Jean-Michel Guenassia: „Der Club der unverbesserlichen Optimisten“

Von Eva-Maria StolbergRSS-Newsfeed neuer Artikel von Eva-Maria Stolberg

Der Pariser Jugendliche Michel erlebt die weltpolitischen Turbulenzen der 60er Jahre. Als Pubertierender selbst mit Problemen wie Familie, Liebe und Schule beschäftigt, reflektiert er die amüsanten und tragischen Unwägbarkeiten des erwachsenen Lebens.

Es ist das Paris der 68er-Generation, der Bohemiens, die in Cafés und Bistros über Satre und den Existentialismus debattieren. Wohin steuert die Linke? Mittendrin befindet sich der Club der unverbesserlichen Optimisten. Hier treffen sich Emigranten aus den Ländern des real existierenden Sozialismus, Tschechen, Ungarn, vor allem Russen. Als politische Vertriebene, desillusioniert vom Sozialismus osteuropäischer Prägung ringen sie um Orientierung und Identität in der neuen Heimat. Ökonomisch finden sie keinen Fuß, verdienen sich ihren Lebensunterhalt als Taxifahrer. Bei den Gesprächen im Club dreht es sich um die Bewältung der Alltagsprobleme, wie Arbeit- und Wohnungssuche. Es geht um das Überleben in einer unüberschaubaren Welt, indem das Improvisationstalent plus einer gewaltigen Prise Humor Grundlage für den unverbesserlichen, aber so liebenswürdigen Optimismus bietet.

Dem Autor Jean-Michel Guenassia gelingt es hervorragend, die Mentalität von Franzosen und Exil-Russen auf den Nenner des savoir de vivre zu bringen. Guenassia schlägt dabei eine kulturelle Brücke zwischen West- und Osteuropa. Mehr noch, Guenassia erweist sich als profunder Kenner der modernen sowjetischen Geschichte, denn die Erinnerung der Exil-Russen an die repressive Herrschaft Stalins, an den Zweiten Weltkrieg, aber auch an die russische Kultur Leningrads, des russischen Paris des Nordens, die russische Kultur des Schachspiels prägen als Mosaiksteine des frühen Lebens den Neuanfang in der Fremde.

(Diese Empfehlung wurde bereits im Zusammenhang mit der Lesenacht der Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen veröffentlicht.)

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen