Auf der ewigen Suche nach der Liebe seines Lebens

Helmut Dietl hinterlässt unvollendete Erinnerungen

Von Dirk KaeslerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Dirk Kaesler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dies kann keine „objektive“ Buchkritik werden – sollte es sowas überhaupt geben. In Sachen Helmut Dietl bin ich befangen. Über Jahrzehnte gehörte er zu meinen persönlichen „Begleitern“. Diese Bezeichnung übernahm ich 2010 nach dem Besuch der Doppelausstellung von Bildern des Leipziger Malers Neo Rauch, der gleichzeitig in München und Leipzig jene Arbeiten versammelte, die sein immer wiederkehrendes Bildpersonal – allen voran er selbst und sein Vater – in immer neuen Fassungen zeigen. Auf meiner Homepage finden Sie die Namen jener sechs Männer aus meinem Geburtsjahrgang, deren Lebenswege ich seit sehr langer Zeit wenigstens in Gedanken verfolge. Zwei sind bereits gestorben, persönlich kennengelernt habe ich zwei, Helmut Dietl gehörte leider nicht dazu. Im März 1999 schrieb ich ihm einen längeren Brief, in dem ich anfragte, ob er als „Menschenfilmer“, wie er sich einst selbst nannte, nicht mal was mit einem Soziologen zusammen machen wollte. Nie erhielt ich eine Antwort, vielleicht hat er ihn nicht einmal in die Hand bekommen, musste ich ihm doch an die Adresse seiner Filmfirma schreiben.

Vermutlich hat Helmut Dietl auch nie meine Rezension seines letzten Films „Zettl“ vom März 2012 an dieser Stelle gelesen. Wahrscheinlich hat man sie ihm nicht einmal zur Kenntnis gegeben, denn auch sie war – wie so viele andere Kritiken dieses Films – eine traurig-entschiedene Verurteilung dieses verunglückten Machwerks, dessen Fiasko ihn in eine schwere Depression und Schreibblockade trieb. Hätte er meine Besprechung gelesen, dann hätte er einen darin enthaltenen zweiten Brief gelesen, in dem ich ihm riet, seine eigene Biographie zu verfilmen. Als jemand, der den Geburtsjahrgangsgenossen gewissermaßen als „Alter Ego“ mit viel Sympathie und Bewunderung begleitete, der viele Dialoge aus den „Münchner Geschichten“ und dem „Monaco Franze“ wörtlich zitieren kann, der aus „Rossini“ ganze Szenen nacherzählen kann und den „Vom Suchen und Finden der Liebe“ immer wieder aufs Neue zu Lachen und Tränen rühren kann, erlaubte ich mir damals diese Ansprache:

Lieber Helmut Dietl,

gehen Sie dorthin, wo Sie sich auskennen und machen Sie darüber Ihren nächsten Film. Wie wäre es, wenn Sie jenen Film fortsetzen, den Michael Althen mit seinem Film „München – Geheimnisse einer Stadt“ begonnen hat? Ihr nächster Film könnte also Ihre Geschichte erzählen, die davon handelt, wie ein Bub, der am 22. Juni 1944 in Bad Wiessee am Tegernsee geboren wurde, mit seiner Mutter nach München kam, wie er nach dem Abitur Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte studierte, aber nicht abgeschlossen hat, wie er dann Aufnahmeleiter beim Bayerischen Fernsehen und Regieassistent an den Münchner Kammerspielen wurde, wie er zum Filmen gekommen ist. Wie das war mit seinen diversen Beziehungen zu Frauen, von denen er viele geheiratet hat. Und vor allem, wie sich dieses ganze bisherige Leben im Leben der Stadt München widerspiegelt, von der er in einem langen Spiegel-Interview mit Helmut Karasek im Sommer 1987 sagte: „Für mich war das als Kind eine Großstadt und voll von Geheimnissen. […] In mir ist immer noch das Kind, das gebannt auf diese ungeheure Großstadt starrt.“

Was ist mittlerweile aus jener Stadt geworden, so könnten Sie in Ihrem nächsten Film fragen, in der einst der Lebenskünstler und Vorstadtstrizzi Karl Häusler, der „Tscharlie“ (Günther Maria Halmer), bei seiner Oma (Therese Giese) lebte und mit ihr gemeinsam erleben musste, was Altstadt„sanierung“ und Gentrifizierung aus dem kleinbürgerlichen Milieu des Viertels zwischen Maximilianstraße und Prinzregentenstraße – „s‘Lechl“ – machten, als der Eroberungsfeldzug der Schickeria und der Versicherungskonzerne erst begann, die inzwischen die ganze Stadt München erobert haben. Der „Tscharlie“, immer auf der Suche nach der „Riesensach“, wusste es schon 1974: „Ois is Chicago!“, also „Alles ist Chicago!“

Damals, in den „Münchner Geschichten“, entwickelte Dietl seine Begabung, solche melancholisch-grotesken Geschichten meisterhaft zu erzählen und sein Publikum dazu zu verführen, seine Sprüche in den eigenen Sprachschatz aufzunehmen, „logisch!“. Ich würde mir persönlich wünschen, dass er diese Geschichte weiterschreibt, genauso wie Woody Allen seine Manhattan-Geschichten auch immer weitertreibt. Da mag es zwar erfolgreiche Ausflüge nach London („Match Point“, 2005), Barcelona („Vicky Cristina Barcelona“, 2008) und Paris („Midnight in Paris“, 2011) geben, doch der Sohn jüdischer Eltern aus Brooklyn, Allen Stewart Konigsberg hat sein Biotop nie eigentlich verlassen, auch nicht mit seinen Filmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Helmut Dietl das für sein Biotop München und dessen Umgebung auch heute noch kann, vielleicht sogar besser als je. „Zettl“ war ein Irrtum, so wie der „Monaco Franze“ auch einmal gemeint hat, er muss sich die grauen Schläfen färben lassen, nur weil er seinen „Engel“ Jacqueline kennengelernt hat.

Gehen wir über „Zettl“ als einen (un)nötigen Umweg hinweg und wenden uns den eigenen Möglichkeiten und eigentlichen Aufgaben zu: Die große Erzählung, wie die dumpfgemütliche Stadt an der Isar von der „heimlichen Hauptstadt“ zum Parkplatz der Cayenne-Fahrer wurde, wartet auf ihren begnadeten Erzähler. Wenn Ihr Ko-Autor Stuckrad-Barre bei der „Zettl“-Premiere im Münchner Mathäser Filmpalast vor lauter Ärger über den lauen Empfang, „Scheiß München!“ dem Publikum zupöbelte, dann wissen wir als Münchner, dass das ein wenig zu schlicht ist. Wir sagen nie, „Das war’s!“, denn wir wissen: „A bissl wos geht imma!“

So endete mein zweiter Brief an Helmut Dietl: Flaschenpost in den elektronischen Äther. Als ich meine Lektüre der „unvollendeten Erinnerungen“ Helmut Dietls, der am 30. März 2015 in München an Lungenkrebs starb, beendet hatte, kam es mir so vor, als ob er meine Bitte um einen solchen Film dann doch noch gehört hatte – bis in den Titel hinein! Im sehr anrührenden Vorwort von Tamara Dietl, seiner Witwe, berichtet diese, dass das Schreiben seiner Memoiren ihn aus seiner post-Zettl-Krise geholt hat. Und auch wenn er jenen Film nicht mehr machen konnte, von dem ich mir so viel erwartete, so hat er ihn uns mit diesem Buch, für das er seine Kalender der letzten vierzig Jahre systematisch auswertete, als Skizze hinterlassen. Wer das Buch liest, erkennt, wie richtig es ist, was Tamara Dietl schreibt: „Helmuts letzter Film ist dieses Buch.“ Die peniblen Schilderungen mancher Episoden seines Lebens und ihre jeweilige Szenerie werden beschrieben wie in einem Filmskript.

Hier ein Beispiel, auch um den Ton dieses Buches hören zu können: Ruth Abendschön, seine erste Liebe – in der 3. Klasse der Grundschule („Volksschule“) – wohnte mit ihren Eltern in einer Villa im Münchner Vorort Gräfelfing: „Ein lang gestrecktes bungalowartiges Gebäude mit einem kleinen Anbau für Gäste oder Gesinde und einer Doppelgarage. Vor der Villa lag ein von niedrigen Buchsbaumhecken begrenztes Rasenstück, das man auf einem Weg, der mit dunkelrötlichen Natursteinplatten belegt war, überquerte, um zur Haustür zu gelangen. Die linke und rechte Seite des Hauses liefen in geschwungenen, etwa ein Meter achtzig hohen Mauern aus, die mit den gleichen dunklen Ziegelpfannen bedeckt waren wie das Dach des Hauses. Zwischen den Mauern waren schmiedeeiserne Türen angebracht, die links in den Garten der Herrschaft, rechts zum Häuschen des Gesindes führten.“

Ob man angesichts solcher Passagen tatsächlich so laut tönen muss, wie der Umschlagtext es tut, dass Helmut Dietl sich mit diesem Buch als „exzellenter Schriftsteller“ erweist, bezweifle ich. Überhaupt stellt sich die Frage, für wen dieses Buch von Interesse sein dürfte. Wer noch nie einen Film oder eine Serie von ihm gesehen hat, wem die Namen O. W. Fischer, Elfie Pertramer, Walter Sedlmayr, Helmut Berger, Boy Gobert gar nichts sagen, wer keinerlei Bezug zu München in den 1970er und 1980er Jahren hat, der wird mit diesem Buch nicht sonderlich viel anfangen können.

Für männliche Münchner des Geburtsjahrgangs 1944 jedoch ist es eine geradezu gespenstische Reise in die eigene Vergangenheit, was diverse Passagen angeht: Kindheit in Neufriedenheim und Gräfelfing, Schulbesuche in Laim, Pasing, Bad Tölz und Schwabing, erste Erfahrungen mit dem Filmgewerbe (er wirkt als Komparse an einem Film mit O. W. Fischer mit, dessen Katzen er spazieren führt), erste erotische und sexuelle Erfahrungen, seine Begeisterung für Heinrich Heine und Paris, sein enges Zusammenleben mit seiner alleinerziehenden Mutter in Schwabing, die Reisen mit seinem damaligen Freund Herbert (warum man dessen Namen nicht erfährt, bleibt rätselhaft, werden doch so viele Namen genannt), die ersten Fahrten ins Ausland (Paris, Wien, Venedig, Côte d’Azur, Costa Brava, Rom), die Zeit bei der Bundeswehr, der Weg in das Fernseh- und Filmgewerbe an der Hand seiner Geliebten Elfie Pertramer, das Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München ab dem Wintersemester 1966/67.

Schon während der Lektüre, spätestens jedoch beim Betrachten der Fotos, die dem Buch beigegeben sind, war ich geradezu schockiert: Die Bilder „Kinderjahre“ von Helmut Dietl sind geradezu identisch mit jenen, die meine Mutter in ihrem Fotoalbum versammelte. Wenn ich je an so etwas wie eine eigene, unverwechselbare Identität und Geschichte geglaubt haben sollte, so ist dieser Irrglaube mit diesem Buch endgültig beseitigt. Ob ein gleichaltriger Junge aus Hamburg, aus Saarbrücken oder Konstanz, ein gleichaltriges Mädchen aus Berlin oder Eisenhüttenstadt auch diese Bilder und Stationen aufweisen kann, weiß ich nicht zu beurteilen. Die beiden Buben aus Gräfelfing und aus Pasing – vier Kilometer voneinander entfernt – haben jedenfalls derart ähnliche Lebensgeschichten zu berichten, dass es schon fast erschreckend ist. Und so erzählt auch seine Geschichte von diesen tapferen Müttern, die angeblich ihr ganzes Leben ihrem Sohn „opferten“, von den Großeltern, die wesentlichen Anteil an der Erziehung der vaterlosen Jungen hatten, von den verlockenden und geheimnisvollen Mädchen und später Frauen, die die Erlösung von den eigenen Unsicherheiten und die Hoffnungen auf erfülltes Glück in ihren Armen liefern sollten, die dann aber immer wieder enttäuscht wurden und bald zur Nächsten führten. Dietl war viermal verheiratet, die Zahl der Mädchen und Frauen, die er liebte und von denen er geliebt wurde, dürfte beträchtlich sein. Nachdem er von seiner Großmutter väterlicherseits erfährt, dass sein Großvater, Friedrich Dietl – der unter dem Künstlernamen „Fritz Greiner“ in den 1920er Jahren eine relativ erfolgreiche Karriere als Schauspieler hinter sich brachte – ein „homme à femmes“ gewesen sei, fragt er sich schon als Schüler, ob auch ihn der „Morbus Greiner“ plagt: „Wie andere gleichaltrige Knaben Briefmarken, Mickey-Mouse- und Tarzan-Hefte oder Fußballerbildchen sammelten, so sammelte ich Freundinnen.“

Dabei sollte man keineswegs nur an einen munteren – und manchmal alles andere als munteren – Reigen von Bett zu Bett denken. Die wichtigste Frau im Leben dieses Liebhabers, der immer auf der Suche nach Liebe war, und der als „ewiger Stenz“ oder gar als „Schürzenjäger“ eher denunziert als charakterisiert ist, war unbestritten seine Mutter: „Ich liebte an meiner Mutter alles, ohne irgendwelche Einschränkungen“. Erst danach kamen die beiden sehr gegensätzlichen Großmütter, und wiederum erst dann folgten die zahlreichen Freundinnen, Geliebten und Ehefrauen. Es war die ewige Suche nach der Liebe seines Lebens, schon weil er nicht wirklich alleine sein konnte, weil er ein unheilbarer Romantiker gewesen war. Immer war es die Sehnsucht nach eben jener bedingungslosen Liebe, die er durch seine Mutter erlebt zu haben glaubte – ohne dabei zu erkennen, dass deren Fesselung von nicht nur liebevoller Art und Weise gewesen war. Ihre große Trumpfkarte lautete: „Nie, sagte sie, und dessen sei sie sich sicher, würde ich mir auch nur das Geringste zuschulden kommen lassen, das ihr Sorgen oder gar Schmerzen zufügte. […] Sie wusste, dass ich sie liebte, und sie wusste auch, dass ich wusste, dass sie mich liebte.“

Der leibliche Vater von Helmut Dietl war zumeist abwesend, ging ständig fremd und trank zu viel. Dieser „Vati“ spielte keine äußere Rolle im Leben des Buben Helmut, so dass er sich als erwachsener Mann sogar fragte, ob dieser „Henry Greiner“ überhaupt wirklich sein Vater gewesen war. Der Nachruf im Buch ist eindeutig: „1972 starb mein Vater. Im Alter von etwas über fünfzig Jahren hatte er sich schließlich zu Tode gesoffen. Kurz danach erhielt ich eine amtliche Anfrage, ob ich sein Erbe antreten wollte. Ich wollte nicht.“ Und nachdem ihn auch noch sein „idealer Vater-Ersatz oder Ersatz-Vater“ Fritz Arnold – späterer Cheflektor des Carl Hanser Verlags – gründlich enttäuscht und im Stich gelassen hatte, gab es ab da allenfalls männliche Freunde – allen voran wohl Ugo Dossi, Towje Kleiner und ganz besonders Patrick Süskind. Ansonsten waren Männer für Helmut Dietl anscheinend keine gefühlsmäßigen Bezugspunkte. Frauen blieben genug: Mit der liebeserfahrenen Wienerin Louise begann der Weg des Mannes Dietl, doch wahrscheinlich reichte keine für sein unersättliches – und damit letzten Endes unerfüllbares – Liebesbedürfnis an seine Mutter heran.

Patrick Süskind schildert am Ende des Buches in seinen „Erinnerungen an eine Freundschaft“ jene Szene, in der ihn ein vollkommen aufgelöster Helmut Dietl am 6. Dezember 1976 kurz vor Mitternacht anrief, um ihm schluchzend und stöhnend davon zu berichten, dass seine Mutter gestorben sei. Patrick Süskind berichtet aus unmittelbarem Erleben über die Beziehung zwischen Mutter und Sohn: „Es muss ein unerschütterliches, nie infrage gestelltes Liebesverhältnis zwischen ihr und ihm geherrscht haben, eine emotionale Symbiose. […] Mit der zarten Fessel des Vertrauens habe sie ihn immer an die Kandare nehmen können. Aber diese Bindung war wohl nicht nur Kandare oder Fessel, sie war für ihn – um im Bild zu bleiben – Ankerkette oder existenzielles Halteseil. Jedenfalls verlor er nach dem Tod der Mutter diesen Halt. Er stürzte regelrecht ab.“

Bis zu diesen Szenen gelangte Dietl in seinen „unvollendeten Erinnerungen“ nicht mehr. Am 8. Oktober 2013 bekam er seine Krebsdiagnose, damit beendete er seine bis dahin tägliche Schreibarbeit, 250 Seiten Manuskript waren vollendet, in der Buchfassung endet dieser Teil mit Seite 279. Nach vorübergehender Stabilisierung seines Gesundheitszustands und mit Hilfe von Patrick Süskind setzte Helmut Dietl vor allem die Rekonstruktion der Arbeit an der Serie „Kir Royal“ fort. Man lernt aus dem Buch nichts wirklich Neues über diesen Film oder über seine Filme überhaupt, aber eines wird durch die Lektüre sehr deutlich: Helmut Dietl hat im Grunde genommen immer über sich selbst geschrieben und dann gefilmt. Er sagte einst: „Wer etwas über mein Leben wissen will, der soll sich meine Filme und Serien anschauen. […] Worüber soll man reden, als über seine eigenen Erfahrungen? Davon versteht man am meisten.“ Leben und Werk waren gerade bei diesem Künstler so sehr ineinander verwoben, dass er sogar sein eigenes Leben wie einen Film inszenierte. Und so ist es glaubwürdig und erhellend, was Tamara Dietl, über jenes Gespräch berichtet, das die beiden führten, nachdem ihr Mann ihr erstmals aus seinem Manuskript vorgelesen hatte und sie ihm attestierte, dass er ein Schriftsteller geworden sei: „Bin ich nicht geworden, Liebling, war ich schon immer. Ich war immer ein Autor. Regisseur bin ich nur deshalb geworden, weil es niemanden gab, der meine Drehbücher genauso gut hätte inszenieren können wie ich selbst.“

Und so bietet dieses Buch insgesamt eine einmalige Gelegenheit, diesen zeit seines Lebens extrem angespannten Menschen und – laut Selbstaussage – „geborenen Melancholiker“ Helmut Dietl, diesen Meister des dramaturgischen Erzählens, diesen ganz offensichtlich sehr belesenen, beredten, gebildeten, neurotisch disziplinierten und verführerischen Mann, der sehr genau wusste, was er wollte, auch wenn er nicht alles erreichte, wenigstens posthum näher kennenzulernen. Das Buch bietet darüber hinaus die Gelegenheit, über sich selbst nachzudenken. Am Ende bleibt auch ein wenig Neid auf jene Menschen, die seine Freunde und Freundinnen sein durften, wenn er mit seinen Filmen die Wahrheit hinter der Wirklichkeit suchte.

So auch in jener legendären Schlussszene aus der Episode „Der lange Weg nach Sacramento“ in den „Münchner Geschichten“, als die drei Stadtcowboys – der Tscharlie, der Gustl und der Achmed – am Isarufer sitzen:

„Schee war’s!“
„Schee war’s scho!“
„Ganz schee war’s!“
„So schee war’s überhaupt no nia!“
„Wenn ma denkt, dass dann auf einmal alles vorbei ist!“
„So ist das Leben: Zuerst is schee, und dann is auf einmal alles vorbei.“
„Genau!“

Servus, Helmut Dietl!

Titelbild

Helmut Dietl: A bissel was geht immer. Unvollendete Erinnerungen.
Mit einem Nachwort von Patrick Süskind.
Herausgegeben von Tamara Dietl.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016.
348 Seiten, 22,99 EUR.
ISBN-13: 9783462049800

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