Die Päpste in Antike, Mittelalter und Renaissance

Eine Mannheimer Tagung untersucht das Papsttum als zentrale Deutungsmacht europäischer Geschichte

Von Heribert HovenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Heribert Hoven

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die 500. Wiederkehr der Reformation Martin Luthers ist zugleich Anlass für die Rückbesinnung auf die lange Einheit des römischen Christentums, ein Thema, dem sich ein Ausstellungsprojekt der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim widmet (geplant: 21.5.–31.10. 2017 „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt“). Parallel dazu wurden vier internationale Tagungen durchgeführt. Beiträge und Ergebnisse der ersten Tagung über Amt und Herrschaft der Päpste (16. – 18.10.2014) sind in Die Päpste. Amt und Herrschaft in Antike, Mittelalter und Renaissance zusammengefasst.

Die Glaubensinhalte des Christentums bildeten sich erst im Laufe der ersten Jahrhunderte nach Christus heraus, ebenso wie die Exklusivität des Papsttums. Erst in der Spätantike verdrängte der Monotheismus des Christentums die vielköpfige Götterwelt der Römer und wurde Staatsreligion.

In der ersten Sektion der Beiträge geht es um viel diskutierte Belege der Frühzeit – archäologische Befunde, römische Inschriften und Kunstwerke – für die Präsenz der Apostelgräber Petrus und Paulus in Rom als „geglaubtes Wissen“ sowie für die Binde- und Lösegewalt der Jesus-Worte an Petrus (Mathäus 16, 18-19) und eben auch an seine Nachfolger (apostolische Sukzession). Die zweite Abteilung behandelt die Etappen und Strategien päpstlicher Emanzipation von der Antike bis ins Hochmittelalter. Dabei zeigt sich, dass zwischen Kirche und Kaisertum nicht erst seit dem Investiturstreit ein spannungsvolles Verhältnis bestand. Die Beiträge wechseln, wie überhaupt im gesamten Buch, gewissermaßen zwischen makro- und mikrokosmischen Perspektiven, so etwa in Themen wie „Der Patriarch im Westen und der Kaiser des Ostens – einige Bemerkungen zur Dialektik von Schwäche und Stärke“ und „Der Codex Aureus aus Speyer – Fragen und Anmerkungen zu Papstbildnissen auf liturgischen Gegenständen“. In der dritten Abteilung geht es um die Vollendung des päpstlichen Selbstbewusstseins als universale Vollgewalt (plenitudo potestatis). Behandelt werden unter anderem das Boten- und Legatenwesen des Vatikans und die Ausformungen des Kirchenrechts.

Die vierte Abteilung beschreibt den Aufstieg der päpstlichen Autorität aus den Anfechtungen im 14. und 15. Jahrhundert. Ulrich Pfisterer gelingt dabei eine überzeugende Neuinterpretation des Bildprogramms der Sixtina („Paradiese in Rom: Der Assoziationsraum der Sixtinischen Kapelle“). Alle Beiträge spiegeln die kontroversen Wertungstraditionen der internationalen Forschung und eine eindrucksvolle Gelehrsamkeit. Der Schlussbeitrag richtet den Blick über den im Titel beschriebenen Zeitraum hinweg bis zur Gegenwart. Stefan Weinfurter thematisiert darin die Tragweite des päpstlichen Anspruchs, Nachfolger Petri und damit Sachwalter Christi auf Erden, Pförtner des Himmels, Hort der Wahrheit und Bewahrer des Friedens zu sein, als eine übermenschliche und zugleich überweltliche Mühsal – ein interessanter Gedanke.

Titelbild

Bernd Schneidmüller / Stefan Weinfurter / Michael Matheus / Alfried Wieczorek (Hg.): Die Päpste. Amt und Herrschaft in Antike, Mittelalter und Renaissance.
Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2016.
448 Seiten, 39,95 EUR.
ISBN-13: 9783795430870

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