Zwischen Elektrisiermaschine und Elysium: Zur romantischen Nachbarschaft von Literatur und Naturforschung

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Romantik war keine rein literarische Strömung, sondern eine Bewegung, die eine Vielzahl von Lebensbereichen einschloss. So gab es neben einer romantischen Malerei oder Philosophie auch eine romantische Medizin, Psychologie, Anthropologie, Physik oder Chemie. Seit den 1970er-Jahren hat man herausgearbeitet, wie eng gerade Literatur und Naturwissenschaft verwoben waren. Prominente Beispiele sind Novalis, der nicht nur Geologe war, sondern sich auch stark für mathematische Themen interessierte, oder Achim von Arnim, der sich als Physiker betätigte. Wenige Studien existieren dagegen zu Autoren, die man heute in erster Linie als Naturwissenschaftler kennt, deren literarische Arbeiten man aber als minderwertig abtut.

Stefan Höppners Freiburger Habilitationsarbeit Natur/Poesie. Romantische Grenzgänger zwischen Literatur und Naturwissenschaft beleuchtet die literarischen Aktivitäten von vier literarisch tätigen Naturwissenschaftlern. Es sind der in Norwegen geborene Geologe Henrik Steffens (1773–1845), der Biologe und Naturphilosoph Lorenz Oken (1779–1851) und Gotthilf Heinrich Schubert (1780–1860), der bisher vor allem als Anreger von Autoren wie Heinrich von Kleist und E.T.A. Hoffmann bekannt geworden ist. Als einziger der vier hier behandelten Autoren am Schnittpunkt zwischen Literatur, Philosophie und Naturwissenschaft hat bisher Johann Wilhelm Ritter (1776–1810), der Entdecker des ultravioletten Lichtes und wichtigste deutsche Theoretiker des Galvanismus, etwas breitere Aufmerksamkeit erfahren.

In Natur/Poesie wird eine Fülle von Texten erstmals seit vielen Jahrzehnten, manches zum ersten Mal überhaupt für die Forschung erschlossen. Die Studie will der Forschung zur Romantik wie zum Verhältnis von Literatur und Wissen neue Impulse verleihen – auch im Zuge neuer Editionen zu Ritter, Oken und Steffens, die in den letzten Jahren erschienen oder noch im Entstehen begriffen sind.

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Stefan Höppner: Natur/Poesie. Romantische Grenzgänger zwischen Literatur und Naturwissenschaft – Johann Wilhelm Ritter, Gotthilf Heinrich Schubert, Henrik Steffens, Lorenz Oken.
Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2017.
918 Seiten, 78,00 EUR.
ISBN-13: 9783826056192

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