Katharina von Bora als erste Pfarrfrau

Eleonore Dehnerdts Biographie-Roman über die „starke Frau an Luthers Seite“

Von Pauline PuppelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Pauline Puppel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Jubiläum der Reformation 2017 steht bevor, und nicht nur Wissenschaftler widmen sich dem konfessionellen Zeitalter, sondern auch die geschichtlich interessierte Öffentlichkeit wendet sich den Ereignissen von 1517 und ihren Folgen für das Leben der Menschen zu. Was liegt also näher, als einen Roman über eine der Protagonistinnen der Reformation in den Handel zu bringen? Eleonore Dehnerdt, die zunächst als Diplom-Sozialpädagogin arbeitete, ehe sie hauptberuflich schriftstellerisch tätig wurde, veröffentlichte ihren ersten Roman über Luthers Ehefrau Katharina von Bora 1999 im Aussaat-Verlag. Der historische Roman mit dem Titel „Kloster, Pest und Krippenspiel“ war ein sogenannter Longseller und erlebte 2012 seine zweite überarbeitete Auflage.

2015 hat Dehnerdt zum dritten Mal über „die starke Frau an Luthers Seite“, diesmal im Gießener Brunnen-Verlag publiziert. Ähnlich wie Eva Zeller, die 1996 einen Biographie-Roman über „Die Lutherin“ veröffentlicht hat, beginnt auch Dehnerdt mit einer persönlichen Aneignung von Thema und Terrain durch eine Besichtigung der Ruine des Klosters, aus dem Katharina von Bora 1523 im Alter von 24 Jahren floh. Ebenso wie Zeller hat auch Dehnerdt das bekannte Katharina-Porträt von Lucas Cranach d. Ä. aus dem Jahr 1526 als Titelbild gewählt. Weitere Bilder sind leider nicht vorhanden.

Dem Leben der Protagonistin widmet die Autorin zehn chronologisch angeordnete Kapitel, denen sie eine Zeittafel anschließt. Darüber hinaus listet sie die von ihr verwendete Literatur auf, wodurch allerdings deutlich wird, dass sie bedauerlicherweise die modernen Forschungsergebnisse nicht rezipiert hat. Beispielsweise wurde 1999 anlässlich des 500. Geburtstags der Lutherin eine Ausstellung im Wittenberger Lutherhaus veranstaltet. In dem umfassenden von Martin Treu im Auftrag der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt betreuten Katalogband sind durchaus neuere Forschungsergebnisse greifbar. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die moderne Familiengeschichtsforschung Katharinas Herkunft zugewendet.

Manche von Dehnerdts Aussagen über Katharina von Bora wären aufgrund der neueren wissenschaftlichen Studien zu Luthers Ehefrau sowie zum Alltagsleben im Zeitalter der Reformation zu relativieren; allein: Die Autorin erhebt nicht den Anspruch historisch zu bilden, sondern möchte unterhalten. Dies gelingt ihr, denn die Protagonistin ist eine ideale Identifikationsfigur. Katharina von Bora wird als selbstbewusste, zupackende Frau beschrieben, die tatkräftig und erfolgreich einen großen bäuerlichen Haushalt leitete. Die Arbeiten in den Gärten und auf den Gütern im Ablauf der Jahreszeiten werden eindrucksvoll geschildert. Die Lutherin hielt ihrem wesentlich älteren Ehemann, der als Professor an der Universität Wittenberg lehrte und sehr stark in seinen Beruf eingebunden war, den Rücken frei, ganz so, wie es heute viele Ehefrauen tun. Das Verhältnis der Eheleute zueinander wie auch der Eltern, insbesondere der Mutter zu ihren Kindern beschreibt Dehnerdt gefühlvoll und anrührend. Auch dies ist für eine heutige Leserin sehr gut nachvollziehbar, erscheint doch Liebe als überzeitliche menschliche Emotion. Ob Katharina von Bora einen eigenen Anteil an der Reformation hatte wie ihre Freundin Elisabeth Cruciger, die als Komponistin geistlicher Lieder eigenen Ruhm erwarb, arbeitet Dehnerdt hingegen nicht heraus. Die Ehefrau des Reformators sorgte für die eigenen und angenommene Kinder sowie für die Studenten und andere Gäste, pflegte Alte und Kranke, führte den Haushalt und schuf ein behagliches Heim. Auf Bitten ihres Gemahls las sie auch die Bibel. Katharina von Bora verkörperte das neue, das evangelische Ideal der Frau als Mutter und Hausfrau, gleichsam als „erste Pfarrfrau“.

Dehnerdts Sprache ist unprätentiös, die Sätze sind meist kurze Hauptsätze. Das Büchlein, das durchaus emotional berührt, liest sich gut. Für alle, die Unterhaltung haben möchten, ist der Roman durchaus empfehlenswert. Alle, die an wissenschaftlich fundierteren Erkenntnissen interessiert sind, seien auf den Aufsatzband zur Ausstellung anlässlich Katharina von Boras 500. Geburtstags hingewiesen.

Ein Beitrag aus der Mittelalter-Redaktion der Universität Marburg

Titelbild

Eleonore Dehnerdt: Katharina. Die starke Frau an Luthers Seite.
Brunnen-Verlag, Gießen 2015.
190 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-13: 9783765542749

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