Zurück in die Gewässer von Mystik, Mord und Drama
Mitfiebern beim elften Spreewald-Krimi „Tödliche Rückkehr“
Von Liliane Hasnain
„Wenn du lange genug in den Abgrund blickst, blickt er irgendwann auch in dich hinein.“
Schwer hängen diese unheilverkündenden Worte über der elften Folge der beliebten Spreewald-Krimireihe des ZDF und lassen sich gleich auf mehrere Figuren in Tödliche Rückkehr beziehen. Allen voran auf Tanja Bartko, die langjährige Spreewald-Krimi-Zuschauer*innen noch aus der zweiten Folge (Der Tote im Spreewald, 2010) kennen werden.
Sie kehrt mit ihrem Sohn Daniel und ihrem neuen Lebensgefährten Holger Bingel in ihre Heimat, den Spreewald, zurück, um sich dort auf dem von ihrem Vater geerbten Grundstück ein neues Leben aufzubauen. Die Einheimischen jedoch erschweren die Umsetzung ihrer Baupläne eines Wellnesshotels und auch Tanjas Vergangenheit holt sie ein.
Als Tanja gleich zu Beginn der Folge des Mordes an ihrem Anwalt beschuldigt wird, übernimmt Kriminalhauptkommissar Krüger, von Christian Redl in gewohnt trockener Art verkörpert, auch in diesem Fall die Leitung. Es zeigt sich jedoch sofort, dass der Polizist anders agiert als sonst. Die Rückkehr Tanjas macht dem Ermittler zu schaffen und alte Gefühle wallen wieder auf, er reagiert impulsiv und undurchsichtig. Was genau er tut und welche Konsequenzen seine Handlungen haben, wird lange nicht klar, ebenso wie die eigentlichen Ermittlungen nicht transparent werden. Mal um Mal werden verschiedene Möglichkeiten gezeigt, wie sich der Mord abgespielt haben könnte, und Szenen lediglich nach und nach zu Ende erzählt. Nur langsam fügen sich die Puzzlestücke zu einem großen, schockierenden Ganzen zusammen und lassen die Zuschauerschaft mit einem beklommenen Gefühl zurück.
Unter der Regie von Jan Fehse wird mit den gewohnten Rückblenden gearbeitet. Mal führen sie zu den Ereignissen der zweiten Spreewald-Krimi-Folge und somit in die Vergangenheit Krügers und Tanjas, mal zum Zeitpunkt des Mordes, mal in die Zeitspanne dazwischen. Durch genialen Schnitt, der beispielsweise bewusste Parallelen in Kameraeinstellungen hervorhebt, und nicht chronologisch erzählte Handlungsabläufe erhält das Publikum so wiederholt die Chance, mit der Polizei zu rätseln, sich ein moralisches Urteil über die Figuren zu bilden und der Lösung des Falles schließlich Szene für Szene näher zu kommen.
Fehse setzt auf eine hervorragende Mischung aus weiten, stillen Einstellungen und eindrucksvollen Nahaufnahmen – auf einen Mix, der an den des internationalen Serienhits Broadchurch erinnert, der zwischen 2013 und 2017 Erfolge feierte. Unterstützt durch die subtile Musik Andrej Melitas schafft er so eine sowohl unheilvoll düstere als auch wunderschön romantische Atmosphäre. Auch den mystischen Aspekt des Spreewalds lässt er nicht zu kurz kommen. Dieses Mal in Form des glückbringenden Drachen Plon, der Tanjas kleinem Sohn immer wieder im Grün des Waldes begegnet.
Elias Martini spielt die Begeisterung des Jungen überzeugend und hält auch in dramatischen Szenen mit seinen älteren Kolleg*innen mit. Nadja Uhl übernimmt dabei erneut die Rolle der Tanja und verkörpert sie als bemitleidenswerte junge Frau und zugleich wunderbar undurchschaubar. Auch Matthias Lier überzeugt mit seinem Charme als Lebensgefährte Holger. Das Trio dominiert Großteile der Szenen und kann Redl und langjährige Schauspielkolleg*innen wie Thorsten Merten (Polizeihauptkommissar Martin Fichte) und Claudia Geisler-Bading (Dr. Marlene Seefeldt) schauspielerisch beinahe übertrumpfen. Dabei entsteht eine runde, 88-minütige Geschichte.
Der Krimi Tödliche Rückkehr, der am 26. August 2018 auf dem Festival des deutschen Films seine Premiere feierte, wurde im November 2018 erstmals ausgestrahlt und begeistert von der ersten Sekunde an. Sofort wird man in die mal mystisch-düster, mal romantisch-schön inszenierte Welt des Spreewalds und die moralischen Zwickmühlen des Falls hineingezogen und fiebert mit, während die Wahrheit Stück für Stück ans Licht kommt. Vorkenntnisse aus vorherigen Fällen sind für das Verständnis nicht vonnöten, jedoch werden einige Szenen, Bilder und Dialoge wohl deutlich stärker treffen, wenn man die Abenteuer der Reihe gewissermaßen am eigenen Leib miterlebt hat. Gerade, wenn sich Polizeihauptkommissar Fichte mit den Worten „Alle Dämonen kriechen irgendwann aus ihren Löchern“ an Kriminalhauptkommissar Krüger wendet und die Antwort lautet: „Wer wüsste das besser als ich?“
Tödliche Rückkehr (Spreewald-Krimi, Folge 11)
Deutschland 2018
Regie: Jan Fehse
Darsteller*innen: Christian Redl, Nadja Uhl, Thorsten Merten, Matthias Lier, Claudia Geisler-Bading, Elias Martini
Spieldauer: 88 Minuten
Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen