Komik des Entsetzlichen
Groteskes in Wolfgang Koeppens „Der Tod in Rom“
Von Günter Häntzschel
Beinahe allen Rezensionen und wissenschaftlichen Arbeiten über Wolfgang Koeppens Roman Der Tod in Rom ist trotz teilweise ganz heterogener Ergebnisse eines gemeinsam: die Überzeugung, dass aus dem Text ein tiefer Ernst spreche. „Fataler Mythos! Blut und Schmutz des Dritten Reiches als Nornentragödie vor kolossalem Hintergrund.“[1] „Unserer Generation […] wird erheblich die Hölle heiß gemacht. Wir müssen uns getroffen fühlen, falls wir nicht auch noch unter die Pharisäer gehen wollen.“[2] „Koeppen ist Moralist, und allein daher kommt seine Unerbittlichkeit.“[3] Man meinte, in Judejahn „eine realistische Verkörperung jener Brutalität und Borniertheit, die besonders dem deutschen Militarismus eigen sind“[4], zu erkennen. Nach Dietrich Erlachs Monographie über Wolfgang Koeppen als zeitkritischer Erzähler[5] von 1973 widmen sich mehrere Untersuchungen vor allem der Figur Judejahn und sehen in ihr die Verkörperung des autoritären Charakters.[6]
Es fragt sich aber, und vor allem aus heutiger Distanz, ob Koeppens Roman nicht auch anders gelesen werden kann. Enthält der Text neben Tragik und Ernst nicht auch ein gar nicht so geringes Maß an Komik, Skurrilität und Lächerlichem? Kann man ihn nicht wenigstens stellenweise fast als eine Art böser oder boshafter Komödie lesen?
Judejahn, der gefürchtete Nazi und Massenmörder, bei den Nürnberger Prozessen in Abwesenheit zum Tode verurteilt, erscheint in Rom nicht nur als furchtbarer Verbrecher, sondern stellenweise auch als lächerlicher Tölpel, verunsichert, hilflos und hilfebedürftig in einem. Zwei Situationen für viele: Der italienischen Sprache nicht mächtig und englisch nur radebrechend, gerät er immer wieder in missliche und peinliche Situationen. Heißhungrig
roch er am Eingang der gesuchten Gasse Speisegeruch. Ein Garkoch hatte in seinem Schaufenster allerlei Gerichte zur Schau gestellt, und Judejahn ging in den Laden und verlangte gebackene Leber, auf der im Fenster ein Täfelchen „fritto scelto“ gelegen hatte, und Judejahn forderte die Leber mit dieser Täfelchenbezeichnung „fritto scelto“, das hieß aber nur „nach Wahl“, und man brachte ihm aus Mißverständnis und nicht rechtem Hinhören in Teig und Öl gebackene Regenwürmer, und ihm grauste. Er fühlte, wie sein schwerer Leib sich in Würmer auflöste, er erlebte lebendigen Leibes seine Verwesung, aber um der Auflösung zu begegnen, schlang er gegen alles Grauen weiter hinunter, was auf dem Teller lag.
An anderer Stelle blamiert er sich in seiner kulturellen Ahnungslosigkeit. Bei einem seiner Irrgänge durch Rom hatte er
Richtung und Zeit verloren, Gegenwart wurde Vergangenheit, aber das Ziel hatte er im Auge, die Marmorstufen, den Steinkoloß, das weiße Ehrenmal an der Piazza Venezia, das Nationaldenkmal des zweiten Emanuel, das Judejahn für das Kapitol hielt und zugleich für einen Mussolini-Bau, für ein vom Duce errichtetes Monument, das die Historie zu ehren, die alten Fundstätten zu krönen, und dies war die weiß und golden strahlende Verkündigung der Wiederauferstehung des Imperiums.[7]
Bei aufmerksamem Lesen offenbart sich, daß Koeppens Text von ähnlich komischen, lächerlichen, bizarren Szenen und Charakterisierungen geradezu übersät ist. Die folgenden Beobachtungen wollen die tiefgründigen Untersuchungen des Romans aus existential-psychologischer, intertextueller, strukturaler oder philosophischer Perspektive[8] nicht in Frage stellen, sie aber um eine Dimension ergänzen, die bisher noch nicht in den Blick gerückt ist: Dem Ernst der Thematik steht die Komik ihrer literarischen Darstellung gegenüber, oder genauer: Das Ernste erscheint zu großen Teilen in komischer Inszenierung. Auch damit erweist sich Der Tod in Rom als das, was Koeppen im zweiten Teil seiner Roman-Trilogie, Das Treibhaus, eine „eigene poetische Wahrheit“ nennt. Beide Romane, so kann man ergänzen, auch Der Tod in Rom, haben
mit dem Tagesgeschehen, insbesondere dem politischen, nur insoweit zu tun, als dieses einen Katalysator für die Imagination des Verfassers bildet. […] Die Eigenart lebender Personen wird von der rein fiktiven Schilderung weder berührt noch ist sie vom Verfasser gemeint. Die Dimension aller Aussagen des Buches liegt jenseits der Bezüge von Menschen, Organisationen und Geschehnissen unserer Gegenwart; der Roman hat seine eigene poetische Wahrheit.“ (222 Wer schreibt das??)
Viele der ersten Leser und Rezensenten erkannten gerade nicht diese „eigene poetische Wahrheit“, sondern fanden nur immer allzu schnell Analogien zur realhistorischen Wirklichkeit, während die „poetischen“, also fiktiven Elemente, sofern diese doch vereinzelt wahrgenommen wurden, als störend und als den vermeintlichen Ernst beeinträchtigend abgewertet wurden. Man suchte einen „Spiegel der deutschen Wirklichkeit“ und findet enttäuscht nur einen „Zerrspiegel“[9] oder „Manieriertheiten“ statt „Realismus“[10].
Orientierungspunkt und Maßstab dieser repräsentativ ausgewählten Kritiken – wie der Literaturkritik der 50er Jahre generell – bilden einerseits die Realitätsnähe und andererseits der die Wirklichkeit verklärende und überhöhende Roman nach dem Modell des poetischen Realismus. Insofern lautet die opinia communis über den Tod in Rom: „Diesem perversen Gespensterreigen kann man nicht ernst nehmen.“[11]
‚Nicht ernst nehmen‘ möchte ich hier wörtlich verstehen und in neuer unbefangener Lektüre tatsächlich nach dem, was nicht ernst, sondern unernst, komisch, komödienhaft gestaltet ist, suchen. Dass solche Momente ins Auge stechen, erklärt sich schon aus der Nähe des Textes zum Dramatischen, Schauspielhaften. Ähnlich wie Tauben im Gras enthält auch Der Tod in Rom eine Fülle von Geschehen, ein großes Quantum erzählter Zeit, aber in der gedrängten, konzentrierten Form eines Querschnitts – dort einen, hier zwei Tage umfassend –, wobei gegenüber dem ersten Werk die Zahl der Personen reduziert ist. Nicht ein episches Kontinuum, das die zeitgenössischen Leser bei einem Roman erwarteten, sondern die Disposition in szenenartigen Textsegmenten, die aus inneren Monologen, aus Dialogen oder aus solchen Abschnitten bestehen, in denen erzählerische Visionen inszeniert sind, zeichnet den Tod in Rom aus.
Schon Alfred Andersch stellte die Nähe zum Theatermäßigen her.[12] Anderen Rezensenten erscheinen die Personen „wie Marionetten […] auf der Bühne des Geschehens.“[13] Tatsächlich hat man 1990 im Frankfurter Theater Aaron einzelne Motive des Romans Der Tod in Rom in Szene gesetzt.[14] Die eingangs zitierte Passage bot schon ein Beispiel für den komödienartigen Charakter des sich abspielenden ‚Bühnengeschehens‘. Eine weitere Affinität zum Komödienhaften stellt Koeppens Motto aus Dantes Göttlicher Komödie, dem Inferno, dar, das bisher im Gegensatz zu dem oft diskutierten zweiten Motto aus Thomas Manns Tod in Venedig kaum beachtet wurde. Schon die Existenz der beiden literarischen Motti hätte einem rein realistisch-zeitkritischen Verständnis im Wege stehen müssen. Der Dante-Bezug zielt einmal auf das auch von Koeppen imaginierte Inferno, trägt aber auch der Tatsache Rechnung, dass Koeppen wie Dante, der sich auf die Ars poetica des Horaz beruft, im ‚komischen‘ Stil gestaltet, indem er sich in allen Stilbereichen und Stilhöhen bewegt, also Hohes mit Niedrigem, ‚Schreckliches‘ mit ‚Glücklichem‘, Ernstes und Tragisches mit Komischem verbindet.[15]
Komödien-Konstellationen deuten sich auf der Handlungsebene an: so etwa das künstliche und fern jeglicher Kausalität und Logik in Szene gesetzte Zusammentreffen aller Mitglieder der Familien Pfaffrath und Judejahn sowie dem Ehepaar Kürenberg in Siegfrieds Konzert. Wie in einer Komödie regiert der Zufall, denn eigentlich war nur eine Begegnung der Pfaffraths mit dem Schwager und Ehemann Judejahn geplant. Das unerwartete Wiedersehen der Vetter Siegfried und Adolf, mehr noch, dass Siegfrieds Konzert gerade zu dem Zeitpunkt stattfindet, in dem alle in Rom versammelt sind, dass ausgerechnet Kürenberg, dessen Schwiegervater von den Nazis ermordet wurde und dem Pfaffrath damals in seiner Funktion als Oberpräsident zur Scheidung riet, jetzt mit seiner Frau Ilse anwesend ist und Siegfrieds Werk komponiert und andere Ereignisse mehr könnten aus einer Komödie stammen. Dazu gehört auch die aufgrund ihrer Unwahrscheinlichkeit kaum glaubliche und gerade deswegen so wirkungsvoll inszenierte Konfrontation des nationalsozialistischen Gewalttäters Judejahn mit dem angehenden Priester, des Vaters mit dem Sohn, in einer Schwulenbar, wo beide in unterschiedlichen Absichten um die verführerische Kassiererin Laura werben und Judejahn meint, Adolf habe ihn um den Erfolg bei der Prostituierten gebracht mit dem Geld, das er ihm zuvor selber gegeben hat.
Hinweise auf eine komödienartige Struktur bieten auch der Kommentar der Erzählerfigur wie der innere Monolog Siegfrieds. Siegfried sieht sich und Adolf bei dessen überraschenden Besuch als „traurige Clowns in einer mäßigen Verwechslungsposse“ (451). Der aus der Bahn des Befehls und der Gewalt geworfene Judejahn erscheint als „der Clown seines Einst“ (428). Eva und Adolf agieren als „Schemen auf der Schattenbühne“ (522). Und als Adolf, der Sohn des brutalen Gewalttäters, ausgerechnet neben Ilse Kürenberg, der Tochter des von den Nazis umgebrachten jüdischen Kaufmanns, nebeneinander in einer Loge sitzt, wird diese pointierte Szene mit den Worten kommentiert: „Da die Tragödie geschehen war, mußte das Satyrspiel folgen.“ (531)
Der bisherige Befund ergibt, daß nicht nur Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch Ernst und Komik, „Tragödie“ im Sinne von Unheil und Schrecken und „Satyrspiel“ im Sinne eines grotesken Nachspiels zusammentreffen oder besser: zu einem neuen Spiel mit eigener Logik miteinander verschmolzen sind. Eine derartig provozierende Kombination des Heterogenen, des Abgründigen, Gewaltsamen und Grauenerregenden mit dem Komischen, Lächerlichen und Überraschenden, ist in der Literatur unter dem Begriff des Grotesken bekannt. Ursprünglich eine Bezeichnung für antike Ornamente, die Ende des 15. Jahrhunderts in italienischen Grotten, entdeckt wurden, meint ‚Groteske‘ in der Folge eine bestimmte Form der ornamentalen Kunst, wie sie zum Beispiel von Raffael bei der Ausschmückung der päpstlichen Loggien in der Engelsburg verwendet wurde. In ihrer Darstellung verbinden sich disparate Motive aus pflanzlichen, tierischen, menschlichen und mythologischen Bildelementen in widernatürlichen, den empirischen Wahrscheinlichkeitskriterien widersprechenden Anordnungen. Groteskes als Derbkomisches verstanden und beispielsweise auf die Commedia dell‘arte bezogen, erfährt im aufklärerischen 18. Jahrhundert von Gottsched über Lessing bis Wieland strikte Ablehnung, bis die Frühromantik in Abkehr vom Mimesis-Prinzip gerade in dem vermeintlich nur Unregelmäßigen, Heterogenen artifizielle Qualitäten entdeckt. Das Groteske spielt „mit wunderlichen Versetzungen von Form und Materie, liebt den Schein des Zufälligen und Seltsamen und kokettiert gleichsam mit unbedingter Willkür.“[16] Groteske Gestaltungen werden als „ursprüngliche Form der menschlichen Fantasie“[17] gepriesen und in ihrer Loslösung vom Real-Empirischen in die Nähe von Witz, Humor und Ironie gebracht. Solche Verbindungen kennzeichnen bekanntlich die Dichtungen E.T.A. Hoffmanns, Bonaventuras, Jean Pauls und anderer Romantiker. In der französischen Romantik wird 1827 von Victor Hugo in der Préface de Cromwell das Groteske als Spannungsverhältnis zwischen Schönem und Erhabenem mit Hässlichem, Satanischem und Lächerlichem verteidigt, weil nur in solcher Ausweitung die Kunst ein umfassendes Bild der Wirklichkeit bieten könne. Ich übergehe die differenzierten Bemerkungen zur grotesken Kunst in Hegels Ästhetik, von Baudelaire und die Theorien des 20. Jahrhunderts[18] und erinnere nur an die von der Jahrhundertwende bis zum Expressionismus verbreitete groteske Literatur von Wedekind, Kafka, Benn, Brecht, Morgenstern, Gustav Meyrink, van Hoddis, Ehrenstein, Georg Heym sowie an neue Ausprägungen nach 1945 von Kurt Kusenberg, Wolfgang Hildesheimer und vor allem Friedrich Dürrenmatt.[19]
So unterschiedlich Dürrenmatt und Koeppen im Einzelnen sein mögen, berühren sie sich doch eng in ihrer jeweiligen Distanz zum ‚realistischem Schreiben‘. Dürrenmatt betont, dass die Welt nur „der Steinbruch [ist], aus dem der Schriftsteller die Blöcke zu seinem Gebäude schneiden soll. Was der Schriftsteller treibt, ist nicht ein Abbilden der Welt, sondern ein Neuschöpfen, ein Aufstellen von Eigenwelten, die dadurch, daß die Materialien zu ihrem Bau in der Gegenwart liegen, ein Bild der Welt ergeben.“[20]Während die Tragödienstoffe allgemein bekannt seien, lebe die Komödie vom immer neuen „Einfall“ ihrer Verfasser. „Es sind Einfälle, die in die Welt wie Geschosse einfallen, welche, indem sie einen Trichter aufwerfen, die Gegenwart ins Komische umgestalten.“ Mittel dazu erscheint ihm nach dem Vorbild des Aristophanes das Groteske als „eine äußerste Stilisierung, ein plötzliches Bildhaftmachen und gerade darum fähig, Zeitfragen, mehr noch, die Gegenwart aufzunehmen, ohne Tendenz oder Reportage zu sein.“ Er könnte sich „daher wohl eine schauerliche Groteske des zweiten Weltkrieges denken, aber noch nicht eine Tragödie, da wir noch nicht die Distanz dazu haben können.“[21]
Blicken wir nach diesem Exkurs wieder auf Koeppens Text zurück, so ist zu sehen, dass dessen groteske Elemente vor allem der Person Gottlieb Judejahn gelten. Koeppens ‚eigene Welt‘ erschließt sich genauer, wenn wir versuchen, die Personen der Handlung zu gruppieren und dabei verfolgen, auf welche Weise die unterschiedlichen Gruppen mit denselben Bild- und Themenmotiven konnotiert sind. Vier Gruppen lassen sich von einander abgrenzen:
- Eine erste besteht aus dem Ehepaar Kürenberg, Exilanten und Opfer des Nationalsozialismus, auch nach dem Kriege Deutschland fremd geblieben, aber in aller Welt zu Hause, aus England kommend und im Begriff, nach dem Zwischenspiel in Rom nach Australien aufzubrechen.
- Dem steht als zweite Gruppe die Familie Pfaffrath gegenüber, Anna und Friedrich Wilhelm und ihr karrieresüchtiger Sohn Dietrich, Nazi-Mitläufer und Opportunisten.
- Eine dritte Gruppe bilden Siegfried und sein Vetter Adolf Judejahn, im Bemühen, sich von ihren Familien zu distanzieren und sich von ihrer nationalsozialistischen Kindheit und Erziehung zu lösen.
- Und schließlich machen die überzeugten und unbelehrbaren Nazis eine vierte Gruppe aus, Judejahn und seine Frau Eva, der ominöse Waffenhändler Austerlitz sowie die beiden finsteren Typen der ehemaligen österreichischen SS.
Koeppens Strategie besteht darin, die getrennten Gruppen mit gemeinsamen Motiven zu versehen, diese aber unterschiedlich zu konnotieren. Die Motive der Nahrungsaufnahme, der Körperlichkeit, der Tiermetaphorik und Sexualität sind Beispiele dafür. Zunächst die Nahrungsaufnahme: „Nach der Probe gingen Kürenbergs essen. Sie aßen gern; sie aßen oft, sie speisten viel und gut. Zum Glück sah man es ihnen nicht an. Sie vertrugen das viele und gute Essen; sie waren beide wohlproportioniert.“ (403f.) Kürenberg, „ein leidenschaftlicher Koch“ (404), lässt es sich nicht nehmen, während seiner Konzertreisen auf den Hotelzimmern selber liebevoll und aufwendig das Mahl zuzubereiten, wozu er mit der „vollkommenste[n] tranportable[n] Küche“ (431), ausgestattet ist. Beide Kürenbergs zelebrieren den Einkauf der Speisen und kultivieren die Mahlzeit als genießende Kenner. Ihre Zeremonien sind Zeichen von Lebensbejahung und Lebensgenuss, ihrer sinnlichen Freude und Lust am Dasein. Mit dem Essen verleiben sie sich Geschichte, Kultur und Natur ein.
Siegfried dagegen, von den Kürenbergs zum Speisen eingeladen, ist zu einem auch nur entfernt vergleichbaren Genuss nicht fähig. Schon bei den Vorbereitungen fällt ihm die Küche seines nationalsozialistischen Elternhauses ein, in der „die Stiefel der uniformierten Amtsboten und Dienerschaftsfreunde […] immer wieder neuen Schmutz in den feuchten spiegelnden Fliesengrund zum Ärger des bei uns stets unwirschen, hektisch lauten und hektisch fahrigen Personals“ (432) zeichneten. Und beim Essen schmeckt ihm „nichts, oder doch – Asche schmeckte ich, lebenlose zum Verwehen bereite Asche.“ Das köstliche und so liebevoll zubereitete Mahl kann er „in all der trockenen filzigen Asche auf meiner Zunge“ (433) kaum zu sich nehmen. Die Erinnerung an die brennenden Häuser der Juden, vielleicht auch an die Vernichtungsöfen der Konzentrationslager rauben ihm Appetit, Lebens- und Sinnenfreude. Und ähnlich wird Adolf, Diakon und künftiger Priester, beim kümmerlichen Frühstück in einer düster-dürftigen Herberge in den Blick gerückt, wo er „Kaffee wie Spülicht, eine Marmelade ohne Farbe und ohne Frucht, ein altbackenes krümelndes Brot“ ‚hinunterwürgt‘ (484). Auch er noch von der fürchterlichen Jugendzeit in seiner freien Entfaltungsmöglichkeit gelähmt und der Erinnerung an das Ende der „nationalsozialistischen Erziehungsburg“ (458) ausgeliefert.
Die Opportunisten Pfaffrath kennen in ihrer selbstgerechten, rücksichtslosen Art solche Probleme nicht: „Sie waren beim Kloster Cassino angekommen und hielten ein fröhliches Picknick auf dem Schlachtfeld.“ (507) Dem Zelebrieren der Mahlzeit, den Nicht-Genießen-Können wie dem unbekümmerten Essen steht die brutale Freßgier Judejahns gegenüber.
Er stellte sich an das Buffet, er hätte alles in sich hineinschlingen mögen, ein wahnsinniger Hunger quälte ihn. Da waren dicke, weiße Bohnen, ein deutsches Gericht, ein Schulhauskinderzeitgericht, er deutete drauf hin, aber die Bohnen waren kalte Speise, kein deutsches Gericht, sie glittschten glatt in Öl, schwammen scharf in Essig, und überdies schmeckten sie fischig, denn was er für Fleisch gehalten hatte auf seinem Teller, war traniger Fisch, aber er schlang alles hinunter und hinterher noch eine Pasta, Nudeln jetzt ganz italienisch, die Tomatensauce schmierte sich ihm weich und fettig um den Mund, ein welscher Kuß, die Spaghetti hingen die Lippen abwärts, man hatte ihm kein Messer gegeben, sie zu schneiden, nun schnaufte er sie hoch wie eine Kuh das lange Gras, und erst ein neuer halber Liter Chianti reinigte Judejahn und machte ihn wieder zum Menschen, das glaubte er. (453)
„Machte ihn wieder zum Menschen“, das heißt: während des Essens ist er nicht als Mensch, er ist als schlingendes Tier, als bestialisches Monstrum dargestellt. Immer wieder sind auf übertrieben-drastische Weise seine „Freßlust“ (453), sein ‚Sich-voll-Stopfen‘ (455), seine „Anfälle von Gefräßigkeit“ (429), seine Gier nach Essen und Trinken betont; die Menge an Alkohol, die er zu sich nimmt, übersteigt das Menschenmögliche. Seine Welt ist „Fressen, saufen, huren.“ (454)
Kürenbergs Essens-Zeremonien sind Ausdruck ihrer bewussten und gewollten Lebensfreude jener Emigranten,die den Nationalsozialismus überlebten hatten, und vielleicht auch dessen Verdrängung; Siegfrieds und Adolfs gestörte Esslust charakterisiert ihre bedrückt-bedrückende und gehemmte Situation; Pfaffraths vergnügtes Picknick auf dem Schlachtfeld offenbart ihre moralische Unverfrorenheit. Jedes Mal ist die Essenszene psychologisch motiviert und kausal nachvollziehbar. Judejahns Fressorgien dagegen, Zeichen seiner Animalität und geistigen Sinnleere – „Denken war nicht seine Art“ (454) –, seines Verlusts an Menschenwürde und seiner Aggressionen, sind in ihrer Drastik und Häufigkeit so gesteigert, dass sie bei allem Ernst in dessen Gegenteil umschlagen: das Scheusal wird damit zugleich lächerlich, verschroben, borniert, zerstörerisch und hilflos inszeniert, mit einem Wort: grotesk.
Ähnliches ergibt sich bei der Darstellung der Körperlichkeit. Wieder steht der Harmonie der beiden Kürenbergs die Monstrosität Judejahns gegenüber. Er wird sogar mit Teufel, Hölle und Tod in Verbindung gebracht und tritt als Teufel in persona auf. Koeppen arbeitet mit dem Konzept der aus Mittelalter und Renaissance stammenden Groteske, wie sie Michail Bachtin beschreibt, und versetzt diese in die Gegenwart der 50er Jahre. „Judejahn hatte der Teufel geholt, […] und wenn der Teufel ihm nun Urlaub gegeben hatte, dann war es des Teufels Sache.“ (469) Sein „großes Automobil, lackglänzend, schwarz, geräuschlosen Getriebes“ ist „ein funkelnder, dunkler Sarg.[…] Der Wagen sah wie ein Gesandtschaftsauto aus, der Botschafter Plutos, der Minister der Hölle oder des Mars mochte drinnen […] sitzen.“ (401) Judejahn sucht Extremsituationen des Hässlichen und Bedrohlichen auf. Es zieht ihn „die feuchten schmutzigen Steinstufen hinab“ in einen von Ratten bevölkerten „Keller“ (453), wo er mit zwei gerissen „verruchten Kerlen“ (455) zecht und Karten spielt. Der Eingang in den „Tunnel“, durch den die gemeinsame Fahrt geht, erscheint als „Hadespforte“ (464). Extreme sind auch hier zusammengezwungen: er erinnert sich an grausame Massenmorde und befindet sich gleichzeitig unter dem Garten des Quirinals, wo Päpste wandelnd gebetet hatten. Die Szene ähnelt einer vorangegangenen, in der Judejahn in den Verliesen der Engelsburg beim Urinieren von Adolf, seinem Sohn, beobachtet wurde, und diese wiederum an jene, in der Judejahn erfährt, dass Adolf „Pfaffe“ geworden sei: Er
taumelte, sein Gesicht verzerrte sich, er wurde blaß, und dann rötete sich die Haut, Stirn und Wangen flammten, die Adern schwollen an, er wirkte apoplektisch, faßte sich an den Hals, wie einer der erstickt, und dann brach es aus ihm heraus, eine Flut von Schimpfworten, ein Strom Unflat, er überschwemmte sie mit Auswurf, brüllte sie an, sie die nachlaufenden, sich anpassenden, gewinngierigen Pfaffraths, die nun zitternd sich nicht zu rühren wagten, wie zahme Schweine vor einem wilden Eber. (489).
Die hier mit allen Registern der Groteske aufgebotene Schilderung des außer sich seienden, entmenschten Monstrums, unkontrolliert rasend, tierhaft und teuflisch, durch die Polarität von ‚Päpsten‘ und ‚Pfaffen‘ exponiert, führt letztlich zu nichts anderem als zur Entlarvung seiner Ohnmacht. Folgerichtig ist an anderer Stelle Judejahn „Kinderschreck“ und „schwarzer Kasper“ (469) genannt.
In der Schilderung des ominösen Waffenhändlers und Agenten Austerlitz gerät die Groteske auf einen ihrer Höhepunkte. „Gleich Judejahn trug auch Austerlitz eine blaue Brille, so daß sie sich beide albern geheimnisvoll und lemurenhaft blau anfunkeln konnten. Sie sahen wie düstre Homunkuli aus.“ (513) Schrecken und Grauen verbinden sich in dieser Person mit Lächerlichem und Burleskem zu einem spannungsreichen Widerspruch. Ist Austerlitz ernst zu nehmen oder kann man über ihn spotten? Die Antwort bleibt in der Schwebe, denn einerseits ist er als gefährlich-bedrohende Person dargestellt, Beziehungen zu allen Regierungen unterhaltend, über Macht, Kredit und Gewalt verfügend, Schrecken und Gefahr ausstrahlend, andererseits sitzt er unmündig und hilflos „im Kinderrollstuhl“, betreut von einer „Kinderschwester“, die ihm die Kissen zurechtrückt. „Er trank nur Milch, entkeimte, sorgsam erhitzte, genauestens auf Euterwärme gebrachte Kindermilch.“ (512) Er löst Entsetzen wie die beiden Teufelsboten aus der Unterwelt aus, doch ist das ein gleichsam infantiles, amputiertes Entsetzen, auch wenn er einen „General von Teufelshammer“ (514) erwähnt.
Die über den ganzen Text verstreute Tiermetaphorik kann hier nur exemplarisch in den Blick geraten. Die beiden Kürenbergs sehen „wie wohlgepflegte Tiere“ (404) aus, Pfaffraths wie „zahme Schweine“ (489), Eva Judejahn bewegt sich in ihrer Zelle „wie ein gefangenes nicht gezähmtes Tier“ (416). Die meisten Tiervergleiche kommen Judejahn und seiner Umgebung zu. Er wohnt in einem „Botschafter- und Minister-Hotel“, wo „Hochstapler und Kokotten […] ihre Käfige [hatten]“ (407f.). Seinem Schwager erscheint er im Traum „in schwarzer Uniform auf schnaubendem Roß“, als Jäger in „Lützows wilder[r] verwegene[r] Jagd“ (477). Er selber fühlt sich „wie eine gesengte Wildsau“ (410). Er „bekam kleine listige böse Schweinsaugen, er senkte das Haupt wie ein Eber.“ (488) Und über Vergleich und Metapher weitet sich die Tierbildlichkeit zu eigenen Szenen aus, in denen Judejahn auf einen „Kater mit mächtigem Schädel, schwefelgelb und kurzhaarig“ aufmerksam wird, der böse über Hunderte von geilen, schwangeren, kannibalischen Katzen herrscht, der von den Kindern „Benito“ (398) genannt wird, den Judejahn an sich lockt und entführt, den er in seinem Hotelzimmer verköstigen lässt und der für ihn offenbar ein Symbol seiner einstigen Macht bedeutet: „Mussolini hatte vor Judejahn Angst gehabt. Jetzt hatte Rom Judejahn einen räudigen Kater geschenkt.“ (567) Judejahn holt sich Mussolini in Gestalt des räudigen Katers Benito in sein Zimmer und pflegt ihn.
„Die wesentliche Rolle im grotesken Leib spielen“, so Bachtin, „jene Teile […], wo der Leib über sich hinauswächst, wo er seine Grenzen überschreitet, wo er einen neuen (zweiten) Leib zeugt: der Unterleib und der Phallus.“[22] Wir können sehen, dass auch die Thematik der Sexualität arrangiert ist, um Judejahns groteskes Wesen zu entlarven.
Kürenbergs vermögen es, den im Museum erfahrenen ästhetischen Genuß in einem sexuellen Genuß ästhetisch fortzusetzen. Pfaffraths schlafen „nicht in Umarmung vereint.“(476) Siegfried ekelt sich vor „Lebensgier“ und „Fortpflanzungssucht“ (493), Adolf lebt im Zölibat. Nur Judejahn ist – wie es die Groteske verlangt – in vitaler Sexualgier zur Schau gestellt, die von Anfang an den Todeskeim in sich trägt.
Die eingangs erwähnte Komik in der Begegnung mit Laura, der Kassiererin in der lila Schwulenbar, gerät ins Beklemmende durch die Gegensätzlichkeit zwischen Lauras kindlichem, naiv-vertrauensseligem Wesen – ist sie doch die Person, die völlig aus dem Rahmen fällt und wie ein märchenhafter Fremdkörper erscheint – und Judejahns triebhafter Brutalität. Der zitierte Hinweis Koeppens, dass nach der „Tragödie“ das „Satyrspiel“ (531) folge, ist hier beinahe wörtlich zu verstehen. Das antike Satyrspiel, eine überraschende Kombination von komischen Elementen mit tragödienhaftem Dramenaufbau, bildet als schwankhaftes Nachspiel den Abschluss der klassischen griechischen Tragödientrilogie. Unter seinem Personal ragen die triebhaften und lüsternen, dämonischen Satyrn hervor, wilde Fruchtbarkeitsdämonen aus dem Gefolge des Dionysos, mit Phallus und Maske verkleidet, obszöne Gesten und komische Tänze vorführend und in Ziegenfellschurz gehüllt. Man spricht dabei auch von ‚Bocksgesang‘, weil dem Bock schon im Altertum Brunst und Geilheit zugesprochen wurde.[23]
In eben dieser Eigenschaft ermächtigt sich Judejahn Lauras: er wird als „Bock“ in Szene gesetzt: „Er stinkt wie ein Bock, wie ein dreckiger gemeiner Ziegenbock im Stall stinkt er“; er „warf sich wie eine Bestie über sie, er spreizte ihre Glieder, zerrte an ihrer Haut, und dann nahm er sie roh, ging roh mit ihr um, wo sie doch schmal und zart war, er war schwer, er lag schwer auf ihrem Leib, der so leicht und so gut zu umfassen war.“ (574)
Unversehens geht das Satyrspiel in blutigen Ernst über. Im kolportagehaften Ende spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu. Judejahn, der die vermeintliche Jüdin Laura umbringen will, erblickt rein zufällig[24] die tatsächliche Jüdin Ilse Kürenberg am Fenster des gegenüberliegenden Hotels
in einem weißen Frisiermantel […], nackend wie in der Nacht, nackend wie die Frauen vor dem Leichengraben, und Judejahn schoß das Magazin von Austerlitz‘ Pistole leer, er schoß die Grabensalve, diesmal schoß er eigenhändig, diesmal befahl er nicht nur. Befehle galten nicht mehr, man mußte selber schießen, und erst beim letzten Schuß fiel Ilse Kürenberg um, und des Führers Befehl war vollstreckt. (576)
Wenig später erliegt der taumelnde Mörder einem Herzinfarkt.
Wolfgang Koeppens souveräne Position in der Literatur der Adenauer-Ära zeigt sich daran, dass er im Gegensatz vieler Autoren der 50er Jahre nicht über NS-Zeit und Krieg kompensatorisch-idyllisch hinweggeht, aber auch nicht Krieg und Hitlerzeit autobiographisch, dokumentarisch oder im Stil realistischer Romane verarbeitet oder gar in die so peinlich wirkende Betroffenheitsliteratur verfällt. Vielmehr kreiert er in Komposition, Personengestaltung, Sprache, Dialogführung eine unverwechselbar eigene poetische Welt. Die Groteske, das irritierende Spannungsverhältnis zwischen Ernstem und Komischem, Faktischem und Bizarrem bildet eines ihrer wesentlichen Bestandteile. Nicht das, was man nach dem Muster des realistischen Romans für ‚realistisch‘ hält, sondern gerade die in und mit der Groteske erzielte Verquickung heterogener Gesinnungen der unbelehrbaren Nazis und Antisemiten, der Mitläufer und Opportunisten, solcher, die den Nationalsozialismus zu verdrängen suchen, und derjenigen, die weiter an seinen Auswirkungen leiden und ihre Identität nicht finden können, gerade diese groteske Simultaneität ist dasjenige, was die Realität in der Restaurationsepoche charakterisiert. Insofern ist die Groteske ein getreues Abbild der Realität.[25]
Der Beitrag ist zuerst unter dem Titel „Groteskes in Wolfgang Koeppens ,Der Tod in Rom‘“ erschienen in: Häntzschel, Günter; Leuschner, Ulrike; Müller-Waldeck, Gunnar; Ulrich, Roland (Hg.): Jahrbuch der Internationalen Wolfgang Koeppen-Gesellschaft 1 (2001), S. 77-89. Für die erneute Veröffentlichung in literaturkritik.de wurde er geringfügig überarbeitet.
Anmerkungen
[1] Karl August Horst: Der ewige Judejahn. In: Merkur 1955, S. 83-85, hier S. 84.
[2] Gö.: Eine Rechnung wird präsentiert. In: Lüdenscheider Nachrichten, 26. 11. 1955.
[3] Hans Hellmuth Kirst. In: Münchner Merkur; zitiert nach einer Anzeige des Verlags Scherz und Goverts in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe, Nr. 13, 15.2.1955.
[4] Günter Cwgidrak: Kleines Rencontre mit der Restauration. In: Neue Deutsche Literatur 3 (1955), 8, S. 140-142, hier S. 141.
[5] Dietrich Erlach: Wolfgang Koeppen als zeitkritischer Erzähler. Uppsala 1973.
[6] So vor allem Margarete Mitscherlich: Wie haben sich deutsche Schriftsteller gegen die Unfähigkeit zu trauern gewehrt? Dargestellt an Wolfgang Koeppens ‚Der Tod in Rom‘. In: Neue Rundschau 94 (1983), 3, S. 137-156.
[7] Wolfgang Koeppen: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Hg. von Marcel Reich-Ranicki in Zusammenarbeit mit Dagmar von Briel und Hans-Ulrich Treichel. Bd. 2. Frankfurt a.M. 1990, S. 429, 446. Die folgenden Seitenzahlen daraus im Text in Klammern.
[8] Vgl. unter anderem Thomas Richner: „Der Tod in Rom“. Eine existential-psychologische Analyse von Wolfgang Koeppens Roman. München, Zürich 1982; Manfred Hielscher: Zitierte Moderne. Poetische Erfahrung und Reflexion in Wolfgang Koeppens Nachkriegsromanen und in „Jugend“. Heidelberg 1988; Josef Quack: Wolfgang Koeppen. Erzähler der Zeit. Würzburg 1997.
[9] Paul Hühnerfeld: Gespenster in Rom. (1954). In: Ulrich Greiner (Hg.): Über Wolfgang Koeppen. (es 864). Frankfurt a.M. 1976, S. 69-71, hier S. 71.
[10] Cwgidrak: Rencontre (Anm. 4s), S. 142.
[11] Werner Tamms: Perverser Reigen der Gespenster. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 26. 11. 1954.
[12] Alfred Andersch: Choreographie eines politischen Augenblicks. In: Greiner: Koeppen (Anm. 9), S. 72-79. hier S. 79: „[…] ein Prosastück, das sich am Ende liest wie eine Choreographie eines Balletts. Die Figuren sind auf der Bühne Roms angeordnet.“
[13] Helmut M. Braem: Sie halten den Krieg am Schwelen. In: Deutsche Rundschau 80 (1954), S. 1303-1305, hier S. 1304.
[14] Unter dem Titel Variationen über den Tod und die Farbe des Oleanders. Vgl. Frankfurter Rundschau, Nr. 23, 27.1.1990, S. 27.
[15] Vgl. Hermann Gmelin: Dante Alighieri. Die göttliche Komödie. Kommentar. 3 Bde. Stuttgart 1954 – 1957.
[16] Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragmente. In: F. S.: Kritische Ausgabe. Hg. von Ernst Behler. Bd. 2. München, Paderborn, Wien 1967, S. 217.
[17] Ebd. S. 319.
[18] Vor allem Wolfgang Kayser: Das Groteske in Malerei und Dichtung. Hamburg 1960; Michail Bachtin: Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur. Frankfurt a.M. 1996.
[19] Vgl. u.a. Carl Pietzcker: Das Groteske. In: Deutsche Vierteljahrsschrift 45 (1971), S. 197-21; Christa W. Thomsen. Das Groteske und die englische Literatur. Darmstadt 1977; Otto F. Best (Hg.): Das Groteske und die Dichtung. Darmstadt 1980.
[20] Friedrich Dürrenmatt: Vom Sinn der Dichtung in unserer Zeit (1956). In: F. D.: Gesammelte Werke. Bd. 7. Zürich 1991, S. 426f.
[21] Friedrich Dürrenmatt: Anmerkungen zur Komödie. In: F. D.: Theater-Schriften und Reden. Zürich 1966, S. 132-137, hier S. 133, 136.
[22] Bachtin: Literatur und Karneval (Anm. 18), S. 16f.
[23] Vgl. Bernd Seidensticker: Das Satyrspiel. In: B. S.: (Hg.): Satyrspiel. Darmstadt 1989, S. 332-361.
[24] Vgl. Eckhardt Momber: Hitler, der uns geblieben ist – oder zur Frage des Scheiterns von Wolfgang Koeppen. In: Häntzschel, Günter; Leuschner, Ulrike; Müller-Waldeck, Gunnar; Ulrich, Roland (Hg.): Jahrbuch der Internationalen Wolfgang Koeppen-Gesellschaft 1 (2001), S. ?? - ?? , hier S. ?? .
[25] Wolfgang Koeppens Vergegenwärtigung des NS-Verbrechers Judejahn gerät auch in den Zusammenhang mit der schon 1938 von Ernst Bloch in Der Nazi und das Unsägliche vorgetragenen These, die furchtbaren und erbärmlichen Naziverbrechen seien nicht im Ton der Anklage, Moral und Kritik darzustellen, sondern mit den wirkungsvolleren Verfremdungsmitteln des bittersten Witzes und der grotesk-komischen Satire. Dieser Möglichkeit folgten nach den Filmemachern Charlie Chaplin mit Der große Diktator (1940) und Ernst Lubitsch mit Sein oder Nichtsein (1942) im Bereich der Holocaust-Literatur und ihrem Umkreis Johannes Bobrowski, Jakov Lind, Jurek Becker, Günter Grass und Edgar Hilsenrath. Vgl. Rüdiger Steinlein: Das Furchtbarste lächerlich? Komik und lachen in Texten der deutschen Holocaust-Literatur. In: Manuel Köppen (Hg.): Kunst und Literatur nach Auschwitz. Berlin 1993, S. 97-106.