Goethe wie er leibt und klebt?!

Ulrich Vogt und Meinolf Protte geben mit „Goethe-Bilder auf…“ ein großes Bilderbuch heraus

Von Stefan TuczekRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Tuczek

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Es ist wohl kaum verwunderlich, dass Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, die je gelebt haben, zahlreiche Denkmäler und Bilder gewidmet worden sind. Die Goethe-Stadt Weimar ist immer noch eine Pilgerstätte für jene Leute, die etwas über das Leben und Schaffen des Genies außerhalb der zahlreichen Goethe-Bücher, die es fast schon inflationär auf dem deutschen Buchmarkt gibt, wissen wollen. Und wenn man schon mal in Weimar ist, wie wäre es mit einer Postkarte, die das Konterfei des Dichterfürsten zeigt? Aber welches Motiv bloß? Wie wäre es mit der Karte, die das berühmte Goethe-Porträt Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins zeigt, oder doch lieber in der Variante Joseph Karl Stielers? Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Und wenn man schon dabei ist, kann man gleich noch eine Tafel dunkle Schokolade mitnehmen, auf deren Verpackung Goethe zu sehen ist oder einen Likör, der dessen Antlitz auf seinem Etikett trägt – Goethe ist nicht nur der Dichterfürst, auch ist er mittlerweile zu einer Werbeikone ist er mittlerweile geworden.

Ulrich Vogt und Meinolf Protte zeigen in ihrem Buch Goethe-Bilder auf… die etwas andere Seite von Goethe – in jahrelanger Recherche haben sie Postkarten, Werbematerial, Sammelbilder, Bierdeckel, Geldscheine und so weiter zusammengetragen und präsentieren nun ihre Sammlung auf über 400 Seiten dem interessierten Betrachter.

Das Buch zeigt in achtzehn Kapiteln die verschiedensten Goethebilder, die es im Zeitraum vom 19. Jahrhundert bis heute gab und gibt: Aber nicht nur die zahlreichen verschiedenen Konterfeis von Goethe sind hier versammelt, auch werden seine literarischen Werke berücksichtigt – so werden neben Faust und Mephisto, Mignon und Werther, Götz von Berlichingen auch die zahlreichen Illustrationen zu den Gedichten, die es auf Postkarten und Briefmarken geschafft haben, gezeigt. Aber auch Abbildungen von Friedrich Schiller und der Familie von Goethe werden hier – wenn auch um einiges kürzer – als einflussreiche Persönlichkeiten für Goethe abgebildet. Für das Auge gibt es in diesem Buch ohne Frage viel zu sehen und zu entdecken, die Farb- und Seitenqualität ist dabei hervorragend – gestochen scharf sind die Bilder. Leider sind die begleitenden Texte eher weniger erfreulich. Ihre Qualität bewegt sich dabei von höchst informativ bis zu unnötig: Während die Begleittexte zum Thema Postkarten und Sammelkarten die Geschichte der Abbildungen sehr reichhaltig wiedergeben, das heißt warum und im welchen Kontext gerade Goethe oder seine Werke es als Abbildungen auf das entsprechende Objekt geschafft haben und welche Funktion und Geschichte hinter den Objekten steht, erschöpft sich zum Beispiel der Begleittext zu den Faust-Motiven auf Geldscheinen auf eine dürftige Zusammenfassung des Inhalts des Faust-Schauspiels. Auch fällt unangenehm auf, dass man aus Wikipedia zitiert. Hätte das wirklich sein müssen? Wenn Vogt und Protte in ihrem Vorwort schreiben, dass die Literatur um Goethe so vielseitig und umfangreich ist, warum nimmt man die fragwürdige Quelle Wikipedia? Aber wenn man ganz ehrlich ist, dann liegt der große Wert des Buches nicht in den Texten, sondern in den Bildern. Es ist ohne Zweifel ein großer Verdienst der beiden, dass sie eine so große Anzahl von Goethebildern gesammelt und hier verfügbar machen.

Das Buch lädt zum Anschauen ein und wenn man ganz genau hinschaut, dann wird man der einen oder anderen Kuriosität begegnen: Propaganda-Postkarten aus dem Ersten Weltkrieg mit einer Umdichtung von Goethes Wandrers Nachtlied, Goethe-Karikaturen und sogar Goethe auf Panini-Sammelbildern. Tatsächlich konnte man Goethe in der Reihe Deutschland sammelt Deutschland als großen Deutschen neben den deutschen Gartenzwerg und zwischen anderen „großen deutschen Persönlichkeiten“ wie Hape Kerkeling und Daniela Katzenberger kleben. Ob sich das der alte Goethe wohl hätte träumen lassen? Aber eins zeigt uns die Sammlung ganz gewiss, dass unser Goethe allgegenwärtig bleibt.

Titelbild

Ulrich Vogt / Meinolf Protte: Goethe-Bilder auf …. Postkarten, Briefmarken, Geldscheinen, Sammelbildern, Stereofotos, Bierdeckeln.
Georg Olms Verlag, Hildesheim 2016.
428 Seiten, 48,00 EUR.
ISBN-13: 9783487085722

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