Spieltrieb

Donald Trump als Hase, Nigel Farage als Luftballongesicht? Michael Paraskos hat mit „Rabbitman“ einen anarchistischen Roman über das neue Amerika und den Brexit geschrieben

Von Sascha SeilerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sascha Seiler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Brite Michael Paraskos hat sich in den letzten Jahren vor allem einen Namen als Kunstkritiker gemacht. Der Sohn des zypriotischen Künstlers Stass Paraskos hat darüber hinaus Verbindungen zur „Anarchist Art Theory“-Szene; die Schriften von deren Haupttheoretiker Herbert Read erscheinen im selben Kleinstverlag – Orage Press – bei dem Paraskos zweiter Roman Rabbitman vor etwas mehr als einem Jahr veröffentlicht wurde. Dass das vorliegende Buch wie ein selbstgedrucktes Book On Demand in der Hand liegt, mag indes Absicht sein. Augenzwinkernd lässt Paraskos – der möglicherweise hinter dem Verlag steckt – es in der Reihe ‚Friction Fiction‘ erscheinen. Der Ausdruck bezeichnet (ebenso billig aussehende) pornographische Schriften, die in früheren Zeiten allein zum Zwecke der männlichen Selbsterleichterung veröffentlicht wurden. Was wiederum zur bewusst vulgären Pornographie in diesem Roman passt. Aber der Reihe nach.

Angela, ein achtjähriges britisches Mädchen, spielt an einem verschneiten Tag im Jahr 1978 mit ihren Kuscheltieren. Sie ersinnt eine Geschichte, bei der ihr Stoffhase Rabbitman zum Präsidenten der Republik Freedonia gewählt wird und das Land nach und nach in eine Autokratie verwandelt. Rabbitman ist dumm, vulgär, ungebildet und am politischen Tagesgeschehen desinteressiert. Flankiert wird er vom rechten Journalisten Mr. Floppy und seinem britischen Pendant Balloonhead, einem als rücksichtslos lügender Populist agierender Luftballon. Anscheinend ist die Idee dahinter, dass Angela das, was sie in den Nachrichten sieht und hört, nur in Bruchstücken verarbeiten kann und nun versucht, mit ihren Kuscheltieren nachzuspielen. Wäre der Roman nachvollziehbar konstruiert (und lektoriert), könnte man diesen Basisplot so akzeptieren, nur spielt er im Jahr 1978 – ohne dass, nach der einmaligen Erwähnung jener Jahreszahl auf der ersten Seite, jemals wieder darauf eingegangen wird, warum. Und recht schnell verwandelt sich das bunte Treiben in eine recht pervertierte sexuelle Veranstaltung, in der Rabbitman äußerst unappetitliche Sexpraktiken an seiner Tochter ausübt.

Man muss nicht auf das nur leicht verfremdete Cover schauen, um im Karnickel-Präsidenten ein Ebenbild Donald Trumps zu erkennen, tatsächlich adaptiert Paraskos sowohl dessen mittlerweile berüchtigten Sprachduktus sowie seine ebenso bekannten Verhaltensweisen. Dabei muss er nicht einmal viel überzeichnen, das Porträt ist so schon absurd genug. Wenn Angela allerdings von ihrer Mutter gerufen wird, haben die schauspielenden Tiere und Ballons Angst, diese könne die Geschichte, wie so oft, vergessen und bei ihrer Wiederkehr eine andere inszenieren. Also erfinden sie einen Subplot um den so genannten „Fuxit“, bei dem Großbritannien aus der EU austritt (und später dann als völlig verarmtes Land auf Lebensmittelspenden der EU angewiesen ist). Balloonhead, der Anführer des Fuxit, der sich dann ganz schnell aus dem Staub macht, soll dabei eine Parodie auf UKIP-Anführer Nigel Farage sein. Und so entwickeln sich beide Plots gleichzeitig weiter, bis am Ende ein Volksaufstand den Fuxit rückgängig macht. Das Ganze wird begleitet vom Teufel höchstpersönlich, der schon einen ganz speziellen (und sehr unappetitlichen) Platz in der Hölle für Rabbitman hat.

Soweit der einerseits wahnwitzige, andererseits aber doch recht vorhersehbare Plot eines äußerst schwach geschriebenen, schlecht konstruierten Buchs, das jedoch vielleicht im Kontext der oben erwähnten „Anarchist Art Theory“ rezipiert werden muss: Kunst ist etwas, das dem Menschen aufoktroyiert wurde, und dessen Ziel muss es sein, sich von jener dominanten Spielart von Kunst zu befreien. Und dann verstehen, dass Kunst letztlich nur aus einer symbiotischen Beziehung des Menschen mit seiner unmittelbaren Umwelt hervorgehen kann. So wie das Kinderspiel mit den Kuscheltieren eben. Am Ende jedenfalls landet Präsident Rabbitman in der Hölle und der Schauspieler Rabbitman kann endlich seinen verdienten Feierabend genießen.

Die Idee, scheint übrigens Schule zu machen. Jüngst hat auch der britische Schriftsteller Howard Jacobson eine ähnlich angelegte (und auch ähnlich ennervierende) Trump-Satire namens „Pussy“ vorgelegt. Als ob die Realität nicht schon albern genug wäre.

Ein Beitrag aus der Komparatistik-Redaktion der Universität Mainz

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Michael Paraskos: Rabbitman.
Englisch.
Orage Press, Mitcham, UK 2017.
202 Seiten, 4,85 EUR.
ISBN-13: 9780995713000

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Titelbild

Howard Jacobson: Pussy. Roman.
Mit Illustrationen von Chris Riddell.
Übersetzt aus dem Englischen von Johann Christoph Maass.
Tropen Verlag, Stuttgart 2018.
267 Seiten, 16,00 EUR.
ISBN-13: 9783608503517

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