Unterhaltsames und abwechslungsreiches Beziehungspanoptikum

Die österreichische Kolumnistin und Autorin Doris Knecht analysiert auf gewohnt ironisch-satirische Weise die Gefühlswelten eines sexsüchtigen Mannes in der Midlifecrisis

Von Barbara TumfartRSS-Newsfeed neuer Artikel von Barbara Tumfart

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Doris Knecht, eine bekannte österreichische Kolumnistin diverser Tages- und Wochenzeitungen, legt mit Alles über Beziehungen in diesem Frühjahr ihren mittlerweile vierten Roman vor, der einmal mehr eine Fülle witzig-ironischer Seitenhiebe gegen die sogenannte „Bobo-Gesellschaft“ der österreichischen Hauptstadt austeilt. Es bleibt zu hoffen, dass er ein ähnlicher Erfolg wie ihr Erstlingswerk Gruber geht wird, der es 2011 auf die Longlist des Deutschen Buchpreises schaffte und 2015 für das heimische Kino verfilmt wurde.

In ihrem aktuellen Roman widmet sich Doris Knecht erneut den Beziehungsnöten eines männlichen Protagonisten. Dieses Mal steht der 50-jährige unsympathische Antiheld Viktor im Mittelpunkt einer Vielzahl von amourösen Verstrickungen. Mit seinem herannahenden 50. Geburtstag hadernd, kämpft er aufgrund seines exzessiven Lebensstils (viel Alkohol, ungesundes Essen und ein ausschweifendes Nachtleben) mit ersten ernsthaften gesundheitlichen Problemen. Bei einer ärztlichen Untersuchung stellt sich nämlich heraus, dass der pseudo-hippe Festivalintendant bei weitem nicht mehr „so fit wie ein Turnschuh“ ist, obwohl er täglich mit dem Rad fährt. Im Gegenteil: Er soll in Zukunft seine Lebensgewohnheiten drastisch ändern und muss Blutdruckmittel einnehmen. Genau an diesem für Viktor neuralgischen Punkt seines bisher ungetrübt ausschweifenden Lebens setzt die bissig-ironische Satire ein. Mit retrospektiven Einschüben erhält der Leser die launige, mitunter in flapsiger Sprache gehaltene Erzählung höchst intime Einblicke in das Leben dieses Mannes in der klassischen Midlifecrisis. Viktor hat zwei Exfrauen, eine Lebensgefährtin, insgesamt fünf Kinder und eine ganze Riege von Geliebten unterschiedlichen Alters mit genauso unterschiedlichen Ansprüchen. So verwundert es nicht, dass der Mann bald Probleme hat, all diese Aspekte seines Privatlebens unter einen Hut zu bringen.

Rein thematisch bietet Knechts Buch keinen wirklich neuen Stoff. Ein Mann in der klassischen Sinnkrise, die er durch eine exzessive Sexsucht zu übertünchen versucht. Auch die Kritik an der Gruppe der Pseudo-Alt-Hippies, die sich noch immer damit brüsten, cool und oberlässig zu sein, Alkohol und Drogen konsumieren,während sie daneben ein spießiges bürgerliches Leben mit Familie, Haus und Schrebergarten führen. Die österreichische Autorin bleibt somit ihren bevorzugten Hauptthemen treu, hat aber einmal mehr eine weitere lesenswerte und witzig-satirische Geschichte rund um eine männliche unsympathische Hauptfigur gekonnt gestaltet. In einem abwechslungsreichen Beziehungspanoptikum seziert Knecht auf knapp 290 Seiten den Alltag eines Durchschnitt-Fünfzigers auf gnadenlose Weise und hinterfragt hartnäckig die allgemein gültigen Definitionen von Moral und Treue.

Titelbild

Doris Knecht: Alles über Beziehungen. Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2017.
288 Seiten, 22,95 EUR.
ISBN-13: 9783871341687

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