„Köln in unheiligen Zeiten“

Ein Sammelband von Stefan Lewejohann porträtiert die Stadt im Dreißigjährigen Krieg

Von Lena LiebernRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lena Liebern

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Köln bewahrte während der Kriegszeit seine Neutralität, war das geistige und kulturelle sowie katholische Zentrum Deutschlands, hatte vor allem durch Kriegsgüter eine florierende Wirtschaft vorzuweisen und hinterlässt bis heute mächtige Prachtbauten und Heldensagen aus dem 17. Jahrhundert. Das Kölner Stadtmuseum zeigte vom 14. Juni bis zum 5. Oktober 2014 eine neue Facette der Kölner Stadtgeschichte: Köln in unheiligen Zeiten. Die Stadt im Dreißigjährigen Krieg. Stefan Lewejohann, Kurator der Ausstellung und Herausgeber des gleichnamigen Sammel- und zugleich Begleitbandes, führt gemeinsam mit zahlreichen anderen HistorikerInnen in die recht unbekannte Frühe Neuzeit Kölns zwischen 1618 und 1648 ein.

Die insgesamt 36 essayistischen Beiträge, basierend auf einschlägiger Forschungsliteratur, erstrecken sich von einem Grußwort über die Einleitung bis hin zu verschiedenen thematischen Beiträgen. Diese berichten von der Stadt Köln im 17. Jahrhundert, von Kölns Position im Krieg, vom heiligen, katholischen Zentrum und von dem, was im 21. Jahrhundert aus der Frühen Neuzeit noch geblieben ist. Der 14-seitige Anhang beinhaltet einen Anmerkungsapparat, eine Literaturliste sowie ein Personenverzeichnis der beteiligten AutorInnen. Der chronologische und übersichtliche Aufbau ermöglicht – durch die immer wiederkehrende Darstellung herausragender Personen und prägender Ereignisse – auch Laien einen leichten Einstieg in den Begleitband. Vor allem die Charaktere Jan von Werth (1591-1652), damals wie heute ein Kriegsheld für die Bürger, sowie die aus Frankreich nach Köln geflüchtete Maria von Medici (1575-1642) werden in mehreren Kontexten erwähnt.

Der Band beginnt mit einer Einführung in die gesellschaftliche und politische Großstadt Köln im 17. Jahrhundert. Es folgen zwei Unterkapitel: Macht, Repräsentation und Gesellschaft und Die Anderen. Einen hochgradig repräsentativen Effekt hatten unter anderem die Große Gottestracht, das eigentliche Staatsfest der Stadt Köln, sowie Wenzel Hollars (1607-1677) große Stadtansicht (Rita Wagner). Das Unterkapitel Die Anderen beleuchtet das Leben von Frauen, Protestanten und Juden in der Stadt (u.a. Jochen Hermel). Fokussiert wird Kölns Position im Krieg im Kapitel Moneten und Musketen. Unter der Überschrift Köln im Krieg – Krieg in Köln werden eingeschränkte Handelswege, Kölns Außenpolitik und Neutralität, der Waffenhandel und die „Kölner Decke“ behandelt (u.a. Hans-Wolfgang Bergerhausen). Die Ausführungen unter dem Titel Akteure stellen die Familie Jabach sowie die bereits erwähnten Persönlichkeiten Maria von Medici und Jan von Werth vor (u.a. Mario Kramp). Das Kapitel Das Heilige Köln beinhaltet Köln als katholisches Bollwerk und Schatzhaus Köln. Das „Heilige Köln“ bewahrte wie keine andere deutsche Stadt seinen katholischen Charakter, der sich besonders durch die Gegenreformation von diversen Frauenorden und dem Jesuitenorden, dem florierenden Buchdruck katholischer Schriften sowie durch wertvolle eingelagerte Kirchenschätze auszeichnete (u.a. Joachim Oepen und Jennifer Kirchhoff). Was Bleibt? stellt unterschiedliche Kunst und Bauten vor, nämlich Schätze und Bauwerke, die auch im 21. Jahrhundert noch betrachtet werden können bzw. einen Teil des Stadtbildes ausmachen. Dazu gehören Peter Paul Rubens’ Gemälde Verlorener Sohn und gefeierter Held, die goldene Kammer St. Ursula und die Klosterkirche Maria vom Frieden. Brauchtum und Heldenverehrung um den bekannten Jan von Werth werden im letzten Kapitel behandelt (u.a. Michael Kaiser).

Die essayistischen Beiträge ermöglichen dem Leser einen vielschichtigen, allerdings auch recht oberflächlichen Einblick in die Stadt Köln im 17. Jahrhundert – zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Nach einem allgemeinen Überblick werden im weiteren Verlauf verschiedene Gesichtspunkte in den Fokus gerückt. Teilweise scheinen manche Beiträge, wie z.B. der über die „Kölner Decke“, unpassend positioniert, was daran liegen könnte, dass sie thematisch auch sonst nirgendwo anders hätten untergebracht werden können. Von besonderer Bedeutung ist der Aufsatz über die Stadtgesellschaft Kölns, da bisher noch keine gesellschaftliche Darstellung Kölns in der Frühen Neuzeit vorliegt. Der Begleitband ist reich bebildert und zeigt Gemälde, Grafiken, Dokumente, Skulpturen, Kirchenschätze, Porträts wichtiger Persönlichkeiten, Rüstungen, Kriegswaffen, wertvolle Kunstobjekte des 17. Jahrhunderts sowie Bilder der Stadt im Krieg. Diese unterstützen die verschiedenen Beiträge hervorragend und gestalten die Lektüre lebendig.

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen

Titelbild

Stefan Lewejohann (Hg.): Köln in unheiligen Zeiten - die Stadt im Dreißigjährigen Krieg. Begleitband zur Ausstellung des Kölnischen Stadtmuseums, vom 14. Juni bis 5. Oktober 2014.
Böhlau Verlag, Köln 2014.
260 S., 16,00 EUR.
ISBN-13: 9783412224110

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