Karl Richter über „Poesie und Naturwissenschaft in Goethes Altersgedichten“

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die naturwissenschaftlichen Arbeiten Goethes werden oft als das ganz Andere, womöglich Entbehrliche betrachtet, gerade auch von Freunden seiner Dichtung. Gegen solche Verkürzungen der Rezeption stellt Karl Richter, Herausgeber der Münchner Goethe-Ausgabe (1985-1998 im Hanser Verlag erschienen) und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Beziehungen zwischen Literatur und Naturwissenschaft, am Beispiel der Alterslyrik Goethes dar, was Poesie und Poetologie dem produktiven Dialog von Dichtung und Naturforschung im Schaffen Goethes verdanken. Naturphänomene, die den Forscher beschäftigen, bilden auch einen zentralen Bereich lyrischer Symbolik. Naturwissenschaftliche Denkbilder – Metamorphose, Polarität und Steigerung, wiederholte Spiegelungen – verwandeln sich in Prinzipien poetischer Strukturierung. Zeitgeschichte wird aus dem weiten Zusammenhang einer alles Leben umschließenden Naturgeschichte gedeutet. Kunst und Naturbeobachtung wirken in Formen einer lyrischen Katharsis zusammen.

Erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wird zunehmend erkannt, wie neuartig, ja modern die Alterslyrik Goethes ist. Am Beispiel des „West-östlichen Divan“ und Gedichten der Spätzeit Goethes zeigt Karl Richter, wie viel zu ihrer Poesie beigetragen hat, dass Goethe nicht nur Dichter war.

Hinweis der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert in der Regel nicht die Bücher von Autoren, die unserer Zeitschrift oder unserem Verlag mit ihrer Arbeit verbunden sind. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden. Karl Richter gehört zu den Initiatoren und Koordinatoren des Kreises Walter Müller-Seidel, zu dem wir eine gesonderte Website betreuen.

Titelbild

Karl Richter: Poesie und Naturwissenschaft in Goethes Altersgedichten.
Wallstein Verlag, Göttingen 2016.
144 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783835319660

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch