Gegner der Reformation und Verteidiger der lutherischen Orthodoxie

Lothar Voßmeyer über Brandenburgs Kurfürsten der Reformationszeit

Von Sabine GruberRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sabine Gruber

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das Jahr 1499 markiert ein wichtiges Datum in der Geschichte der Hohenzollern: Nach dem Tod Johann Ciceros von Brandenburg, des ersten Hohenzollern, der dauerhaft in der Mark Brandenburg residiert hatte, machte sich der fränkische Zweig der Hohenzollern große Hoffnungen, Einfluss auf die Berliner Politik nehmen zu können. Dass Joachim, der erst 15jährige älteste Sohn Johann Ciceros, allein die Regierung würde führen können, hielt man für nicht vorstellbar. Sein Onkel Markgraf Friedrich von Ansbach sollte deshalb die Vormundschaft übernehmen und dafür mit weitreichenden Vorrechten ausgestattet werden. Umso erstaunter war man, als der junge Mann beim Kaiser und beim Mainzer Erzbischof durchsetzte, dass ihm schon vor der Volljährigkeit alle kurfürstlichen und markgräflichen Rechte zugestanden wurden. Dieses entschlossene Auftreten eines Halbwüchsigen, Joachims I., stand am Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte der brandenburgischen Hohenzollern, die es durch geschicktes Paktieren und eine Heiratspolitik, die der der Habsburger kaum nachstand, verstanden, ihr Territorien und ihre Einflussmöglichkeiten von Generation zu Generation stetig zu erweitern.

Lothar Voßmeyer zeichnet in seinem populär geschriebenen Band die für Brandenburg so entscheidende Zeit vom Ende des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts anhand der Biographien der drei Kurfürsten Joachim I. (1499-1535), Joachim II. (1535-1571) und Johann Georg (1571-1598) nach. Dabei berücksichtigt er nicht nur die politischen Entwicklungen, sondern beschreibt auch die religiösen Umwälzungen und – vor allem – die Verflechtungen des einen mit dem anderen. Er beginnt mit Joachim I., Bruder des mächtigen geistlichen Kurfürsten Albrecht von Brandenburg, der trotz zahlreicher Übertritte zum Protestantismus im Land und in seiner Umgebung (seine Frau, die dänische Prinzessin Elisabeth, wurde Protestantin und flüchtete 1528 außer Landes) zeitlebens überzeugter Katholik blieb, gegenüber dem Protestantismus eine kompromisslose, harte Linie verfocht und auch seinen Söhnen testamentarisch abverlangte, niemals den katholischen Glauben zu verlassen. Ihm folgte sein Sohn Joachim II. nach, der in zweiter Ehe mit der streng katholischen Prinzessin Hedwig von Polen verheiratet war, für sie das Dominikanerkloster auf der Spreeinsel zu einem prächtigen Dom umgestalten ließ, von der Pracht des katholischen Ritus fasziniert war, aber dennoch 1539 das Abendmahl in beiderlei Gestalt empfing und damit protestantisch wurde. Und der Band endet mit Johann Georg, der bereits als junger Mann der lutherischen Orthodoxie anhing, den Calvinismus entschieden ablehnte und versuchte, mit seiner strengen, sparsamen Lebensführung dem Idealbild eines protestantischen Fürsten zu entsprechen.

Voßmeyer berichtet nicht nur von den politischen und religiösen Umwälzungen, sondern macht die Kurfürsten auch als Menschen sichtbar. Die Mätressenwirtschaft Joachims I. und Joachims II., die in beiden Fällen zu öffentlichen Peinlichkeiten führte, wird ebenso wenig ausgespart wie die Beschreibung prächtiger höfischer Feste und Turniere. Die Schattenseiten der Machtentfaltung der Hohenzollern zeigen sich in erschreckenden Judenpogromen unter Joachim I. und Johann Georg. Letzterer suchte zunächst in dem jüdischen Münzmeister seines Vaters einen Mitschuldigen für den ungeheuren Schuldenberg, den sein Vater durch seine verschwenderische Lebensführung angehäuft hatte, und ließ diesen unter Folter erfundene Verbrechen gestehen. Anschließend weitete er die Strafaktion zu einer Kollektivstrafe gegen alle Juden in Brandenburg aus, die für 100 Jahre das Land verlassen mussten.

Voßmeyer gelingt es, durch einen mehr erzählenden als analysierenden Stil diese lange zurückliegende Zeit sehr lebendig zu machen. Obwohl das Buch nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Publikation erhebt, ist das fast gänzliche Fehlen von Anmerkungen (nur einige wörtliche Zitate, jedoch nicht alle, sind nachgewiesen) misslich. Dadurch ist das Literaturverzeichnis im Anhang (wo sich auch noch eine Zeittafel, ein Ausschnitt aus dem Stammbaum der Hohenzollern und ein Personenverzeichnis finden) nur bedingt hilfreich.

Ein Beitrag aus der Mittelalter-Redaktion der Universität Marburg

Titelbild

Lothar Voßmeyer: Brandenburgs Kurfürsten der Reformationszeit. Drei Hohenzollern-Porträts.
vbb Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2014.
256 Seiten, 19,99 EUR.
ISBN-13: 9783945256206

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