicklungen an der „Heimatfront“ thematisiert werden. Es werden diverse Zusammenhänge der Kriegsendphase, die Strategien sowie der Erfindungsreichtum der Zivilbevölkerung des Ruhrgebietes herausgestellt, ohne dass jedoch im Rahmen der Darstellung konkrete Forschungsziele benannt werden. Sprachlich und stilistisch ist diese Monographie durchaus anspruchsvoll, zugleich aber gut verständlich. Für regionalgeschichtlich interessierte Forscher, die sich mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzen möchten, ist Blanks Buch vor allem als Fundgrube zu empfehlen, zumal es mit dem umfangreichen Literatur- und Quellenverzeichnis viele weiterführende Texte anbietet.

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen

Titelbild

Ralf Blank: Bitter Ends. Das letzte halbe Jahr des Zweiten Weltkriegs im Ruhrgebiet 1944.
Klartext Verlagsgesellschaft, Essen 2014.
364 Seiten, 22,95 EUR.
ISBN-13: 9783837511925

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