Von sprechenden Hunden und rechnenden Pferden

Das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren in der historischen Tierpsychologie

Von Maike RiedingerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Maike Riedinger

Bei der Beschreibung eines Tieres kann auf verschiedene Kategorien zurückgegriffen werden. So lässt sich ohne Schwierigkeit die Größe des Tieres, seine Form oder seine Farbe beschreiben. Dass die Arbeiterinnen der roten Waldameise sechs Beine haben, zwischen 5 und 7 Millimeter groß sowie schwarz/rot gefärbt sind, darüber lässt sich kaum streiten. Die Beschreibung tierlichen Verhaltens ist hingegen komplizierter. Die Schwierigkeit ergibt sich aus den Bedeutungsinhalten der verwendeten Begriffe. Diese transportieren implizite Bedeutungen, aus denen sich Folgerungen für das Verständnis tierlichen Verhaltens ergeben. Bei einem „Ameisenhaufen“ von einem Staat zu sprechen, legt Eigenschaften und Verhaltensweisen einer Ameise nahe, die an menschliches Verhalten in sozialen Ordnungen angelehnt sind. In verhaltensbiologischen Untersuchungen ergibt sich daher für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Herausforderung, geeignete Begriffe zur Beschreibung tierlichen Verhaltens zu finden, um ausdrücken zu können, was sie in ihrer Forschung beobachten. Auf welcher Grundlage fällt ihre Entscheidung darüber, was angemessene Begriffe zur Beschreibung des Verhaltens eines Tieres sind? Welche Auswirkungen hat die Wahl eines Begriffs für die Forschung und ihre Ergebnisse?

Ein Beispiel, wie die Wahl der Begriffe mit den Absichten der Forschung zusammenhängen kann, lieferte der britische Naturforscher Charles Darwin. In seinem 1871 erschienenen Werk Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl sprach er etwa von Liebe bei Hunden (vgl. Darwin 1992, S. 76f.). Darwin wählte damit einen Begriff, der nahelegt, dass das Verhalten des Hundes durch ein Gefühl motiviert ist, das auch menschliche Handlungen beeinflusst. Die Untersuchung tierlichen Verhaltens, in der er Liebe bei Hunden erwähnte, steht im Kontext seiner Arbeit, die stammesgeschichtliche Entwicklung des Menschen und das Abstammungsverhältnis von Menschen und Tieren nachzuweisen. Die angenommene Kontinuität zwischen Menschen und Tieren, die aus dieser Abstammungslehre folgt, wurde auch in Darwins Vergleich der geistigen Fähigkeiten des Menschen mit dem Rest der Tierwelt deutlich. Er konstatierte, dass sich Tiere in ihrem Geist nur graduell von Menschen unterscheiden und ihnen geistige Fähigkeiten nicht grundsätzlich abgesprochen werden können. Wenn er von Liebe bei Hunden spricht, unterstützt er diese Annahmen auch durch den sprachlichen Zugriff auf das Verhalten von Tieren. Die Wahl seiner sprachlichen Beschreibung ist daher kohärent zu seinen Annahmen, dass das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren ein Verwandtschaftsverhältnis darstellt. Daraus lässt sich folgern, dass Annahmen über die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Menschen und Tieren eine mögliche Grundlage für die Beschreibung tierlichen Verhaltens bilden.

Ansichten zum Verhältnis zwischen Menschen und Tieren in der naturwissenschaftlichen Forschung herauszuarbeiten und zu historisieren, ist schwieriger als man im ersten Moment vermuten würde. Auf der einen Seite zweifeln die Biologie und ihre Vorläufer morphologische Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Tieren nicht an. Deutlich zeigt sich das in der Tatsache, dass Untersuchungen an Tieren lange Zeit als Möglichkeit genutzt wurden, den Menschen und seine Anatomie besser zu verstehen. Auf der anderen Seite wurde die durch morphologische Ähnlichkeit geschaffene Kontinuität zwischen Menschen und Tieren mit dem Verweis auf Verstand und Vernunft wiederholend gebrochen. Es war der Verweis auf den Geist des Menschen, der ihm damit eine hervorgehobene Stellung im Tierreich verschaffte. So fanden sich Vorstellungen zu einem wesentlichen Unterschied zwischen Menschen und Tieren insbesondere hinsichtlich der Frage einer Seele. In der griechischen Antike etwa vertraten die Philosophen Platon und Aristoteles die Auffassung einer dreigeteilten Seele. Tiere erhielten in ihren philosophischen Betrachtungen zwei Seelenteile. Der dritte Teil, der Vernunft und Geist enthalten sollte, war auf den Menschen beschränkt. Auf die Philosophen der griechischen Antike und deren Vorstellungen griffen auch die Naturforscher der Renaissance zurück. Im 17. und 18. Jahrhundert beeinflussten mechanistische Erklärungen die Naturforschung. Der französische Naturforscher und Philosoph René Descartes konstatierte etwa, dass Tiere keine rationale Seele wie der Mensch besitzen würden, sondern lediglich hinsichtlich ihrer körperlichen Hülle zu charakterisieren wären. Bewegung bei Tieren war daher für Descartes ein mechanischer Prozess. Im Hinblick auf die Morphologie ergibt sich somit ein anderes Verhältnis zwischen Menschen und Tieren, als bei der Frage nach geistigen Fähigkeiten. Während die Seelenfrage historisch eine Grenze zwischen Menschen und Tieren zieht, ist für anatomische Untersuchungen die Ähnlichkeit zwischen denselben selbstverständlich gewesen.

Die Frage stellt sich nun, ob tierliches Verhalten im Rahmen der Seelenfrage verhandelt wird und daher Kognition und Geist als Ursache von Verhalten anerkannt wird oder ob – wie bei Descartes – Verhalten rein körperlich begründet wird. Ein Forschungsfeld, in dem die Bedeutung der Frage nach den Ursachen des Verhaltens zentral war, ist die fachliche Diskussion der deutschsprachigen Verhaltensforschung um die Jahrhundertwende.

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert bildete sich im deutschsprachigen Raum ein Forschungsgebiet heraus, dessen Hauptgegenstand die Frage nach geistigen Fähigkeiten bei Tieren war: die Tierpsychologie. Dieses Forschungsfeld stellte den Vorläufer der Ethologie und der vergleichenden Verhaltensforschung dar. In der historischen Tierpsychologie war besonders die Auseinandersetzung mit den sogenannten klopfsprechenden Tieren ein zentrales Thema. Das bekannteste Tier, auf das hier Bezug genommen wurde, war ein Pferd namens Hans. „Der kluge Hans“, wie er vielfach genannt wurde, stand durch seine vermeintliche Fähigkeit, mittels Klopfen mit seinen Hufen zu sprechen und Rechenaufgaben zu lösen, im Mittelpunkt des Interesses. Hans war aber bei Weitem nicht das einzige Tier, bei dem diese Fähigkeiten vermutet wurden. Auch andere Pferde, Hunde und Katzen erhielten Unterricht in der Klopfmethode und schienen Verhalten zu zeigen, das auf die Fähigkeit zu sprechen und verschiedene Aufgaben zu lösen schließen ließ.

Hansʼ Fähigkeiten stellte sein Besitzer, der ehemalige Lehrer Wilhelm von Osten, regelmäßig in seinem Hof öffentlich zur Schau. Diese Vorführungen bildeten auch die Grundlage für die Debatte darüber, wie das Verhalten des Pferdes zu bewerten sei und wurden in verschiedenen,  auch populären Medien aufgegriffen. 1904 erstellte schließlich der Psychologe Oskar Pfungst ein Gutachten, das zeigte, dass Hans nicht in der Lage war, Fragen richtig zu beantworten, wenn kein visueller Kontakt zu Menschen bestand, welche die Antwort wussten. Hans reagierte somit auf unbewusste Zeichen, die er von den Anwesenden wahrnahm. Das Interesse an den klopfsprechenden Tieren nahm nach Pfungsts Untersuchung ab. Der Juwelier Karl Krall nahm sich, trotz der Ergebnisse aus dem Gutachten, „dem klugen Hans“ an und erwarb ihn schließlich sogar. Neben Hans lebten bei Krall noch das blinde Pferd Berto, die Pferde Muhamed und Zarif sowie ein Pony namens Hänschen. Krall unterrichtete die „Elbfelder Pferde“, wie sie genannt wurden, ebenfalls im Rechnen, Buchstabieren und Lesen mithilfe der Klopftechnik. In der Überprüfung der Fähigkeiten der Pferde beachtete er die Ergebnisse von Pfungsts Gutachten. Die Pferde erhielten Scheuklappen und mussten in visueller Abwesenheit von Menschen die gestellten Aufgaben lösen.

Krall berichtete, unter anderem in der Zeitschrift Mitteilungen der Tierpsychologie vom Unterricht:

Hervorzuheben ist seine große Lernfreudigkeit; sein ganzes Verhalten im Unterricht beweist, daß er sich anstrengt die Worte des Lehrers zu verstehen. Diese Mühe, die Berto sich gibt, mag daran schuld sein, daß er rasch ermüdet, länger als 20 Minuten darf man den jedesmaligen Unterricht nicht ausdehnen. Zum Schluß lässt seine Aufmerksamkeit völlig nach und er gibt nur noch falsche Antworten. […] man muß dann große Geduld mit dem unaufmerksamen und widerwilligen Schüler haben. (Krall 1913, S. 11f.)

Krall war grundsätzlich von den geistigen Fähigkeiten des blinden Pferdes Berto überzeugt. Er beschrieb ihn als ein Pferd mit „großer Lernfreudigkeit“ und konstatierte, dass Berto sich Mühe gebe, aber auch widerwillig sein könne. Der sprachliche Ansatz Kralls entwirft ein Bild von Berto als einem Tier, das sich willentlich für den Unterricht entscheidet und mit seinen Handlungen die Unterrichtssituation mitgestaltet. Krall gesteht Berto in seiner sprachlichen Darstellung nicht nur ein psychologisches Innenleben zu. Er sprach zudem von dem untersuchten Pferd unter der Verwendung seines Eigennamens „Berto“ und unterschied ihn damit von anderen Pferden. Krall entwirft damit ein Kategorienschema, in dem es nicht ausschließlich um die Bezeichnung „seines Untersuchungsobjektes“ geht, sondern um das Pferd Berto im Besonderen. Diese Perspektive wird nicht nur durch die Praxis der Namensgebung offenbar, sondern vor allem dadurch, dass Krall die Befähigung und Reaktion als spezifisch für Berto und somit individuell auffasst. Es scheint, als sei der Unterschied zwischen einem menschlichen Schüler und Berto der Unterschied zwischen zwei Individuen und nicht der zweier Mitglieder unterschiedlicher Spezies. In seinen Ausführungen bezieht sich Krall – anders als Darwin – nicht explizit auf das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren. Während es im genannten Werk Darwins darum ging, das Abstammungsverhältnis von Menschen und Tieren generell nachzuweisen, beschränkte sich Krall allein auf die geistigen Fähigkeiten „seines“ Pferdes. Die Quelle zeigt allerdings, dass Krall den Menschen und menschliches Verhalten als impliziten Referenzpunkt bei der Beschreibung von Bertos Verhalten wählte. Menschen und Tiere werden durch seine Begriffswahl in ein Verhältnis gesetzt, das es nicht möglich macht, von einer Grenze zwischen ihnen zu sprechen.

Die Ansätze der Forschenden im Bereich der klopfsprechenden Tiere waren bereits im zeitgenössischen Diskurs sehr umstritten. Der Physiologe Albrecht Bethe war beispielsweise ein ausgesprochener Kritiker der klopfsprechenden Tiere. Auf dem internationalen Zoologenkongress von 1913, dem sogenannten Monaco-Kongress, unterstütze er eine Unterschriftensammlung, die sich gegen die Klopfsprache der Tiere als Nachweis geistiger Fähigkeiten richtete. In seinem Buch Dürfen wir Ameisen und Bienen psychische Qualitäten zuschreiben? aus dem Jahr 1898 ging der Physiologe der Frage nach, ob es angemessen sei, bei Ameisen und Bienen von psychologischen Vorgängen zu sprechen:

Das Thier ist im Besitz nervöser Bahnen, welche es befähigen, frühere Reize in der Weise zu verwerthen, dass es bei Wiederauftreten des Reizes seine Muskelapparate in anderer Weise anwendet, als bei dem ursprünglichen durch den Reiz ausgelösten Reflex. (Bethe 1898, S. 8)

Albrecht Bethe bezog sich damit wie Karl Krall auf einen Lernprozess. Allerdings stand er der Anerkennung geistiger Fähigkeiten bei Tieren im Gegensatz zu Krall sehr skeptisch gegenüber. In dem physiologischen Ansatz von Bethe wird durch die Verwendung einer mechanischen Sprache nahegelegt, dass dem Verhalten des Tieres keine psychologischen Faktoren zugrunde liegen, sondern ein Lernprozess ein Vorgang sei, den „das Thier“ passiv erlebe und auf dessen Ablauf es keinen Einfluss habe. Sein Verhalten sei körperlich verursacht und ergebe sich aus dem Besitz „nervöser Bahnen“. Verantwortlich für das Verhalten seien (äußere) Reize und (innere) Reflexe. Das Verhalten sei somit nicht willentlich oder durch Kognition geleitet. Ferner legt er durch seine Wortwahl „das Thier“, das heißt den Bezug auf Tiere im Singular, eine Einheit aller nicht-menschlichen Tiere nahe und schafft damit sprachlich eine abgeschlossene Gruppe. So ergibt sich sowohl durch seinen sprachlichen Zugriff auf tierliches Verhalten als auch durch die grundsätzliche Aberkennung geistiger Fähigkeiten von Tieren ein Verhältnis zwischen Menschen und Tieren, das eine Abgrenzung des Menschen von Tieren impliziert.

Aus dem Quellenmaterial wird deutlich, mit welcher Aufgabe sich die historische Tierpsychologie konfrontiert sah: Die richtige Sprache und Methode zu finden, um aus dem beobachtbaren Verhalten der Tiere auf zugrunde liegende Prozesse zu schließen. Die zwei Quellen offenbaren allerdings, dass zwei konträre sprachliche Zugriffe auf tierliches Verhalten zeitlich nebeneinander bestehen konnten, aus denen sich unterschiedliche Verhältnisse von Menschen und Tieren ableiten lassen. Diese Differenz der Quellen erklärt ebenfalls die voneinander abweichenden Forschungsergebnisse. Die Soziologin Eileen Crist hat in ihrem Buch Images of Animals. Anthropomorphism and the Animal Mind den Zusammenhang von wissenschaftlicher Sprache und den Möglichkeiten, geistige Fähigkeiten bei Tieren zu untersuchen, herausgestellt. Crist zeigt, dass es notwendig ist, eine wissenschaftliche Sprache zu verwenden, die es erlaubt, Tieren geistige Fähigkeiten zuzuschreiben, damit ein Nachweis geistiger Fähigkeiten bei Tieren als Forschungsergebnis zulässig wird. Eine mechanistische Sprache, wie sie beim Physiologen Bethe Verwendung fand, gibt wenig Raum für die Darstellung eines psychologischen Innenlebens und der Möglichkeit, einen Willen oder Subjektivität bei Tieren anzuerkennen.

Dieses Bild des Tieres, das Bethe in seinem Forschungsbeitrag zeichnet, steht einem Verständnis von Tieren als Subjekten und Akteuren, wie es durch Kralls sprachlichen Zugriff auf tierliches Verhalten entsteht, gegenüber. Die Gegensätze der beiden Ansätze sind nicht nur, wie man im ersten Moment vermuten würde, darauf zu reduzieren, dass Bethe eine physiologische Perspektive vertritt und Kralls Ansatz als populärwissenschaftlich verstanden werden könnte. Hauptaufgabe bei der „Gesellschaft für Tierpsychologie“, in deren Zeitschrift Kralls Artikel veröffentlicht wurde, sollte es sein, eine Tierpsychologie nach streng wissenschaftlichen Methoden aufzubauen. Auch Psychologen, Biologen und Neurologen waren Mitglieder der Gesellschaft. Die Beschäftigung mit den klopfsprechenden Tieren zog somit nicht ausschließlich die Populärwissenschaften an. Vielmehr trafen bei der Beurteilung der klopfsprechenden Tiere unterschiedliche Ansätze zur Entwicklung einer Tierpsychologie aufeinander. In Anbetracht der Unterschiede zwischen den Ansätzen von Krall und Bethe gilt es daher zu fragen, welches Verhältnis zwischen Menschen und Tieren durch die sprachliche und methodische Gestaltung in Untersuchungen eingenommen werden musste, damit die Untersuchung als wissenschaftlich anerkannt wurde, welche Beschreibungen tierlichen Verhaltens als legitim betrachtet wurden und welche Erklärungen im Diskurs möglich waren.

Ob Ameisen nun in Staaten leben, Hunde Liebe empfinden oder Berto sich viel Mühe im Unterricht gegeben hat, entscheidet sich nicht nur am Untersuchungsgegenstand, dem konkreten Individuum und seinem Verhalten. Vielmehr zeigt der Bezug auf die historische Tierpsychologie, dass die Wahl der Begriffe bei der Beschreibung des Verhaltens von Tieren sich im Spannungsfeld von Annahmen zu einem Mensch-Tier-Verhältnis, dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit und dem Einfluss gesellschaftlicher Vorstellungen zu Tieren bewegt. Der Ansatz Bethes und derjenige Kralls unterscheiden sich gerade darin voneinander, wo sie in diesem Spannungsfeld verortet werden können.

Dass die Schwierigkeiten, mit denen sich die Tierpsychologie um die Jahrhundertwende konfrontiert sah, auch nach wie vor aktuell sind, zeigt ein Blick in die zeitgenössische Forschung. So findet der „kluge Hans“ mittlerweile unter dem Begriff „clever hans effect“ Einzug in die gegenwärtige Forschung. Mit ihm wird auf die mögliche Einflussnahme des Untersuchungsleitenden auf sein Untersuchungsobjekt hingewiesen. In jüngster Vergangenheit wurden allerdings nicht Pferde oder alltäglich vertraute Tiere wie beispielsweise Hunde unterrichtet, sondern vor allem Menschenaffen wie der Gorilla Koko, der Bonobo Kanzi oder der gemeine Schimpanse Washoe. Berühmt geworden ist auch ein Papagei namens Alex, der ebenfalls im Gebrauch menschlicher Sprache unterrichtet wurde. Wenn die amerikanische Psychologin Irene Pepperberg, die 30 Jahre mit Alex gearbeitet hat, über ihn spricht, erinnert das an Karl Krall und Berto. Sowohl Pepperberg als auch Krall entwerfen durch ihren sprachlichen Zugriff auf tierliches Verhalten ein kontinuierliches Verhältnis zwischen Menschen und Tieren und schieben die Idee einer kognitiven Grenze zur Seite. Die Fragen, die Krall oder Pepperberg aus diesem Verhältnis für ihre Forschung ableiten, geben Raum für Ergebnisse, die es zulassen, dass Tiere über Kognition und Emotion verfügen, und schaffen damit letztlich die Möglichkeit, Tiere als Individuen wahrzunehmen.

Literaturverzeichnis

Berg, Britt von den (2008): Die „Neue Tierpsychologie“ und ihre wissenschaftlichen Vertreter (von 1900 bis 1945). Berlin, Bristol: Tenea (Tenea Wissenschaft).

Bethe, Albrecht (1898): Dürfen wir den Ameisen und Bienen psychische Qualitäten zuschreiben? Bonn: Martin Hager (Archiv für die gesamte Physiologie, 70).

Bäumer, Änne (1991): Geschichte der Biologie. Biologie von der Antike bis zur Renaissance. Frankfurt am Main: Peter Lang (Geschichte der Biologie, 1).

Crist, Eileen (1999): Images of Animals. Anthropomorphism and Animal Mind. Philadelphia: Temple University Press.

Darwin, Charles (1992): Die Abstammung des Menschen. Übers. v. Carus, Viktor. 2. Aufl. Wiesbaden: Fourier.

Krall, Karl (1913): Berto. Das blinde rechnende Pferd. In: Ziegler, H. E. (Hrsg., im Auftr. der Gesellschaft für Tierpsychologie): Mitteilungen der Gesellschaft für Tierpsychologie (1), S. 10-14.

Pepperberg, Irene (2008): How a Scientist and a Parrot Discovered the Hidden World of Animal Intelligence – and Formed a Deep Bond in the Process. New York: Harper Perennial.

Werber, Niels (2013): Ameisengesellschaft. Eine Faszinationsgeschichte. Frankfurt am Main: S. Fischer.