„Die kurze Freiheit. Berlin 1953“ – Ein Jugendroman von Petra Milz über die Verlockungen des Westens in der damaligen DDR
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNach einem Lenin zugeschriebenen Bonmot stürmten deutsche Revolutionäre einen Bahnhof nicht, ohne zuvor eine Bahnsteigkarte erstanden zu haben. Stalin soll sich ähnlich geäußert haben, freilich sitzen die Obrigkeitsfanatiker in den 1950er-Jahren im sozialistischen Teil Deutschlands in der Regierung und konservieren den Stalinismus weit über Stalins Tod hinaus. Die dreizehnjährige Protagonistin des Jugendromans Die kurze Freiheit. Berlin 1953, ihre Berliner Freunde sowie das Proletariat im DDR-Sozialismus sind dagegen frei von Reminiszenzen an einen solchen mitunter auch Jugendliche beeindruckenden und nicht zuletzt paramilitärischen Ordnungsfanatismus. Vom immer noch weitgehend zerstörten Berlin der Nachkriegszeit aus ist der Westen mit seinen Verlockungen, seinen Kinos, seiner Musik und nicht zuletzt den Märkten und ihrem Warenangebot nur einen Katzensprung entfernt, der „Kampf der Systeme“ im sich abzeichnenden kalten Krieg hautnah spürbar und der aus dem Westen herüberwehende Wind of Change besondersin der Musik des Jazz und Blues unwiderstehlich. So kollidieren am 17. Juni 1953 nicht nur sozialistisches Proletariat und sozialistische Staatsmacht, sondern bereits vorher die Mutter der Protagonistin mit der Ich-Erzählerin sowie eine musikalisch aufmüpfige Schülerband und die Stasi.
Der Jugendroman von Petra Milz wurde 2014 im Oldenburger Kinder- und Jugendbuchwettbewerb als Manuskript nominiert und ist im Oktober 2016 als Schulausgabe mit Glossar und einem Zusatzband mit Begleitmaterial erschienen.
Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeitern der Zeitschrift und Angehörigen der eigenen Universität oder Bücher, an denen diese mitgewirkt haben. Diese Bücher können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.
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