Stabilitätsverluste und literarische Verlangsamung: Carsten Rast legt eine Arbeit zu Raum-Zeit-Stellen im Realismus bei Adalbert Stifter, Wilhelm Raabe und Theodor Fontane vor

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Den literarischen Realismus des 19. Jahrhunderts kennzeichnet ein spezieller und stetig anwachsender Bezug zum Raum. Stetig ist er, weil die zunehmende Mobilität (Dampfkraft, Eisenbahn) und die erweiterten Möglichkeiten der Kommunikation über größere Distanzen (Telegrafie) das Bild vom Raum verändern. Speziell ist er, weil als Reaktion zwar auch über Zerstreuung und Abgespanntheit sowie einen beachtlichen Beschleunigungsdruck geklagt wir; zugleich zeigt ein Vergleich literarischer Texte der Zeit aber auch, dass der Umgang mit Modernisierung auch regulierte Zustimmung erlaubt.

Der Band stellt dar, wie vor allem drei literarische Texte des Realismus anhand spezifischer Raum-Zeit-Stellen (Zeitoasen) Stabilitätsverluste auszugleichen bemüht sind: Adalbert Stifters Der Nachsommer (1857), Wilhelm Raabes Die Chronik der Sperlingsgasse (1857) und Theodor Fontanes Der Stechlin (1897). Im Vergleich zeigt sich, wie literarische Verlangsamungstechniken eingesetzt werden, beispielsweise in Form von Wiederholungen, Detaillierung und Rahmung, um bestimmte Orte vor äußerem Einfluss zu schützen. Dabei ergeben sich jedoch Neuentwürfe in Form von Zeitoasen, die zwischen Welt und Ort vermitteln. Die angewandten literarischen Darstellungsweisen oszillieren zwischen rückwärtsgewandtem Denken und produktiver Einübung in Langsamkeit im Zeitalter der Beschleunigung gesellschaftlicher Veränderungen. Durch den Abgleich mit weiteren relevanten Texten werden Gattungskonventionen (Idylle) ebenso in den Blick genommen wie das Verhältnis von Literatur und Technik sowie Fragen des Zeitbewusstseins im 19. Jahrhundert.

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Titelbild

Carsten Rast: Zeitoasen. Literarische Verlangsamung im Realismus bei Stifter, Raabe und Fontane.
Rombach Verlag, Freiburg 2018.
360 Seiten, 60,00 EUR.
ISBN-13: 9783793099109

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