Manege frei für ein fantasievolles Insekten-Abenteuer

Verena Reinhardts zweites Kinderbuch „Die furchtlose Nelli, die tollkühne Trude und der geheimnisvolle Nachtflieger“ bietet Humor und Spannung rund um eine erstaunliche Zirkustruppe

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Am Ende ist es ausgerechnet Trude, die allen das Leben rettet, sehr zur Überraschung ihrer Freundin Nelli. Denn Trude ist zwar eine großartige Messerwerferin, aber ansonsten, wie Assistentin Nelli findet, ein eher ein schlichtes Gemüt: Trude liest schließlich begeistert schnulzige Liebesromane und hält das Wort Zweiweckglas für den Plural von Einweckglas. „Ich bin froh, dass du meine Freundin bist und keine Verbrecherin“, sagt Nelli fassungslos, als Trude ihr erklärt, was sie selbst bei allem kriminologischen Spürsinn übersehen hat. Trude lächelt geschmeichelt und bleibt bescheiden: „Das ist alles dein guter Einfluss.“

Es ist auf jeden Fall eine eigenwillige und unkonventionelle Geschichte, die Verena Reinhardt in ihrem zweiten Kinderbuch erzählt. Nach ihrem Debütroman Der Hummelreiter Friedrich Löwenmaul bleibt die 34-jährige Biologin – sie promovierte über das Bestäubungsverhalten der Honigbiene – weiter der „Insekten-Fantasy“, wie es Rezensentin Maren Bonacker genannt hat, treu. Und stellt ein selbst für eine Zirkustruppe, die das Zentrum der Geschichte bildet, ganz erstaunliches Ensemble zusammen, einen Mix aus Tier- und Menschenwelt: Neben der Messerwerferin Trude und der schlauen Haselmaus Nelli sind das zum Beispiel der Käfer Sägebrecht und seine menschliche Assistentin Hilde, drei Trapezkünstlerinnen und Zwergsiebenschläfer, das Ehepaar Bröllhuber (zwei Unken), der Gewichtheber und stärkste Hirschkäfer der Welt Lukas oder die Seiltänzerin und Spinne Irmfriede. Zusammengehalten wird die bunte Truppe von Zirkusdirektor Woimick, einer Fruchtfliege. Der seine Entscheidung, als erster Wanderzirkus überhaupt einen Flug mit dem Zeppelin zu unternehmen, recht bald bereut, denn unterwegs geschehen ganz merkwürdige Dinge: Der Kompass spielt verrückt und das Zeppelin scheint in einem stockdunklen Nirgendwo umherzuirren. Der Pantomime Bertwin verstummt wirklich. Hilde, die zersägte Jungfrau, wird tatsächlich angesägt, Seiltänzerin Irmfriede stürzt ab – und auch Nelli wird fast von einem Messer getroffen. Doch wer steckt hinter all den unheimlichen Ereignissen? Durch die Anwesenheit der Zirkustruppe verärgerte Nirgendwobewohner, wie Direktor Woimick glaubt? Oder doch eher ein Verbrecher aus den eigenen Reihen? Nelli und Trude beginnen auf eigene Faust zu ermitteln – und bringen sich damit schon bald in Gefahr…

Verena Reinhardt hat mit Die furchtlose Nelli, die tollkühne Trude und der geheimnisvolle Nachtflieger erneut ein lesenswertes Insekten-Abenteuer vorgelegt, das vom Setting her an klassische Kriminalromane wie Mord im Orient-Express angelehnt ist. Aber durch die witzigen Einfälle und Details in der Geschichte sehr viel mehr Spaß macht – und das sicherlich nicht nur jungen Leserinnen und Lesern. Und ganz nebenbei lernt man auch noch etwas. Oder hätten Sie gewusst, bei welchen Temperaturen Siebenschläfer in Torpor verfallen?

Titelbild

Verena Reinhardt: Die furchtlose Nelli, die tollkühne Trude und der geheimnisvolle Nachtflieger. Roman.
Zeichnungen von Eva Schöffmann-Davidov.
Beltz Verlagsgruppe, Weinheim 2017.
183 Seiten, 13,95 EUR.
ISBN-13: 9783407823205

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